# taz.de -- Kommentar Netanjahu bei Trump: Nebulöse Vorstellungen von Frieden | |
> Trumps Haltung erlaubt Netanjahu so ziemlich alles. Aber der hat kein | |
> Programm. Die Siedler jubeln, doch ist auf den US-Präsidenten Verlass? | |
Bild: Zwei, die sich scheinbar verstehen | |
Ein paar Siedlungen weniger wünschte sich US-Präsident Donald Trump im | |
Verlauf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Israels Regierungschef Benjamin | |
Netanjahu – und keine Vorbedingungen für einen Frieden. Das bedeutet grünes | |
Licht für die Israelis, in den besetzten Palästinensergebieten fast alles | |
zu tun, wonach ihnen das Herz steht, ohne den mahnenden Zeigefinger aus | |
Washington fürchten zu müssen. | |
Trotzdem schien Netanjahu nicht sofort die Gelegenheit beim Schopf zu | |
packen, um der Zweistaatenlösung den Gnadenstoß zu versetzen. Vor | |
Journalisten, die Netanjahu im Anschluss an das Gespräch mit Trump traf, | |
sprach er unverändert über die zwei Staaten, wobei er selbst und | |
Palästinenerpräsident Mahmud Abbas unterschiedliche Vorstellungen über | |
einen palästinensischen Staat hätten. | |
Netanjahu hat kein Ersatzprogramm. Eine Einstaatenlösung, also ein Israel | |
für Israelis und Palästinenser, wäre entweder das Ende des jüdischen oder | |
des demokratischen Staates. Beides ist eigentlich keine Option für ihn. | |
Zudem sind für Netanjahu nicht die Palästinenser das größte Problem, | |
sondern Iran. Mit einer deutlichen Absage an Palästina würde er die | |
arabischen Staaten als potenzielle Partner vergraulen, die seine Sorge vor | |
dem erstarkenden Iran teilen. | |
Wer ohne Abstriche jubelt, ist Naftali Bennett, der Chef der Siedlerpartei. | |
Anders als Netanjahu ist Bennett klar mit seiner Vision. Er twittert über | |
die „neue Ära“, über „neue Ideen“, gratuliert zum „großen Tag für… | |
und vernünftige Araber“. Jederman verstehe nun, dass es „keine | |
Notwendigkeit für einen dritten palästinensischen Staat außer Jordanien und | |
Gaza gibt“. Mit dem von ihm als Freifahrtschein verstandenen Signal aus | |
Washington wird Bennett mit voller Kraft sein erklärtes Ziel vorantreiben: | |
die Annexion von rund der Hälfte des Westjordanlandes. Ein paar zigtausend | |
Palästinenser leben dort, die können israelische Staatsbürger werden – | |
vorausgesetzt, sie schwören auf den jüdisch-demokratischen Staat. Der Rest | |
soll sehen, wo er bleibt. | |
Nebulös ist nach wie vor, was Trump und Netanjahu meinen, wenn sie vom | |
Frieden reden. Welche Zugeständnisse hatte der neue Chef im Weißen Haus vor | |
Augen, als er seinem Gast mit Augenzwinkern signalisierte, dass er | |
Flexibilität von ihm erwartet? Netanjahu tut gut daran, Vorsicht zu wahren | |
und seine euphorischen Koalitionspartner von der Siedlerpartei im Zaum zu | |
halten. Jetzt ist Trump der mächtigste Mann auf Erden, aber das wird er | |
nicht immer sein. | |
Zudem erwies sich Trump in der kurzen Zeit seit seiner Amtsübernahme als | |
wenig verlässlicher Partner. Sein Versprechen, die Botschaft nach Jerusalem | |
zu verlegen, entpuppt sich als heiße Luft. Netanjahu darf sein Schicksal | |
nicht in die Hände eines Mannes legen, der heute das eine sagt, um morgen | |
das andere zu tun. | |
16 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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