| # taz.de -- Regionalparlament in Nordirland: Keine Regierung ist auch keine Lö… | |
| > Im Schatten des Brexit wird in Nordirland eine neue Regionalregierung | |
| > gewählt. Oder auch eine alte. Sinn Féin hat nun die EU für sich entdeckt. | |
| Bild: Arlene Foster kandidiert für die Democratic Unionist Party | |
| Dublin taz | Nach nur acht Monaten wählt Nordirland heute erneut ein | |
| Regionalparlament. Die Koalitionsregierung von protestantischen Unionisten | |
| und katholischen Nationalisten war im Januar gescheitert, weil der | |
| stellvertretende Premierminister Martin McGuinness von Sinn Féin | |
| zurückgetreten war. Er hatte der Premierministerin Arlene Foster von der | |
| Democratic Unionist Party (DUP) „Verschwendung öffentlicher Gelder, | |
| Fehlverhalten und Korruption“ vorgeworfen und ihren Rücktritt gefordert. | |
| Für die britische Regierung kommt die Regierungskrise in Nordirland zu | |
| einem schlechten Zeitpunkt. Premierministerin Theresa May will Ende des | |
| Monats die EU-Austrittserklärung ihres Landes nach Brüssel schicken. | |
| Eigentlich will sie dabei mit den Regionalregierungen in Schottland, Wales | |
| und Nordirland zusammenarbeiten. Doch in Nordirland wird es auf absehbare | |
| Zeit wohl keine Regierung geben. | |
| Laut dem Karfreitagsabkommen von 1998, das Nordirland den Frieden brachte, | |
| muss die nordirische Regierung aus einer Koalition von Katholiken und | |
| Protestanten bestehen. Die stärksten Parteien auf der jeweiligen Seite sind | |
| die DUP mit 38 Sitzen und Sinn Féin mit 28 Sitzen, und beide Parteien | |
| werden auch nach den Wahlen die Mehrheit der Sitze – sie werden von 108 auf | |
| 90 reduziert – stellen. | |
| Ob Sinn Féin erstmals die DUP überflügeln kann, ist zwar nebensächlich, da | |
| die Premierministerin und ihre Stellvertreterin gleichberechtigt sind, aber | |
| es wäre für das Selbstbewusstsein der protestantischen Bevölkerungsmehrheit | |
| ein schwerer Schlag. | |
| Michelle O’Neill, die Nachfolgerin von McGuinness als Fraktionschefin von | |
| Sinn Féin, will keine Koalition mit der DUP eingehen, wenn Foster nicht auf | |
| ihr Amt bis zum Abschluss der Untersuchung gegen sie verzichtet. Das könnte | |
| sechs Monate dauern, vielleicht sogar ein Jahr. Wenn jedoch zwei Monate | |
| lang keine Regierung zustande kommt, droht eine Direktherrschaft von | |
| London. Ein Ende der regionalen Selbstverwaltung wäre ein Rückschritt im | |
| Bemühen um eine dauerhafte Lösung in Nordirland, zumal durch das britische | |
| Brexit-Votum weitere Unwägbarkeiten drohen. | |
| Beim Referendum im Juni hatten 56 Prozent der Nordiren für den Verbleib in | |
| der EU gestimmt, zumeist aus dem protestantischen Lager. Die Folgen sind | |
| bisher unklar. Viele befürchten, dass wieder Grenzkontrollen eingeführt | |
| werden, obwohl alle Politiker beteuern, dass sie das nicht wollen. Täglich | |
| überqueren 35.000 Menschen die innerirische Grenze auf dem Weg zur Arbeit. | |
| Viele Bauern haben Felder auf beiden Seiten der Grenze. 38 Prozent | |
| nordirischer Exporte gehen in die Republik Irland. | |
| Den Wahlkampf bestimmt eher Nordirlands düstere Vergangenheit. Alle | |
| verlassen sich darauf, dass die Wähler entlang der alten religiösen | |
| Trennlinien abstimmen. Sinn Féin hat aber nun die EU für sich entdeckt, die | |
| sie lange Zeit abgelehnt hatte. Die Partei will, dass Nordirland nach dem | |
| Brexit einen „Sonderstatus als EU-Mitglied“ erhält. Die britische Regierung | |
| hat das abgelehnt. | |
| 2 Mar 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Sotscheck | |
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