# taz.de -- Geschichte der Europäischen Union: Von der Solidarität zum Markt | |
> Die Römischen Verträge waren der Grundstein der heutigen EU. Doch die | |
> Gemeinschaft hat sich anders entwickelt als geplant. | |
Bild: Unterzeichnung der Römischen Verträge am 25. März 1957: Bundeskanzler … | |
BRÜSSEL taz | Hat sich irgend etwas geändert? Wer die Vorgeschichte der | |
Römischen Verträge – der Basis der EU – nachliest, fühlt sich an heutige | |
Verhältnisse erinnert. Schon vor 60 Jahren stritten Deutsche und Franzosen | |
über Freihandel und Protektionismus, schon damals fürchtete Frankreich um | |
sein Sozialmodell und seine Souveränität. | |
Deutschland wollte einen großen Markt, Frankreich forderte eine gemeinsame | |
Anstrengung zur Förderung der Atomkraft, die damals als Zukunftsmodell | |
galt. Wie heute noch üblich kam ein Kompromiss: Der Markt sollte kommen, | |
aber nur schrittweise, mit einem speziellen Schutz für die (französischen) | |
Landwirte. | |
Daraus entstand die gemeinsame Agrarpolitik, die immer noch für Streit | |
sorgt. Weniger kontrovers war die Gründung der Europäischen | |
Atomgemeinschaft (Euratom). Von 1965 bis 2009 war sie neben der | |
Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und der ebenfalls in Rom | |
gegründeten Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) eine der | |
Europäischen Gemeinschaften. | |
Die Römischen Verträge traten am 1. Januar 1958 in Kraft. Während Euratom | |
bis heute praktisch unverändert weiter existiert, wurde die Europäische | |
Wirtschaftsgemeinschaft die Keimzelle für die heutige EU. Ihr Ziel war die | |
Schaffung eines gemeinsamen Marktes mit einem freien Waren- und | |
Personenverkehr in Europa. Vorgesehen war auch bereits eine Währungsunion, | |
die Jahrzehnte später Realität wurde. | |
## EU sorgt mehr für Wettbewerb als für Zusammenhalt | |
Das neue Gebilde, an dem neben Deutschland und Frankreich auch die | |
Beneluxstaaten und Italien teilnahmen, entsprach kaum noch den | |
Vorstellungen der europäischen Gründerväter. So hatte Altiero Spinelli, ein | |
italienischer Widerstandskämpfer gegen die Nazibesatzung, von einer | |
europäischen Föderation geträumt. Dieser Traum ist von der Realisierung | |
weiter entfernt denn je. | |
Auch Robert Schuman wurde nicht erhört. Im Mai 1950 hatte der damalige | |
französische Außenminister gefordert, eine „Solidarität der Tat“ zu | |
schaffen – und keine große Gemeinschaft. Doch mit den Römischen Verträgen | |
wurde genau diese Zusammenfassung besiegelt. | |
Die „Solidarität der Tat“ wich einer institutionalisierten, oft | |
bürokratischen Zusammenarbeit. Aus der EWG wurde erst die EG und | |
schließlich die heutige EU, die mehr für Wettbewerb sorgt als für | |
Zusammenhalt. Mit den Ideen der europäischen Vordenker hat diese Union | |
nicht mehr viel gemein. | |
25 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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