# taz.de -- Russlands Präsident Putin in Ungarn: Zu Gast beim gelehrigen Schü… | |
> Für Wladimir Putin ist der EU-Quertreiber Victor Orbán ein nützlicher | |
> Idiot. Dem Kreml geht es darum, seinen Einfluss in Europa auszubauen. | |
Bild: Ungarns Regierungschef Victor Orbán (l.) und Russlands Präsident Wladim… | |
Moskau taz | Russlands Präsident Wladimir Putin lässt sich diese Chance | |
nicht entgehen. Mit einem Besuch in Budapest kann er dem heimischen | |
Publikum demonstrieren, dass er trotz westlicher Sanktionen in der EU gern | |
gesehen ist und sich an der westlichen Front der Sanktionsbefürworter | |
deutliche Lücken auftun. Wer will nach Russlands Syrien-Coup, Trumps Wahl | |
zum US-Präsidenten und einer Stippvisite in der EU eigentlich noch von | |
Moskaus Isolierung sprechen? | |
Zum dritten Mal treffen sich Ungarns Ministerpräsident Victor Orbán und | |
Kremlchef Putin seit 2015 auf bilateraler Ebene. Ungarn ist das einzige | |
EU-Land, das Putin nach der widerrechtlichen Annexion der Krim zum zweiten | |
Mal besucht. Im vergangenen Jahr kam Victor Orbán im Februar nach Moskau, | |
die jährliche Visite soll Usus werden. | |
Im Vorfeld der Budapest-Reise weilte Ungarns Außenminister Peter Szijjarto | |
Ende Januar in Russland. Der Kreml nahm mit Genugtuung auf, was er in einem | |
langen Interview dem Kommersant sagte: Die Sanktionen gegen Russland seien | |
„ineffektiv und schädlich“. | |
Peter Szijjarto beließ es dabei aber nicht. Seinen EU-Amtskollegen riet er, | |
häufiger russisches Fernsehen zu schauen, Erklärungen der politischen | |
Führung mehr Aufmerksamkeit zu schenken, damit sie Russlands Haltung besser | |
verstünden. Der Gastgeber war betört. Szijjarto hörte sich an, als buhle er | |
um die Wiederaufnahme in den russischen Orbit. | |
## Gleichgeschaltete Medien | |
Victor Orbán ist ein gelehriger Schüler des russischen Autokraten. | |
Ablehnung der EU und Verachtung westlicher Werte sind beiden gemein. | |
Wichtiger ist indes die Genauigkeit, mit der der Ministerpräsident das | |
russische Herrschaftsmodell nachahmt und auf Ungarn überträgt: | |
Gleichschaltung der Medien, Kontrolle der Regierung über die Legislative, | |
Strangulierung von NGOs und der Zivilgesellschaft mithilfe von Gesetzen, | |
die von russischen Originalen abgekupfert wurden. | |
Fast noch beunruhigender: Die Verteilung von Eigentum und Ressourcen folgt | |
Moskaus Blaupause und begünstigt meist die eigene Klientel. Die | |
Intransparenz staatlicher Geschäfte nimmt zu, bewusst werden Gesetze so | |
formuliert, dass Prüfungen nicht mehr möglich sind. Auch wachse die | |
Korruption stetig, lässt sich letzten Untersuchungen entnehmen. | |
Darunter die umfangreiche Studie vom Center for Strategic and International | |
Studies CSIS „Kremlin playbook: Understanding Russian Influence in Central | |
Europe“, ähnlich bewerten auch der Atlantic Council (The Kremlin’s Trojan | |
Horses) und Transparency International die Lage. Korruption zersetzt die | |
Funktionstüchtigkeit von Institutionen und vermindert staatliche | |
Leistungsfähigkeit. | |
Mithin setzt Moskau in Zentraleuropa Korruption als Instrument ein, um die | |
Staaten zu schwächen. Je größer etwa der Anteil russischer Gelder am BIP | |
eines Landes ausfällt, desto deutlicher sackt auch der Grad staatlicher | |
Regulierungsfähigkeit, stellt etwa die CSIS-Studie fest. | |
## Einfluss ausbauen | |
Russland will den Einfluss im ehemaligen osteuropäischen Satellitenbereich | |
erneut ausbauen. Dafür ist Euroskeptiker Victor Orbán nützlich. Der Kreml | |
sieht in ihm eine Kraft, die trotz aller Kritik an Brüssel die EU nicht | |
verlässt. Orbán soll als Dauerstörer bleiben. | |
Langfristig zieht das auch andere Nachbarn mit in den antieuropäischen Sog, | |
so das Moskauer Kalkül. Orbáns Partei Fidesz koaliert mit der | |
rechtsradikalen Partei Jobbik, zu der Russland auch Kontakte unterhält. | |
Obwohl Wladimir Putin für Victor Orbán Vorbild ist und der | |
Ministerpräsident dem Russen Avancen macht, traut ihm der Kreml nicht | |
vollends. Es ist eher ein pragmatisches Verhältnis, das Moskau zu dem | |
Magyaren unterhält. Nach 1990 war Orbán ein antikommunistischer | |
„Freiheitskämpfer“, der nur wenig Schmeichelhaftes über die ehemalige | |
Besatzungsmacht zu sagen hatte. | |
Nach seiner Amtsübernahme 2010 beklagte Orbán noch, die sozialistische | |
Partei hätte Ungarn russischen Interessen ausgeliefert. Inzwischen ist die | |
Abhängigkeit von Moskau noch gewachsen. So baut Russland das ungarische AKW | |
Paks in Eigenregie aus. | |
Auf Putins Besuchsprogramm steht auch die Einweihung eines Denkmals zu | |
Ehren gefallener Rotarmisten. Die Pflege historischer Gemeinsamkeit dürfte | |
schwierig werden. Noch gedenkt Ungarn der Niederschlagung des | |
antisowjetischen Aufstands 1956. Russland behauptet, Faschisten und CIA | |
hätten die Volkserhebung angezettelt. Budapest war darüber erbost. | |
2 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Helge Donath | |
## TAGS | |
Russland | |
Wladimir Putin | |
Ungarn | |
Viktor Orbán | |
Budapest | |
Wladimir Putin | |
Ungarn | |
Russland | |
Viktor Orbán | |
Ungarn | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Treffen zwischen Putin und Orban: Einigkeit in Budapest | |
Ungarns Premier und Russlands Präsident betonen ihre Gemeinsamkeiten. Putin | |
spendiert ein AKW und die ungarische Opposition protestiert. | |
Fake-Interview mit Viktor Orbán: Ein Inside-Job | |
Satire oder „Sabotage“? Unbekannte haben ein Orbán-Interview in einer | |
Lokalzeitung gefälscht. Vier Mitarbeiter wurden entlassen. | |
Essay Krise der westlichen Welt: Lehren aus Russland | |
Die liberale Ordnung könnte sich genauso schnell auflösen wie einst die | |
UdSSR. Triumphiert dann ein xenophober Populismus? | |
Preisverleihung an Orbán-Minister: Rechte für Menschenrechte | |
Ein Minister aus dem Kabinett von Ungarns Premier Viktor Orbán erhält in | |
Berlin einen Preis. Die CSU und Hans-OIaf Henkel gratulieren. | |
Aus Le Monde diplomatique: An der schwarzen Donau | |
Der ungarische Nationalismus floriert, politische Gegner werden | |
eingeschüchtert. Ultrarechte versammeln sich bei Pop-Events für die ganze | |
Familie. |