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# taz.de -- Bürgerkrieg im Kongo: Kämpfe in Oppositionshochburg
> In der Heimatprovinz des verstorbenen Politikers Etienne Tshisekedi
> werden dutzende Menschen getötet. Hunderttausende sind auf der Flucht.
Bild: Patrouillie von UN-Blauhelmen im vergangenen Dezember in Kinschasa
Berlin taz | Bei schweren Kämpfen in der Heimatprovinz des verstorbenen
kongolesischen Oppositionsführers Etienne Tshisekedi sind zahlreiche
Menschen ums Leben gekommen. Die UN-Mission im Kongo (Monusco) sprach am
Samstag von 30 bis 50 Toten seit Donnerstag, das kongolesische Rote Kreuz
von 84 und lokale Quellen von mindestens 100.
Die Kämpfe ereigneten sich am Donnerstag und Freitag in und um die Stadt
Tshimbulu in der Provinz Kasai-Central, wo seit August 2016 bewaffnete
Anhänger des von der Polizei getöteten traditionellen Führers Kamwuina
Nsapu Krieg gegen die Staatsmacht führen. Sie haben mehrfach Ortschaften
besetzt, darunter zeitweise die Provinzhauptstadt Kananga, aus deren Umland
der am 1. Februar in Belgien verstorbene Tshisekedi stammt.
Die Kämpfe flammen immer dann besonders auf, wenn der Machtkampf zwischen
Regierung und Opposition im Kongo sich erneut zuspitzt. Die
Kamwuina-Milizen und die militanten lokalen Jugendgruppen von Tshisekedis
Partei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt), größte
Oppositionspartei des Kongo, rekrutieren sich beide aus derselben
Bevölkerung.
In Tshimbulu, 160 Kilometer südöstlich der Provinzhauptstadt Kananga, hatte
eine Armeeoffensive im Januar die Milizen weitgehend verjagt. Sie schlagen
nun zurück und werden wieder brutal bekämpft.
## Einsatz von Kindersoldaten
Die Monusco, seit Dezember 2016 mit Blauhelmsoldaten in Kasai präsent,
wirft den Milizen „Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten“ vor und der
Armee „unverhältnismäßige Gewaltanwendung“. Fotos in sozialen Netzwerken,
die aus Tshimbulu stammen sollen, zeigen regelrechte Leichenteppiche aus
getöteten Kindern und Jugendlichen.
Nach Angaben des humanitären UN-Korrdinatoionsnetzwerkes OCHA hat die
Gewalt in Kasai Central und benachbarten Provinzen der Kasai-Region seit
August mindestens 216.000 Menschen in die Flucht getrieben. Allein nach
Angaben lokaler Gesundheitsbehörden seien mindestens 600 Menschen bei
Übergriffen Plünderungen, Vergewaltigungen und Morden durch Soldaten ums
Leben gekommen, heißt es in einem OCHA-Bericht von Mitte Januar. Mindestens
100 Häuser, mehrere Dutzend Schulen und Krankenhäuser sowie die Ernten von
mindestens 1300 Haushalten, zumeist im Umland von Tshimbulu, seien
zerstört.
„Die Mehrheit dieser Übergriffe soll von den Streitkräften während ihres
Durchzugs oder beim Errichten von Kontrollposten begangen worden sein“, so
der Bericht. Von Hausdurchsuchungen und „wahllosen und brutalen Festnahmen
von Kindern“ ist die Rede. „Die Bevölkerung lebt in einem allgemeinen
Schockzustand und scheint jedes Vertrauen in die Streitkräfte und die
staatliche Ordnung verloren zu haben“, schlussfolgern die UN-Helfer.
Oppositionsführer Tshisekedi wird in diesem Landesteil wie ein Held verehrt
und sein Tod verschärft die politische Krise des Kongo. Die Umsetzung des
Abkommens von Silvester 2016 zwischen Kongos Regierung und der
Tshisekedi-geführten Opposition über Wahlen 2017 und die Einsetzung einer
Übergangsregierung war schon vor seinem Tod ins Stocken geraten und ist
jetzt komplett zum Stillstand gekommen. Die neuen Kämpfe in Kasai sind eine
Folge davon.
12 Feb 2017
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Kongo
Etienne Tshisekedi
Monusco
Kindersoldaten
Kasai
Lesestück Recherche und Reportage
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Kongo
Etienne Tshisekedi
Kongo
Kongo
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