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# taz.de -- Streit bei Betriebsversammlung: Reizklima bei Volkswagen
> Ein Streit über angebliche Karrierevorteile für Gewerkschafter
> überschattet die Versammlung der VW-Mitarbeiter.
Bild: Gewerkschaftsmitglieder haben Karrierevorteile? VW-Markenchef Diess fasst…
Wolfsburg taz | Angestrahlt von Scheinwerfern, steht der Prototyp des I.D.
Buzz auf der Bühne in Halle 11 des Volkswagenwerks in Wolfsburg. Der
Nachfolger des VW-Bullis soll ab 2022 auf den Straßen unterwegs sein und
sowohl elektrisch wie auch autonom fahren. Daneben glitzert der in
Wolfsburg entwickelte neue VW-Caddy. Von der riesigen Leinwand grüßt das
füllige Gesicht von Stargast Peter Altmaier (CDU). Mitten im Abgasskandal
und überschattet vom Streit um Gewerkschaftsboni und das größte Sparpaket
in der Konzerngeschichte stieg bei Europas größtem Autobauer am Dienstag
die erste Betriebsversammlung des Jahres. Mehr als 10.000 Beschäftigte
waren gekommen.
Als Höhepunkt des nicht öffentlichen Treffens war eine Redeschlacht
zwischen VW-Markenchef Herbert Diess und dem mächtigen
Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Bernd Osterloh erwartet worden. Beide hatten
sich bereits im Vorfeld schwer gezofft, mehrere Projekte im sogenannten
Zukunftspakt wurden vom Betriebsrat auf Eis gelegt.
Zuletzt spitzte sich der Konflikt zwischen den beiden Alphamännern an der
Frage zu, ob Gewerkschaftsmitglieder bei VW Karrierevorteile haben. Bei dem
Konzern ist der Organisationsgrad der Mitarbeiter sehr hoch, das gilt auch
für das mittlere und obere Management. Genaue Zahlen rückt die IG Metall
mit Verweis auf den Datenschutz allerdings nicht heraus.
Seit seinem Einstieg bei Volkswagen habe er immer wieder Hinweise aus der
Belegschaft und aus dem Management bekommen, dass Einstellungen und der
Aufstieg in der Hierarchie von einer Mitgliedschaft bei der IG Metall
abhingen, hatte Diess ausgerechnet der Bild (Montagausgabe) gesagt.
## Gewerkschaft spricht von Ablenkungsmanöver
Diess hatte zuvor nach Recherchen des Manager-Magazins eine interne E-Mail
aus dem November zur Beförderung von sechs Mitarbeitern ins obere
Management handschriftlich mit einer Frage nach der
Gewerkschaftsmitgliedschaft kommentiert. Weiter soll Diess neben der Frage
„IG-Metall-Mitgliedschaft?“ auch die Anmerkungen „Keine Frauen dabei?“ …
„Priorisierung?“ notiert haben.
Die Gewerkschaft glaubt ihrerseits, dass Diess mit seinem Vorstoß von
eigenem Fehlverhalten ablenken will. Er habe Beschäftigte „unzulässig“ na…
der Gewerkschaftsmitgliedschaft gefragt und damit „klar gegen Arbeitsrecht
verstoßen“, sagte eine IG-Metall-Sprecherin. Der Arbeitsrechtler Horst Call
bestätigte kürzlich, dass Mitarbeiter nicht über ihre
Gewerkschaftszugehörigkeit ausgefragt werden dürfen.
Diess sagt dazu, er habe lediglich bei einigen Beförderungen gezielt
nachgefragt, ob die betreffenden Personen in der Gewerkschaft seien. Falls
die Mitgliedschaft tatsächlich Grund für eine Beförderung gewesen sei, so
verstoße dies gegen die Unternehmenswerte: „Ein verantwortungsbewusstes
Management darf bei solchen Indizien nicht wegsehen.“ Das Thema steht dem
Vernehmen nach auf der Tagesordnung der Aufsichtsratssitzung an diesem
Freitag.
Der VW-Konzernbetriebsrat will den Streit um die angeblichen
Gewerkschaftsboni nicht ganz so hoch hängen. Viel wichtiger sei, wie der
sogenannte Zukunftspakt umgesetzt werden könne. Das Abkommen, auf das sich
Arbeitgeber und Arbeitnehmer bereits in Grundzügen geeinigt hatten, soll
die Neuausrichtung und den Personalabbau bei der Volkswagen AG regeln.
## Trotz Dieselgate keine allzu schlechte Stimmung
Noch offen ist etwa der Umgang mit den Leiharbeitern. Während der
Betriebsrat auf einer befristeten Übernahme der Leiharbeitnehmer besteht,
die bereits drei Jahre im Unternehmen sind, strebt das Management den Abbau
eben dieser Stellen an.
Vor der Versammlung war von beiden Seiten zu hören, dass man sich
angenähert habe. Es seien „konstruktive Gespräche“ geführt worden, „da…
haben sich erste Lösungsansätze abgezeichnet“, sagt der Betriebsrat. Andere
Streitpunkte wie die Auflösung einer dritten Schicht an einer Montagelinie
wurden ganz beigelegt. Insgesamt soll der Pakt Milliardeneinsparungen mit
Investitionen in Zukunftsbereiche wie IT, Dienstleistungen und E-Mobilität
ausbalancieren.
Betriebsratschef Osterloh sagte in seiner gestrigen Rede, mit dem
Zukunftspakt habe Volkswagen den Wandel hin zur Elektromobilität
eingeleitet. Er mahnte dafür eine stärkere Unterstützung der
Bundesregierung an. Die Stimmung bei der Betriebsversammlung sei nicht so
schlecht wie erwartet gewesen, berichteten Teilnehmer der taz. Das lag wohl
auch daran, dass die rund 120.000 im Haustarif Beschäftigten trotz der
Diesel-Krise für das vergangene Jahr jeweils 2.900 Euro Prämie bekommen
sollen. 2014 waren allerdings noch 3.950 Euro Prämie an die Mitarbeiter
ausgeschüttet worden.
21 Feb 2017
## AUTOREN
Reimar Paul
## TAGS
Dieselskandal
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Volkswagen
Wolfsburg
Betriebsrat
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Automobilindustrie
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CO2-Emissionen
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