| # taz.de -- Soziologin über Arbeitszeitmodelle: „Frauen werden weiter diskri… | |
| > Es wird kein Rückkehrrecht von Teilzeit- auf Vollzeitarbeit geben: Für | |
| > die Soziologin Christina Mundlos ist das ein klarer Rechtsverstoß. | |
| Bild: „Niemals kündigen!“ Eine Restauratorin bei der Arbeit | |
| taz: Frau Mundlos, nach dem Koalitionsausschuss ist klar: Das angekündigte | |
| [1][Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit kommt nicht]. Schlimm? | |
| Christina Mundlos: Ja. Wir wissen, dass ein Drittel aller | |
| Teilzeitbeschäftigten, ein Großteil von ihnen Mütter, ihre Arbeitszeit | |
| gerne aufstocken würde. Da geht es nicht unbedingt um Vollzeit. Viele | |
| Mütter würden gern zwischen 35 und 38 Stunden arbeiten. Und natürlich | |
| schreckt das auch weiter Väter ab, die sich nicht trauen, ihre Arbeitszeit | |
| zu reduzieren, weil sie Angst haben, nicht wieder in Vollzeit zurückkehren | |
| zu können. | |
| Ist die nicht mögliche Aufstockung eine Diskriminierung? | |
| Ja, im Moment ist es eine Diskriminierung wegen des Geschlechts, weil | |
| überwiegend Frauen davon betroffen sind. Ich hoffe, dass die | |
| Antidiskriminierungsstelle des Bundes sich damit beschäftigen wird. | |
| In Ihrem neuen Buch schreiben Sie über Diskriminierungen von Müttern am | |
| Arbeitsplatz. Die Frauen nehmen dieses oft einfach als Pech wahr. Warum? | |
| Das Wissen über das Diskriminierungsrecht ist noch nicht so weit | |
| verbreitet. Dabei reden wir über eine Art Epidemie: 76 Prozent aller Mütter | |
| haben Diskriminierungen aufgrund ihrer Mutterschaft erlebt. Es geht los, | |
| wenn der Arbeitgeber von der Schwangerschaft erfährt und der Frau | |
| ungünstigere Arbeitszeiten oder einen anderen Arbeitsort zuweist, um sie | |
| hinauszudrängen. Manche Arbeitgeber versuchen sogar, unzulässig zu | |
| kündigen. Und sehr häufig wird nach der Geburt die Rückkehr erschwert. Es | |
| werden Arbeitszeiten angeboten, die mit der Kinderbetreuung nicht | |
| zusammenpassen. Oder die Frau soll in eine hundert Kilometer entfernte | |
| Filiale wechseln. Zugesagte Beförderungen werden zurückgenommen. Zugesagte | |
| Gehaltserhöhungen ebenfalls. | |
| Das darf man alles nicht? | |
| Nein, das darf man nicht. Das alles ist eine Diskriminierung aufgrund des | |
| Geschlechts nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. | |
| Und was mache ich als Mutter dann konkret? | |
| Sie sollten sich juristische Beratung holen, bei der Gewerkschaft, einem | |
| Anwalt oder der Antidiskriminierungsstelle. | |
| Und bei Mobbing: Was erzählen Ihre Befragten dazu? | |
| Der Standard ist: Es werden den Frauen über längere Zeit Informationen | |
| vorenthalten, sodass sie Fehler machen, weil ihnen das Wissen fehlt. Sie | |
| werden in einen neuen Job nur rudimentär eingearbeitet. Sie werden vom | |
| Essengehen und von sozialen Aktivitäten ausgeschlossen. Und wenn das Kind | |
| krank wird, hagelt es spitze Kommentare. Auch das ist Diskriminierung. Auch | |
| dann kann man Beweise sammeln und klagen. | |
| Viele wollen dann einfach nur noch weg. | |
| Es ist am Ende vielleicht die beste Lösung, das Unternehmen zu verlassen. | |
| Aber man sollte niemals kündigen! Es ist immer besser zu klagen oder | |
| zumindest zu verhandeln, damit man einen Auflösungsvertrag und eine | |
| Abfindung bekommt, um die Zeit der Arbeitssuche zu überstehen. Wenn Sie | |
| sich nicht mehr arbeitsfähig fühlen, lassen Sie sich krankschreiben. | |
| Nun hat man bei der Bewerbung aber das nächste Problem. Arbeitgeber dürfen | |
| Frauen in einem Bewerbungsgespräch nicht nach einer Schwangerschaft fragen. | |
| Man darf dann lügen. Aber wie ist es mit Kindern? | |
| Auch die Frage nach Kindern ist eine unzulässige Diskriminierung. Die darf | |
| ein Arbeitgeber nicht stellen. | |
| Und wenn er fragt: „Was haben Sie denn in den zwei Pausen gemacht, in denen | |
| Sie je ein Jahr nicht gearbeitet haben?“ | |
| Das hängt von der Branche ab. In vielen ist es völlig normal zu sagen: Da | |
| war ich in Elternzeit. Aber es gibt Branchen, in denen es einen hohen | |
| Termindruck gibt und Frauen mir berichten, dass sie vor der Schwangerschaft | |
| sehr begehrt waren und danach gar nicht mehr. Da liegt es nahe, die | |
| Elternzeit eher als Sabbatical oder Selbstständigkeit zu bezeichnen. Aber | |
| es gibt die Fälle, in denen man die Bewerbungsunterlagen zurückerhält, mit | |
| einem kleinen gelben Zettel, auf dem steht „Hat ein Kind!“. Das ist | |
| natürlich sehr schönes Beweismaterial für einen Prozess. | |
| 31 Mar 2017 | |
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| ## AUTOREN | |
| Heide Oestreich | |
| Christina Mundlos | |
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