# taz.de -- Südkorea nach Park Geun-hye: Chaebols bleiben mächtig | |
> Die unter Korruptionsverdacht stehende Präsidentin ist des Amtes | |
> enthoben. Überleben dürfte aber das korrupte System der Familienclans. | |
Bild: Unerreichbar hoch und oft unantastbar: Samsung-Gebäude in Seoul | |
SEOUL taz | Als Moon Jae-in ans Rednerpult tritt, ist der Seouler | |
Korrespondentenclub bis in den hintersten Winkel gefüllt. Der 64-Jährige | |
mit der Nickelbrille und den graumelierten Schläfen gilt derzeit als | |
Hoffnungsträger der linksgerichteten Opposition. Unter Leitartiklern wird | |
er als nächster Präsident gehandelt. „Ich trete an, um die korrupten | |
Verbindungen zwischen Politik und Wirtschaft zu kappen. Südkorea kann nur | |
voranschreiten, wenn das System der Chaebols reformiert wird“, beginnt der | |
Anwalt seine Rede. | |
Moons zentrales Wahlversprechen ist taktisch klug gewählt, schließlich | |
werden weite Bevölkerungsschichten ihr Kreuz genau davon abhängig machen: | |
Ob es dem nächsten Präsidenten gelingen wird, das Wirtschaftssystem zu | |
modernisieren. Präsidentin Park Geun-hye hat genau dieses Versprechen vor | |
vier Jahren fast wortgleich abgegeben. Am Freitag bestätigte nun das | |
Verfassungsgericht ihr Amtsenthebungsverfahren wegen Korruption und | |
Amtsmissbrauch. | |
„Chaebols“ sind die koreanische Antithese zum deutschen Mittelstand: | |
riesige Mischkonzerne, von denen die größten zehn über 80 Prozent des | |
Bruttoinlandsprodukts generieren. Mittlerweile werden sie in dritter | |
Generation von Familienclans geführt: hierarchisch wie Militärkorps, | |
patriarchal dominiert und zutiefst intransparent. Doch es waren auch die | |
Chaebols, die das Wirtschaftswunder Südkoreas erst möglich machten. | |
Kein Chaebol verkörpert diesen Nationalstolz stärker als die | |
Samsung-Gruppe, die allein ein Fünftel aller südkoreanischen Exporte | |
erwirtschaftet. Die Erfolgsgeschichte fußt auf einem Pakt mit der damaligen | |
Militärdiktatur: Während das Regime Gewerkschafter unterdrückte und | |
lukrative Aufträge vergab, half Samsung im Gegenzug beim Erfüllen der | |
5-Jahres-Pläne. Noch immer wäscht hier eine Hand die andere. | |
## Prinz und Präsidentin | |
Zum ersten Mal steht die „Samsung-Republik“ in ihrer 79-jährigen Geschichte | |
ohne König da: Lee Jae-yong, Enkel des Firmengründers Lee Byung-chull, | |
wartet in einer sieben Quadratmeter großen Zelle mit Futonbett und Hockklo | |
auf sein Urteil. Die vielleicht größte Schmach für den mächtigsten Manager | |
des Landes: Der Fernsehapparat in seiner Zelle stammt vom Erzrivalen LG. | |
Der Hauptvorwurf gegen Lee Jae-yong betrifft die umstrittene Fusion zweier | |
Samsung-Tochterunternehmen. Im Vorfeld des Deals hat der Samsung-Prinz die | |
Präsidentin dreimal besucht und – so die Anklage – über die benötigte | |
Regierungserlaubnis verhandelt. Wenig später flossen über 30 Millionen Euro | |
an Scheinstiftungen einer engen Jugendfreundin der Präsidentin. Der | |
staatliche Rentenfonds erlaubte schließlich die Fusion, auch wenn dieser | |
dabei mindestens 100 Millionen Euro Verlust machte. Die Aktienanteile der | |
Lee-Familie am Unternehmen stiegen hingegen um mindestens 700 Millionen | |
Euro. | |
Dass die Zahlungen stattgefunden haben, bestreitet auch der Angeklagte | |
nicht. Die Gretchenfrage in dem am Donnerstag begonnenen Prozess wird sein, | |
ob diese nachweislich an Gegenleistungen geknüpft waren. Bei einem | |
Schuldspruch drohen dem 48-Jährigen mindestens fünf Jahre Haft. | |
Die Führung des Konzerns hat seit den 60en immer wieder die Gesetze | |
verletzt. Lee Jae-yongs Vater wurde wegen Steuerhinterziehung und | |
Bestechung zweimal verurteilt und begnadigt. Begründet wurde dies mit der | |
Sorge um die heimische Volkswirtschaft. | |
„Samsung ist durch viele Krisen gegangen, hat aber alle überstanden. Auch | |
dieses Mal glaube ich nicht an einen Wandel des Systems“, sagt der | |
US-Journalist Donald Kirk, der seit den 70ern über die koreanische | |
Halbinsel berichtet: „Die Chaebol-Clans haben eine feudale | |
Ständegesellschaft zutage gebracht“. | |
10 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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