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# taz.de -- Kolumne Wir retten die Welt: Lieber Herr Präsident!
> Demnächst regiert Captain Sustainable Democracy im Bellevue. Das Beste
> ist er selbst: ein regionales Produkt, eine glaubhafte Marke.
Bild: Willkommen in Ihrer Suppenküche Bellevue!
Nein, Donald, ich rede nicht mir Dir! Lass die Erwachsenen arbeiten und geh
twittern!
Hochverehrter Herr Bundespräsident!
Sehr geehrter Herr Steinmeier!
Lieber Genosse Frank-Walter!
Sie werden sich erinnern: Es war im Frühjahr 2002, wir saßen im nagelneuen
Kanzleramt in Berlin. Sie waren Staatsminister unter Kanzler Schröder und
stellten uns Journalisten ein Konzept vor, das so wenig beachtet wurde,
dass man es als geheim betrachten musste. Die Nachhaltigkeitsstrategie der
Bundesregierung. Seit 15 Jahren schreibe ich darüber, wie Deutschland
gerechter, grüner und reicher wird. Auf mich hört keiner. Aber Sie haben es
geschafft! Hurra!
Andere Bundespräsidenten haben verzweifelt nach einem Thema für ihre
Amtszeit gesucht: Die Freiheit bei Gauck, der Islam bei Wulff, der Ruck bei
Herzog. Bei Ihnen soll es die Demokratie sein. Gut. Noch besser wäre: Die
Demokratie der Nachhaltigkeit. Oder die Nachhaltigkeit der Demokratie.
## 27-mal am Tag twittern
Ich stelle mir das grandios vor. Der Präsident Deutschlands, der nicht nur
allgemein die Demokratie anpreist, sondern auch klarmacht, wie Ökologie,
Wirtschaft und Soziales für eine bessere Zukunft zusammenpassen. Wie
Menschen ihren Glauben an die Demokratie wiederfinden, wenn ihr Job sicher
ist. Und wie ihr Job sicher ist, weil er nicht Braunkohle oder
Dieselmotoren produziert.
Sie könnten der Präsident sein, der jeden Tag 27-mal twittert: MACHT
DEUTSCHLAND NACHHALTIG!! GIVE PEACE A CHANCE!!! SURVIVAL FIRST!!!!
Also frisch an den Schreibtisch und per Dekret verordnet: Ab sofort
unterzeichnet der Bundespräsident nur noch Gesetze, die den
Nachhaltigkeitszielen entsprechen. Darüber bestimmt der Wächterrat, bisher
Rat für Nachhaltigkeit. Das „grüne Kabinett“ und der Beirat werden in ein…
Bundeszukunftsrat verschmolzen, der Vorsitzende nennt sich Captain
Sustainable Future.
Staatsbesuche finden nur noch mit Zug und ÖPNV statt. Für Auslandsreisen
wird das Segelschulschiff „Gorch Fock“ umgerüstet. Staatsbankette werden
vegan, Fleischimporte mit einer Strafsteuer von 35 Prozent belegt.
Currywurst ist verboten, außer in der VW-Kantine.
Die „Woche der Umwelt“ in Ihrem Park Bellevue wird nicht mehr alle zwei
Jahre, sondern bei gutem Wetter jeden Samstag stattfinden. Bayern München
darf fünf Jahre lang nicht Deutscher Meister werden.
Das Bundespräsidialamt bekommt einen Trakt mit Duschen, einer Kleiderkammer
und einer Suppenküche für Obdachlose. Präsident Steinmeier zeichnet
regelmäßig die Flüchtlingsfamilie des Monats aus, bis ein
Integrationsministerium diese Aufgabe übernehmen kann. Unternehmer erhalten
nur noch das Bundesverdienstkreuz, wenn sie guten und gleichen Verdienst
für Frauen und Männer garantieren. Firmen mit guten Ideen werden rund um
die Uhr per Twitter vom #realBundespräsident zu #ZUKUNFTSHELDEN geadelt,
Sie übernehmen die Ehrenpatenschaft für alle Schreikinder.
Das Beste aber ist der Präsident. Ein regionales Produkt. Eine glaubhafte
Marke. Seit Jahrzehnten im Einsatz, immer wieder repariert und recycelt.
100 Prozent biologisch abbaubar. Der Traum der Kreislaufwirtschaft.
24 Feb 2017
## AUTOREN
Bernhard Pötter
## TAGS
Mehr Demokratie
Donald Trump
Frank-Walter Steinmeier
Nachhaltigkeit
Bundespräsident
Konsum
Pariser Abkommen
Schwerpunkt Armut
Barack Obama
Abgeordnetenhauswahlen 2016
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