| # taz.de -- Verfassungsreferendum in der Türkei: Die Opposition glaubt an den … | |
| > Staatschef Erdoğan muss bei der Volksabstimmung im April um die Mehrheit | |
| > bangen. Für seine Gegner ist das wohl die letzte Chance, ihn zu stoppen. | |
| Bild: Kann sich einer Mehrheit am 16. April nicht sicher sein: der türkische P… | |
| Istanbul taz | „Eine Nation, eine Fahne, ein Vaterland, ein Staat“. Daneben | |
| der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan mit einer gigantischen | |
| türkischen Fahne im Hintergrund. Mit diesen Plakaten startete in dieser | |
| Woche die regierende AKP in den Wahlkampf für die Abstimmung über eine neue | |
| Präsidialverfassung, die nach einer Entscheidung der Wahlkommission am 16. | |
| April stattfinden wird. | |
| Der Slogan von Erdoğan hat eine klare Message: Wer im April gegen die neue | |
| Verfassung stimmt, ist gegen die Nation, gegen das Vaterland und ein | |
| Verräter an Fahne und Staat. Erdoğan und sein Ministerpräsident Binali | |
| Yıldırım haben schon während der laufenden Abstimmung im Parlament im | |
| Januar keine Gelegenheit ausgelassen, potenzielle Nein-Sager in die Nähe | |
| des Terrorismus zu rücken. Die PKK sage Nein, donnerte Yıldırım bei | |
| diversen Auftritten, und die (oppositionelle) CHP tue es ihr gleich. | |
| „Natürlich sagen wir Ja, wozu die Terroristen Nein sagen.“ | |
| Als Erdoğan am Sonntag zu einem Kurztrip nach Bahrein und Saudi-Arabien | |
| startete, setzte er am Flughafen noch eins drauf und sagte: Nein-Sager | |
| seien, genauso wie die Putschisten vom 15. Juli, Feinde des Volkes. | |
| Selbst für AKP-Wahlkämpfe ist diese Tonlage schrill. Sie verrät vor allem | |
| eins: Bei der Abstimmung geht es für Erdoğan um alles und er ist sich | |
| überhaupt nicht sicher, dass er gewinnen wird. Erdoğan will sich mit der | |
| neuen Verfassung umfassende exekutive und legislative Kompetenzen | |
| verschaffen. Die Bedeutung des Parlaments soll stark eingeschränkt werden. | |
| Auch in Bezug auf die Justiz wird die Gewaltenteilung ausgehebelt. | |
| ## Monatelange Hexenjagd | |
| Eine Mehrheit der Bevölkerung, selbst unter den AKP-Wählern, hat in den | |
| letzten Jahren, in denen Erdoğan für eine entsprechende Verfassungsänderung | |
| geworben hatte, nie eingesehen, warum eine solche „Reform“ notwendig sein | |
| soll. Nach allen Umfragen, die bislang bekannt geworden sind, ist das trotz | |
| Putschversuch, Ausnahmezustand und der monatelangen Hexenjagd gegen die | |
| Opposition immer noch so. Gäbe es eine faire Wahl, bekäme Erdoğan maximal | |
| 44 Prozent. | |
| Deshalb hat er drei Wochen gezögert, die im Parlament bereits am 21. Januar | |
| beschlossene Verfassungsänderung zu unterschreiben, um so den Termin für | |
| die Volksabstimmung hinauszuschieben. Jetzt werden alle staatlichen | |
| Ressourcen für die Ja-Kampagne mobilisiert und Leute, die für ein Nein | |
| werben, kriminalisiert. | |
| Plakatkleber der Nein-Kampagne wurden festgenommen, ein bekannter | |
| Fernsehmoderator, İrfan Değirmenci, der in privaten Tweets erklärt hatte, | |
| warum er für „Nein“ stimmen wird, wurde gerade vor zwei Tagen von seinem | |
| Sender Kanal D gefeuert. „Es ist zwar nicht offiziell verboten, mit Nein zu | |
| stimmen“ schrieb der Kolumnist Murat Yetkin, „aber es gehört Mut dazu, sich | |
| zum Nein zu bekennen“. | |
| Trotzdem sind die Aktivisten für das Nein voller Hoffnung. Die schlechten | |
| Umfragewerte Erdoğans beflügeln sie. Das Wissen darum, am 16. April die | |
| letzte Chance zu haben, den Weg in eine Diktatur zu stoppen, mobilisiert | |
| die Leute. | |
| ## Von Haus zu Haus | |
| Weil die Massenmedien ausschließlich für Erdoğan trommeln, will die CHP | |
| einen Wahlkampf von Haus zu Haus machen und bekommt viel Unterstützung | |
| dafür. Außerdem können die Nein-Sager davon ausgehen, dass sie viele | |
| heimliche Unterstützer haben. | |
| „Erdoğan hat sich in den letzten 15 Jahren auch in seiner eigenen Partei | |
| viele Feinde gemacht“, sagt ein Nein-Aktivist. „Die werden jetzt ihre | |
| Chance wahrnehmen. Am 16. April geht es nicht um Parlamentssitze, es geht | |
| nicht um die Partei, es geht nur um Erdoğan. Da werden dann Rechnungen | |
| beglichen.“ | |
| 16 Feb 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Jürgen Gottschlich | |
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