# taz.de -- Rot-Rot-Grün: Teurer zweitwohnen in Berlin | |
> Die rot-rot-grüne Landesregierung will ab 2019 die Zweitwohnungsteuer | |
> verdreifachen. Das soll vor allem Studierende dazu bringen, sich | |
> umzumelden. | |
Bild: Der Zweitwohnsitz in Berlin soll ab 2019 drei Mal so viel Steuern kosten … | |
In Berlin leben, aber anderswo den Hauptwohnsitz haben? Das soll demnächst | |
teurer werden: Der rot-rot-grüne Senat will die Zweitwohnungsteuer ab 2019 | |
erhöhen, und zwar auf das Dreifache. Einen Gesetzentwurf dazu hat die | |
Landesregierung jetzt beschlossen, er geht nun ins Abgeordnetenhaus. Ziel | |
ist es, auf diese Weise De-facto-Berliner dazu zu bringen, sich umzumelden | |
und so auch de jure Hauptstädter zu werden: Denn jeder Einwohner mehr | |
bringt im Länderfinanzausgleich, dem Umverteilungssystem der 16 | |
Bundesländer, zwischen 2.500 und 5.000 Euro zusätzlich pro Jahr. 10.000 | |
Ummeldungen würden beispielsweise bis zu 50 Millionen Euro bringen. | |
Wer in Berlin einen zweiten Wohnsitz angemeldet hat, muss dafür derzeit 5 | |
Prozent seiner Kaltmiete als Steuer bezahlen. Künftig sollen es 15 Prozent | |
sein. Nach Einschätzung der Finanzverwaltung von Senator Matthias | |
Kollatz-Ahnen (SPD) rangiert Berlin damit unter dem Bundesdurchschnitt. In | |
Potsdam liege der Steuersatz bei 20 Prozent, in Hannover bei 10, in München | |
bei 9 Prozent. | |
Das motiviert aus Kollatz-Ahnens Sicht nicht dazu, sich nach Berlin | |
umzumelden. Die Erhöhung stellt für ihn eine Win-win-situation dar: | |
Entweder zahlt jemand künftig mehr Steuern, oder er oder sie meldet sich um | |
und verhilft dem Land damit als offizieller Einwohner zu mehr Zuschüssen. | |
Eine höhere Besteuerung und ein Drängen zur Ummeldung sind für den | |
Finanzsenator auch eine Frage der Gerechtigkeit: Einwohner, die nicht mit | |
Erstwohnsitz in Berlin gemeldet sind, würden die mit hiesigem Geld bezahlte | |
örtliche Infrastruktur nutzen, ohne dass Berlin für sie über den | |
Länderfinanzausgleich profitiert. Im Blick hat der Senat dabei vor allem | |
Studierende, die oft weiter bei ihren Eltern außerhalb der Hauptstadt | |
gemeldet sind. | |
Dass es mit der höheren Besteuerung erst in knapp zwei Jahren losgehen | |
soll, ist für den Finanzsenator nötig, „damit sich auch alle darauf | |
einstellen können“. Unterstützung bekam er am Mittwoch von der | |
finanzpolitischen Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus, Anja | |
Schillhaneck: „Nur so bekommt Berlin die Gelder, die uns auch zustehen.“ | |
Die könne das Land dann in Schulen, bezahlbare Mieten oder andere Projekte | |
der derzeit jährlich um rund 45.000 Menschen wachsenden Stadt stecken. | |
Kritik kam aus den Reihen von CDU und FDP. Der Reinickendorfer | |
Bundestagsabgeordnete und Vizelandesvorsitzende der CDU, Frank Steffel, | |
sagte, die Erhöhung sei „ein fauler Ansatz“. Sie werde vor allem Pendler, | |
Studenten und auch Praktikanten betreffen. Statt über eine höhere Steuer | |
Menschen zur Ummeldung zu zwingen, solle der Senat lieber den Antragsstau | |
in den Bürgerämtern beheben. Steffel erinnerte daran, dass Berlin schon den | |
Grundsteuersatz auf ein Spitzenniveau erhöht habe. | |
Die FDP-Finanzpolitikerin Sibylle Meister sieht gar den Ruf der Hauptstadt | |
in Gefahr: „Die Erhöhung kann als Signal gegen Weltoffenheit interpretiert | |
werden.“ | |
29 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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Matthias Kollatz-Ahnen | |
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