Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Trumps Kongress-Rede: Vorübergehend nicht irre
> Zum ersten Mal überhaupt hält Trump eine Rede, die nach Präsident klingt.
> Aber was nicht verrückt wirkt, ist deshalb noch lange nicht vernünftig.
Bild: You got it: Donald Trump
Es war die Rede, auf die traditionelle Republikaner seit Donald Trumps
Wahlsieg am 8. November vergangenen Jahres gewartet haben. Gedämpft in der
Sprache und ohne allzu offensichtliche Beleidigungen appellierte Trump an
die Einheit der Nation und das Zusammenwirken der politischen Kräfte. Es
war die erste Rede, in der er sich nur in Maßen selbst lobte, die erste
auch, in der er mehr Zeit darauf verwandte, eine rosige Zukunft zu
beschreiben als eine katastrophale Gegenwart.
Diese Rede vor beiden Kammern des Kongresses, die in Jahren wechselnder
Präsidentschaft die traditionelle Januar-Rede zur Lage der Nation ersetzt,
dient neuen Präsidenten in der Regel dazu, ihre Regierungsvision und
zumindest erste Grundzüge eines künftigen Haushaltsplans vorzustellen.
Dahinter blieb Trump recht weit zurück.
Seine in den Vortagen lancierten Vorschläge, etwa der Steigerung des
Militäretats um 9 Prozent bei gleichzeitiger Kürzung nahezu aller anderen
Regierungsbereiche, blieb in der Rede im Vagen. Weder zu seiner geplanten
Steuerreform noch zum Plan, die Obamacare-Gesundheitsversicherung zu
ersetzen, wurde Trump konkreter. Lediglich eine Investition von einer
Billion Dollar in ein Infrastrukturprogramm kündigte er an – aber selbst
das vage, wenn er von privater und öffentlicher Finanzierung sprach.
Der Ton war milder – Trump will ja etwas vom Kongress. Wenn der bei seinen
Haushaltsvorschlägen nicht mitzieht, kann Trump nichts umsetzen. Und nach
Trumps ersten Ankündigungen hagelte es nicht nur Proteste der Demokraten.
Auch etliche Republikaner kündigten an, das so nicht mitzutragen. Ein
Präsident aber – Barack Obama hat das jahrelang erfahren müssen –, der
keinen Haushalt durch den Kongress bringt, kann soviel ankündigen, wie er
will.
## Eine Wende zu sehen, ist reines Wunschdenken
Insofern ist es Trumps ureigenes Interesse, die Abgeordneten und Senatoren
beider Parteien nicht gleich bei seinem ersten Auftritt vor den Kopf zu
stoßen. Aber zu glauben, diese Rede markiere nun den Moment, an dem Trump
begriffen habe, dass er Präsident ist und sich ab jetzt dementsprechend
verhalten werde, ist pures Wunschdenken. Trump hat gezeigt, dass er eine
Stunde lang leidlich fehlerfrei vom Teleprompter ablesen kann, wenn er
muss. Mehr nicht.
Und genauso, wie es falsch ist, bei jeder irrwitzigen Trump-Äußerung zu
hyperventilieren, wäre es absurd, sich nach seiner ersten leidlich normalen
Rede beruhigt zurückzulehnen.
Trump, der sich bislang nahezu im Stundenrhythmus selbst widersprochen hat,
muss nach seinen Ergebnissen beurteilt werden. Und alles, was er bisher
tatsächlich konkret vorgestellt oder per Dekret auf den Weg gebracht hat,
ist weder vernünftig noch zukunftsträchtig, sondern vertieft alle
politischen, kulturellen und sozioökonomischen Spaltungen der
US-Gesellschaft.
1 Mar 2017
## AUTOREN
Bernd Pickert
## TAGS
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Donald Trump
Republikaner
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Justin Trudeau
Scham
Jeff Sessions
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Mexiko
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Netz
## ARTIKEL ZUM THEMA
Gesundheitspolitik in den USA: Der Obamacare-Ersatz ist da
Die Abschaffung der Gesundheitsreform der Obama-Administration war eines
der Wahlversprechen Trumps. Nun legen die Republikaner einen Entwurf dafür
vor.
Flucht aus den USA nach Kanada: Trump entkommen
Seit der Präsidentenwahl steigt die Zahl der Flüchtlinge an der
US-kanadischen Grenze sprunghaft an. Trudeau will die Situation weiter
beobachten.
US-Autorin zu Politik und Scham: Ein Scheißgefühl
„Scham“ gehört zu uns – und sie ist präsenter denn je: So sind „alter…
Fakten“ etwa die ultimative Form der Schamverdrängung.
US-Justizminister Jeff Sessions: Aus Russland-Ermittlungen raushalten
US-Justizminister Sessions steht wegen Treffen mit dem russischen
Botschafter während des Wahlkampfs in der Kritik. Präsident Trump spricht
von einer Hexenjagd.
Protest gegen US-Präsident Trump: Amerikas neue Wutbürger
Überall fordern US-Bürger Antworten von ihren Abgeordneten. Die fürchten
den Zorn des Wahlvolks und gehen ihm aus dem Weg.
Abschiebepolitik der USA: Mexiko plant Protest
Mexiko wird bei der Abschiebung „illegaler Migranten“ aus den USA bis vor
die Vereinten Nationen ziehen. Erste Gespräche habe es bereits gegeben.
Erste Trump-Ansprache vor dem Kongress: Seine bisher beste Rede als Präsident
Er verzichtet auf Medienbashing, hält sich ans Manuskript und liest brav
vom Teleprompter ab. Dafür gibt's gute Stilnoten. Die Messlatte hängt tief.
Kolumne Nullen und Einsen: Das Netz hat das Gebäude verlassen
Das Netz kennt Trauer und Freude, Furcht und Wut. Die Medien schauen jeden
Tag aufs Netz. Sie berichten, was das Netz macht und was es bewegt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.