# taz.de -- Kein Urteil zu IP-Adressen-Speicherung: Meine IP gehört mir | |
> Website-Betreiber speichern die IP-Adressen von Nutzern. Ob das deren | |
> Grundrechte verletzt, will der Bundesgerichtshof nicht entscheiden. | |
Bild: Patrick Breyer (Piratenpartei) hoffte im Gerichtssaal auf ein Urteil zur … | |
KARLSRUHE taz | Der Streit um die Speicherung von IP-Adressen geht wohl in | |
eine neue Runde. Der Bundesgerichtshof (BGH) wird den Streit | |
voraussichtlich ans Landgericht Berlin zurückverweisen. Das zeichnete sich | |
nach der mündlichen Verhandlung am Dienstag ab. | |
Derzeit speichern die meisten Internet-Seiteninhaber die IP-Adressen ihrer | |
Nutzer. Sie wollen damit zum Beispiel die Seiten gegen Hackerangriffe | |
schützen und die Strafverfolgung von Angreifern erleichtern. Der Kieler | |
Piraten-Abgeordnete Patrick Breyer sieht darin jedoch eine Art private | |
Vorratsdatenspeicherung. Er glaubt, dass die Speicherung von IP-Adressen | |
einschüchternde Wirkung hat. | |
In einem Musterprozess hat Breyer deshalb schon 2008 die Bundesregierung | |
verklagt, weil auch viele Ministerien auf ihren Seiten IP-Adressen | |
speichern. Breyer berief sich dabei auf das deutsche Telemediengesetz. | |
Danach sind personenbezogene Daten der Nutzer nach Abschluss der Verbindung | |
zu löschen, wenn sie nicht für eine Abrechnung benötigt werden – was aber | |
beim Besuch von Webseiten meist nicht der Fall ist. | |
Lange war umstritten, ob IP-Adressen überhaupt personenbezogene Daten sind. | |
Die Bundesregierung hatte dies verneint, da die Zahlenfolgen (etwa | |
107.231.37.19) bei jeder Einwahl ins Internet neu vergeben werden. Auf | |
Anfrage des BGH entschied der Europäische Gerichtshof jedoch im Oktober | |
2016, dass IP-Adressen tendenziell personenbezogen sind, weil sie von der | |
Polizei mithilfe der Internet-Provider (etwa der Deutschen Telekom) einem | |
Nutzer zugeordnet werden können. | |
## Datenschutz zu eng ausgelegt | |
Über diesen Erfolg konnte Breyer sich aber nicht freuen. Denn der EuGH | |
stellt zudem fest, dass das deutsche Telemediengesetz bisher zu eng | |
ausgelegt wurde. Bei einem „berechtigten Interesse“ erlaube die | |
EU-Datenschutz-Richtlinie durchaus auch die Speicherung von | |
personenbezogenen Daten nach Abschluss der Nutzung. So könne es ein | |
berechtigtes Interesse sein, die Funktionsfähigkeit von Webseiten zu | |
schützen. | |
Nun war also wieder der BGH am Zug. Er sollte jetzt eigentlich die | |
Interessen der Webseitenbetreiber mit Breyers Grundrechten abwägen. Doch | |
vermutlich wird der BGH den Streit zunächst an das Berliner Landgericht | |
zurückverweisen, um Sachfragen zu klären. Wie es weitergeht, will der BGH | |
aber erst am 16. Mai verkünden. | |
Falls der Fall zurückverwiesen wird, müsste das Landgericht feststellen, | |
welchen Nutzen die IP-Adressen beim Schutz von Webseiten überhaupt haben | |
können. Pirat Breyer hält die vorsorgliche Protokollierung aller | |
IP-Adressen zum Schutz von Webseiten für unnötig und unverhältnismäßig. Es | |
genüge, wenn mit Speicherung und Blockade erst im Falle eines Cyberangriffs | |
begonnen werde. | |
14 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
IP-Adressen | |
Bundesgerichtshof | |
EuGH | |
Piratenpartei | |
Schwerpunkt taz Leipzig | |
Schwerpunkt Überwachung | |
Datenschutz | |
China | |
CCC-Kongress | |
Daten | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Alternative Internet-Provider in Leipzig: Online über das ReudNetz | |
Ein lokaler Internet-Provider kämpft gegen große Internetkonzerne. Ein | |
Plus: Unabhängigkeit und mehr Kontrolle über die eigenen Daten. | |
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts: Vorratsdatenspeicherung bleibt | |
Vermutlich verstößt die anlasslose Massenspeicherung von Telekomdaten gegen | |
EU-Recht. Doch Karlsruhe will die Einführung nicht stoppen. | |
Kommentar Datenschutz, EU und USA: Das Problem beginnt vor Trump | |
Der US-Präsident schränkt per Dekret den Datenschutz für Ausländer ein. Nun | |
muss die EU reagieren. Sie sollte das Privacy Shield aufkündigen. | |
Chinesischer Messenger WeChat: Milch, Mails und bloß keine Kritik | |
Statt Facebook oder WhatsApp nutzen Chinesen mit WeChat ihren eigenen | |
Messenger. Der Dienst macht vieles einfacher – auch die Zensur. | |
33C3 – CCC-Kongress in Hamburg: Big Brother, ganz privat | |
Beim 33C3 geht es um kommerzielle Überwachung, das Tracking. Dagegen kommt | |
selbst der Einfallsreichtum der Hacker_innen nicht an. | |
Gestohlene E-Mail-Daten: Sicherheit als Fremdwort | |
Deutsche Behörden kritisieren Yahoo heftig. Der US-Konzern hat einen | |
gigantischen Datenklau eingestehen müssen. |