# taz.de -- Kommentar Kampf um die Binde: Was Afrikas junge Generation braucht | |
> Beim Kampf um die Binde für Schulmädchen in Uganda geht es auch um | |
> Mädchenbildung und geschlechtergerechte Bildungschancen. | |
Bild: Startete das Projekt der selbst gebastelten Binden: der Künstler Sadat N… | |
Es ist noch gar nicht so lange her, da verteidigten deutsche Politiker den | |
Bundeswehreinsatz in Afghanistan gern mit dem Argument, die westlichen | |
Soldaten würden ermöglichen, dass auch die Mädchen zur Schule gehen. Als | |
Begründung, die Bundeswehr nicht aus Afghanistan abzuziehen, reichte das | |
nicht, aber dass Mädchenbildung der Schlüssel zu gesellschaftlichem | |
Fortschritt ist, gehört mittlerweile zu den Binsenweisheiten der | |
Entwicklungspolitik. | |
Gleiche Bildungschancen für beide Geschlechter sind die Bedingung dafür, | |
dass Unterdrückung in der Familie ein Ende findet, dass Kinder richtig | |
großgezogen werden, dass auf der Ebene einzelner Haushalte Armut und | |
Ungerechtigkeit zurückgehen. | |
„Hätten alle Frauen eine Sekundarschulbildung, gäbe es 49 Prozent weniger | |
Kindtote und damit 2,8 Millionen überlebende Kinder, 64 Prozent weniger | |
Frühverheiratungen und 59 Prozent weniger Schwangerschaften in jungen | |
Jahren“, rechnete vor Kurzem die deutsche entwicklungspolitische | |
Organisation One vor. | |
In vielen konservativen Gesellschaften der Welt gebietet es bis heute der | |
Anstand, dass Eltern Mädchen in der Pubertät von der Schule holen, weil | |
Menstruation als Privatsache versteckt gehört und die Töchter weggeheiratet | |
werden und Kinder kriegen sollen, statt sich Flausen in den Kopf zu setzen. | |
Dagegen global anzugehen, müsste eine Selbstverständlichkeit sein. Es ist | |
jedoch ein Politikum – gerade in einem Land wie Uganda, wo sieben Kinder | |
pro Familie die Norm sind und wo ein Viertel aller Teenagermädchen vor dem | |
Erreichen des 19. Lebensjahres schwanger werden. Die Kontrolle über den | |
eigenen Körper ist für Ugandas Mädchen allzu oft ein ständiger Kampf gegen | |
das eigene Umfeld. | |
## Kontrolle über den eigenen Körper | |
Unauffällige Unterstützung beim Umgang mit der Menstruation, auch in der | |
Schule, ist dabei eine der einfachsten Arten, von außen zu helfen, ohne | |
sich in die persönliche Lebensgestaltung einzumischen. Reicht es, sich | |
dabei auf die Einsicht der Regierenden zu verlassen? | |
Als 1986 in Uganda der damals noch junge Rebellenführer Yoweri Museveni die | |
Macht ergriff, schrieb er sich die Frauenemanzipation als Schlüssel zur | |
Emanzipation Afrikas auf die Fahnen. Heute lässt er als Altpräsident die | |
Aktivistin Stella Nyanzi verhaften, weil sie ihren Streit um die Binde für | |
Schulmädchen mit direkten Angriffen auf die Präsidentenfamilie verknüpft. | |
Derweil sonnt sich Deutschland in der Behauptung, erstmals das | |
internationale 0,7-Prozent-Ziel für Entwicklungshilfe erreicht zu haben. | |
Uganda ist seit zehn Jahren Schwerpunktland der deutschen | |
Entwicklungshilfe. | |
Natürlich hängt das alles nicht miteinander zusammen. Sollte es aber. Wer | |
von Afrika als Zukunftskontinent spricht, wie es Deutschland tut, muss die | |
nächste Generation auch dann in den Vordergrund stellen, wenn es den Alten | |
nicht gefällt. | |
12 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
## TAGS | |
Uganda | |
Menstruation | |
Textil-Bündnis | |
Uganda | |
Menstruation | |
Menstruation | |
Afrika | |
Uganda | |
Uganda | |
Entwicklungshilfe | |
Uganda | |
Unicef | |
Uganda | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Globaler Textilhandel mit lokalen Folgen: Made in Africa | |
Altkleider sind ein Riesengeschäft, auch für Händlerinnen in Uganda. Doch | |
die Regierung will den Import stoppen, um Textilfabriken zu fördern. | |
Chaotische Bildungsreform in Uganda: Stipendien streichen ohne Plan | |
Jahrelang erhielten Privatschulen Geld vom Staat, weil es zu wenig | |
öffentliche Schulen gab. Bildungsministerin Museveni will das ändern. | |
„Tabuthema“ Menstruation: Nie wieder Erdbeerwoche | |
Viele Frauen setzen sich dafür ein, die blutenden Tage öffentlich sicht- | |
und sagbar zu machen. Wir sollten uns nicht schämen, darüber zu sprechen. | |
Aktion an Kenias öffentlichen Schulen: Gratis-Binden für Bildungschancen | |
An Kenias Schulen werden jetzt Binden verteilt. Zurzeit verpassen Mädchen | |
dort jährlich 39 Schultage, weil die Monatsbinden zu teuer sind. | |
Größtes Krankenhausschiff der Welt: 2.000 OPs auf der „Africa Mercy“ | |
Familie Baki lebt wie 350 weitere Freiwillige auf der „Africa Mercy“. Sie | |
hilft Menschen, die sich keine medizinische Hilfe leisten können. | |
Ugandischer Medienrat verbietet Film: Ein schlechter Witz | |
Ein niederländischer Film darf nicht in Kampala laufen, da er | |
„Homosexualität glorifziert“. Ugandas Regierung verfolgt ein | |
erzkonservatives Wertekonzept. | |
Ugandische Feministin wieder frei: Gebrochen, aber entlassen | |
Die Feministin Stella Nyanzi darf auf Kaution vorläufig in die Freiheit. | |
Ihr gesundheitlicher Zustand nach der Haft ist sehr schlecht. | |
Zielwert für Entwicklungshilfe: Deutschland rechnet sich hoch | |
Die Ausgaben für Entwicklungshilfe sind auf 0,7 Prozent des | |
Bruttonationaleinkommens gestiegen – auch dank der Flüchtlingskosten | |
hierzulande. | |
Menstruations-Tabu in Uganda: Blutiger Kampf um Emanzipation | |
Die ugandische Feministin Stella Nyanzi forderte vom Staat die | |
versprochenen kostenlosen Binden für Schulmädchen ein. Jetzt sitzt sie im | |
Knast. | |
70 Jahre Hilfsorganisation Unicef: Den Kindern eine Chance | |
1946 beschloss die UN, ein Hilfswerk für Kinder zu gründen. Noch immer hat | |
jedes vierte Kind keinen Zugang zu Medizin, Bildung und Nahrung. | |
HIV-Prävention in Uganda: Das Tabu | |
In Uganda wird nicht über Verhütung, Familienplanung und HIV gesprochen. | |
Zwei junge Menschen wagen es trotzdem – und legen sich mit den Männern an. | |
Luxusgut Bildung in Uganda. Ein Protokoll: Wenn das Schulgeld nicht reicht | |
In vielen afrikanischen Ländern ist Bildung noch immer ein Luxusgut: So | |
müssen Kinder wie die zehnjährige Juliette Nabaale arbeiten, um sich ihre | |
Schulgebühren selbst zu verdienen. Ein Protokoll. |