# taz.de -- Youtube-Gespräch über Antisemitismus: Der einzig logische Rassism… | |
> Autorin Kat Kaufmann, Satiriker Shahak Shapira und Rapper Felix | |
> „Kollegah“ Blume haben über Antisemitismus gesprochen. Es war | |
> entsetzlich. | |
Bild: Kann dieser Mann Antisemit sein? Kann er überhaupt etwas? | |
Jan Böhmermann meinte es vermutlich gut, als er dem des Antisemitismus | |
bezichtigten Rapper Felix „Kollegah“ Blume ein Treffen mit der | |
russisch-jüdischen Autorin Kat Kaufmann und dem in Israel geborenen | |
Satiriker Shahak Shapira vorschlug. Das 45-minütige Gespräch ist seit | |
[1][Dienstag auf Youtube] zu sehen, obwohl Folter in Deutschland untersagt | |
ist. | |
Wer bislang allen Ernstes behauptet hat, Blume sei eigentlich ein | |
intelligenter Jurastudent, der den primitiven Proll Kollegah lediglich | |
mimt, dem sind nun endgültig die Argumente ausgegangen. Erst vor wenigen | |
Tagen hatte der regelmäßige Fitnessstudiogänger Kollegah, der 2002 den | |
Malwettbewerb „Komm mit in eine andere Welt: Märchen– Mythen – Sagen“ | |
gewann, einen Fan per Faustschlag von der Bühne befördert, den er selbst | |
zuvor erst auf selbige gebeten hatte. | |
Grund: Der Unhold hatte seine Sonnenbrille berührt. (Sollte der Knockout | |
übrigens keinem Ausraster geschuldet, sondern aufwendig inszeniert gewesen | |
sein, machte das die Sache ja wohl nicht besser, bedeutete es doch, man | |
hätte gedacht, das eigene Publikum mit ungerechtfertigten Faustschlägen | |
begeistern zu können.) | |
Kollegah, der bereits acht Sekunden nach Gesprächsbeginn den Namen seines | |
Gesprächspartners vergessen hat („der gute Shahak Shapiri“), begegnet den | |
Antisemitismus-Vorwürfen mit solchen Sätzen: „Die einzigen, die sich immer | |
in diese Opferrolle setzen, seid ihr Juden.“ Und: „Ich hab immer das | |
Gefühl, man kriegt gar nicht so viel mit von der jüdischen Bevölkerung – | |
sie integrieren sich nicht, sie zeigen sich auch gar nicht, sie zeigen | |
nicht so die Präsenz.“ Kat Kaufmann, die durchweg daran scheitert, | |
irgendetwas Komisches beizutragen, ergänzt: „Sie [die Juden] sind deine | |
Anwälte, hahaha!“ | |
Zum Lachen bringt sie einen dann aber doch mit aphasischem Gestammel à la: | |
„Die russisch-jüdische Bevölkerung – ich hab hier Kaviar, Jesus Christus | |
und einen Davidstern – they don’t give a fuck.“ Keine Sorge, liebe | |
Lesenden, die Diskussionsteilnehmer um Kaufmann verstanden's auch nicht | |
respektive ignorierten es. | |
## Ein erstaunter Primatenforscher | |
Apropos „verstehen“: Von Shapira auf sein frauen- und | |
homosexuelleverachtendes, zudem gewaltverherrlichendes Gesamtwerk | |
angesprochen, erwidert Kollegah, dass derlei Kritiker seine Kunstform nicht | |
verstünden. Begriffe wie „Bitches“ und „Schwuchtel“ fielen „in einem | |
Battle-Rap-Kontext in einem anderen Sinnzusammenhang als im | |
Alltagssprachgebrauch“ – nein, Blümchen, sie werden von dir und anderen | |
genau so verwendet, wie sie auch ganz alltägliche Sexisten und | |
Schwulenhasser verwenden. Und etliche Fans delektieren sich daran. | |
Shapira, der in dieser Runde an einen erstaunten Primatenforscher erinnert, | |
schafft es aber auch nicht, deutlich auszusprechen, dass es an diesem | |
diskriminierenden Dreck nicht viel zu verstehen gibt. Immerhin führt sein | |
Kommentar „Kunstform – tut mir weh diese Bezeichnung“ zu einem famosen | |
Dialog mit Kollegah, der dessen Verständnis von Kunst und Kritik offenbart: | |
„Ich finde, es ist mehr Kunst, Musik zu machen, die viele Menschen froh | |
macht […], als ein Buch zu schreiben darüber, wie man von Nazis verprügelt | |
wurde.“ – „Ich wurde nie von Nazis verprügelt.“ – „Ich hab das Buc… | |
gelesen.“ | |
Der allerlustigste, weil mit gigantischem Vorsprung dümmste Kommentar kommt | |
indes von einem Kumpel Kollegahs, den man vielleicht in die Runde | |
integriert hat, um die restlichen Wortmeldungen etwas intellektueller | |
wirken zu lassen: „Ich bezeichne mich immer als IQ-Rassist. Das ist für | |
mich der einzig logische Rassismus, den es gibt.“ Immerhin: Sofern er den | |
eigenen Intelligenzquotienten als Maßstab nimmt, werden wohl nicht allzu | |
viele Lebewesen von ihm gehasst. | |
Zum Abschluss sei aber der Boss (so nennt sich Blume bekanntlich selbst) | |
zitiert, der mittenmang zu einer versöhnlichen Rede wider jeglichen | |
Rassismus ansetzt, die selbst Rap-Gott Joachim Gauck nicht besser hätte | |
formulieren können: „Im Endeffekt stammen wir alle von einem Menschen ab. | |
Zumindest, wenn man gläubig ist. Auch wissenschaftlich gesehen kommen wir | |
alle ursprünglich aus Äthiopien.“ Hätten Sie's gewusst? 2024 wird der Mann | |
übrigens 40 Jahre alt – dann kann er sich fürs Amt des Bundespräsidenten | |
bewerben. Bitte! | |
22 Mar 2017 | |
## LINKS | |
[1] https://www.youtube.com/watch?v=rVo1em3hG7U | |
## AUTOREN | |
Cornelius Oettle | |
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