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# taz.de -- Preisverleihung an Orbán-Minister: Rechte für Menschenrechte
> Ein Minister aus dem Kabinett von Ungarns Premier Viktor Orbán erhält in
> Berlin einen Preis. Die CSU und Hans-OIaf Henkel gratulieren.
Bild: Menschenrechte sind unteilbar – es sei denn durch einen Grenzzaun
Berlin taz | Der Menschenrechtsaktivist Hans-Olaf Henkel, hauptberuflich
Europaabgeordneter der Splitterpartei LKR, ehemals Alfa, zuvor AfD, stellt
erst mal etwas klar: Erstens: Seit zwanzig Jahren engagiere er sich bei
Amnesty International. „Ich brauche also von niemandem Nachhilfe in Sachen
Menschenrechte.“ Zweitens: Es gebe keinen Grund für die Arroganz, mit der
deutsche Politiker über Kollegen in Osteuropa herfielen. „Die Regierungen
in Ungarn und Polen brauchen von Deutschland keine Nachhilfe in Sachen
Demokratie.“
Keine Nachhilfe. In Ordnung. Wir wollen uns daran halten.
Mittwochabend in den Räumen des Berliner Mauermuseums am Checkpoint
Charlie: Hans-Olaf Henkel spricht die Würdigung,
CSU-Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer die Laudatio auf Zoltán
Balog. Der Ungar amtiert unter Ministerpräsident Viktor Orbán als Minister
für Humanressourcen. An diesem Abend erhält er die
Rainer-Hildebrandt-Medaille für Menschenrechte.
Ein Minister Orbáns? Eine Medaille? Für Menschenrechte?
Alexandra Hildebrandt koordiniert seit über zehn Jahren die Verleihung der
Auszeichnung. So will sie an ihren verstorbenen Ehemann erinnern. Rainer
Hildebrandt leistete vor 1945 Widerstand gegen die Nazis, später gegen das
DDR-Regime. In Westberlin gehörte er zu den emsigsten Antikommunisten. In
diesem Sinne ist jetzt auch die Preisverleihung an den Ungarn Balog zu
verstehen.
Der ehemalige Gemeindepfarrer und Theologe gehörte vor dem Fall des
Eisernen Vorhangs ebenfalls zu den Gegnern der Regime in Osteuropa. Im Jahr
1989 betreute er als Seelsorger DDR-Flüchtlinge in Ungarn. Die Jury
schreibt in ihrer Begründung: „Balog war schon in Zeiten der
kommunistischen Diktatur als Mittler zwischen der kirchlichen Opposition in
Ungarn und der DDR aktiv.“
Und was ist mit Balogs Regierungskarriere?
Seit 2012 amtiert er als Minister, in seine Zuständigkeit fällt auch der
Schutz von Minderheiten. Balog selbst rühmt sich damit, die Situation der
Roma im Land zu verbessern. Kritiker sehen das anders.
„Er hält es für richtig, Roma-Kinder in segregierten Schulen zu
unterrichten“, sagt Tibor Rácz, ungarischer Journalist und selber Rom. „Er
ist Minister einer Regierung, die die Menschenrechte und die
Meinungsfreiheit mit Füßen tritt.“
Man könnte nun also auf den Gedanken kommen, der Preisträger habe den Preis
überhaupt nicht … nein, keine Nachhilfe. Hören wir lieber Balog selbst zu.
Im Mauermuseum redet der 58 Jahre alte Politiker mit sanfter Stimme. Auch
als er am Ende seiner Dankesrede die Flüchtlingspolitik der EU anspricht.
„Wir haben Streit in Europa und die ungarische Regierung ist Teil dieses
Streits“, sagt der Minister. Aber wenn das Fundament stimme, könne Streit
auch fruchtbar sein.
Minuten zuvor klang Johannes Singhammer ganz ähnlich. In seiner Laudatio
sprach auch der CSU-Politiker über Europa – und über eine Hoffnung. „Wir
brauchen eine neue Sinnstiftung für Europa. Das könnte die Sicherung der
gemeinsamen Außengrenzen sein“, sagte der Vizepräsident des Bundestags.
Ein Plädoyer für einen stärkeren Grenzschutz, ausgesprochen während einer
Menschenrechtsveranstaltung in einem Mauermuseum.
Man könnte auch an dieser Stelle … aber nein, das würde Hans-Olaf Henkel
ebenfalls nicht gefallen.
15 Dec 2016
## AUTOREN
Tobias Schulze
## TAGS
Viktor Orbán
Menschenrechte
Flüchtlinge
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