# taz.de -- Vergoldetes vergeistigtes Metall: Buddha findet Platz in Bremen | |
> Nachdem er rituell befüllt worden ist, wird der Friedens-Buddha in der | |
> Bremer Botanika sich in einen Kultgegenstand verwandelt haben | |
Bild: Wenn’s fertig ist, soll es so aussehen: ein goldiges Kerlchen neben pin… | |
BREMEN taz | Welche Ruhe! Welche Kraft! Welch massige Gestalt mit einem | |
fast kindlich kleinen Kopf! Eine fast drei Meter hohe Buddha-Figur soll | |
künftig im Bremer Science-Center Botanika sitzen, golden glänzen und ihren | |
friedlichen Geist über Europa ausatmen – als Friedens-Buddha. | |
Um empfinden zu können, was die Ausstrahlung einer solchen Statue bedeuten | |
kann, muss man sein säkulares „Ich denke, also bin ich“ vergessen. Eine | |
Stunde in dem Rhododendron-Park sitzen, einfach die Ruhe genießen, in die | |
Natur und den Klang der Vogelwelt eintauchen. Das ist die Umgebung, in der | |
der Buddha wirken soll, der Anfang Januar in einer großen Holzkiste auf | |
einem Autotransporter aus Indien angeliefert wurde. Derzeit gibt es nur | |
Modelle davon, wie es einmal werden soll. Im August wird die Statue | |
geweiht. Die Zeremonie will gut vorbereitet sein und wird einige Tage | |
dauern. 450 Kilo wiegt die Statue, 650 Kilogramm Mantra-Rollen sind | |
mitgekommen – als geistige Füllung. | |
Zeit ist nicht Geld für die buddhistische Philosophie, im Gegenteil: Geld | |
kostet Zeit. Die buddhistische Spiritualität ist das krasse Gegenstück zu | |
der säkularisierten westlichen Zivilisation. Wo uns in der | |
jüdisch-christlichen Tradition Götterstatuen verboten sind und wir uns mit | |
Ersatz-Objekten wie heiligen Büchern, Marienbildern und Gebetskränzen | |
zufrieden geben müssen. Da darf der Buddhist dem großen Meister in die | |
Augen schauen, er soll sich geradezu in das visuelle Erlebnis seines | |
Anblicks versenken. | |
Es gibt strenge Vorgaben, wie ein Buddha aussehen soll und wie nicht. Wo in | |
den aufgeklärten Religionen mehr schlecht als recht versucht wird, die | |
alten mythischen Erzählungen mit dem säkularen Weltbild zu harmonisieren, | |
da lehrt Buddha schlicht: Das Ich ist eine Illusion, ein Kulturprodukt, | |
vergiss alles – „Om mani padme hum“. Die ganze Weisheit liegt in den | |
Mantras, die dir helfen, zur Ruhe zu kommen. | |
## Einzigartige Botanika | |
Das Bremer Science-Center Botanika ist eine Ausstellung zur Biodiversität | |
und Artenvielfalt und präsentiert daneben auch viele Elemente aus dem | |
buddhistischen Kulturkreis. Eine über zwei Meter hohe tonnenschwere | |
Gebets-Mühle gibt es dort mit 168 Millionen Mantras, und vor der Botanika | |
steht eine „Stupa“, auch so ein heiliges Objekt, ein Monument für Glück u… | |
Frieden. Im Himalaya-Gewächshaus liegt außerdem ein Nirwana-Buddha, die | |
größte bronzene Buddha-Statue dieser Art in Europa. Ein reicher asiatischer | |
Kaufmann hatte diese Statue für sich bestellt, war aber vor deren | |
Fertigstellung verstorben. Ein Mitarbeiter des Bremer Umweltressorts hatte | |
ihn 1995 in der Werkstatt des Künstlers in Indien entdeckt, 2011 hatte man | |
sich endlich auf einen Preis geeinigt. Die Statue zeigt Buddha, der auf der | |
rechten Seite liegend ins Nirwana eingeht, Buddha stirbt glücklich | |
lächelnd, da er den Kreislauf des ewigen Wiedergeborenwerdens durchbrochen | |
hat. | |
„Die Botanika in Bremen ist europaweit einzigartig“, hat Lama Doboom Tulku, | |
der Direktor des Tibet House Neu-Delhi im Jahre 2004 bei seinem Besuch in | |
Bremen erklärt, „hier wird einerseits die Natur der Himalayaregion auf | |
anschauliche Weise einer breiten Öffentlichkeit präsentiert, andererseits | |
sind buddhistische Elemente – wie Gebetsmühlen oder eine Mani-Mauer in die | |
außergewöhnliche botanischen Sammlung integriert“. | |
Das Besondere: Die Kult-Objekte stehen nicht hinter den verschlossenen | |
Türen eines buddhistischen Tempels, sondern an einem Ort, der allen | |
Menschen zugänglich ist. Den Friedens-Buddha wird man, wenn er im August | |
aufgestellt ist, eintrittsfrei besuchen können. | |
Bisher ist der Buddha nur ein hohles Stück Metall mit einem | |
Blattgold-Überzug, von Handwerkern in Indien geformt. Damit sie ihre | |
Wirkung entfalten kann, muss die Statue geweiht werden. Die Buddha-Gestalt | |
wird damit zu einem „Segensobjekt“, und die Mantra-Rollen, mit denen er | |
gefüllt werden soll, sind „Schutzlaute“, erklärt Stefanie Karrasch vom | |
buddhistischen Diamantweg-Zentrum Hamburg. | |
## Getaucht in Safranwasser | |
Sie ist eine von zwölf Personen weltweit, die lehren dürfen, wie man | |
rituell Statuen füllt. Sie wird im Sommer nach Bremen kommen und die | |
Zeremonie hier begleiten. Die Papierrollen mit ihren aufgedruckten Mantras | |
repräsentieren die Rede Buddhas. Das Papier der Mantra-Rollen wird in | |
Safranwasser getaucht, eine Substanz, die das Papier gelb einfärbt und es | |
gleichzeitig spirituell „reinigt“, und dann in Stoff eingeschlagen. Sie | |
müssen aufrecht in der Buddha-Gestalt stehen. | |
„Sie können mit Fäden in den fünf Weisheitsfarben umwickelt werden. Die | |
Oberseite jeder Rolle wird rot markiert, da die Mantra-Rollen aufrecht in | |
die Statue gegeben werden“, erklärt Stefanie Karrasch. Zusätzlich zu den | |
Mantras kommen Halbedelsteine sowie verschiedenen wohlriechenden Blüten und | |
Kräuter in die Gestalt und eine Eiben-Stock, dessen Spitze genau das | |
„dritte Auge“ des Buddha berühren muss. | |
Danach ist er dann nicht nur ein mit einer halben Tonne Papier gefülltes | |
hohles Stück Metall mit Blattgoldüberzug – sondern für Anhänger des | |
Buddhismus ein Kultgegenstand. In der Botanika vervollständigen diese | |
kulturellen Gegenstände in den authentische Landschaften darstellenden | |
Gewächshäusern von Borneo-Neuguinea und dem Himalaya den Eindruck der ganz | |
anderen Welt, in die die Besucher dort eintauchen sollen. | |
Dass in der Botanika nicht nur die Natur, sondern auch die Kultur | |
dargestellt wird, geht auf die Initiative eines Mitarbeiters der | |
Umweltbehörde zurück, in der vor mehr als 15 Jahren das Konzept entwickelt | |
wurde. Immer wieder gab es bei der Umsetzung kleine Bremsversuche, einmal | |
gab es sogar einen evangelikalen Geschäftsführer, der die buddhistischen | |
Elemente als Konkurrenz und nicht als Bereicherung begriff und erklärte, er | |
würde gern der Figur des sterbenden Buddha die christliche des | |
Auferstandenen entgegenhalten. | |
Mit dem Friedens-Buddha ist nun aber die Krönung dazu kommen. Er ist ein | |
Geschenk Seiner Heiligkeit des Dalai Lama, der auf jedem Kontinent der Erde | |
eine Buddha-Statue als Symbol des Friedens und der Völkerverständigung | |
aufstellen möchte. Der erste Friedens-Buddha steht im Jayanti Park von Neu | |
Delhi – für Asien. Der zweite soll in Bremen stehen – für Europa. Lama | |
Doboom Tulku, ein großes Tier in der tibetanischen Hierarchie, sei sogar | |
eigens angereist, um den Standort zu prüfen, heißt es auf der Seite | |
F[1][riedens-buddha.de] | |
Die Statue strahlt Weisheit aus – wie eine Gebets-Mühle, die gedreht werden | |
kann und so gute Wünsche aussendet. Bei den Mantras geht es aber nicht um | |
Texte in unserem Sinne, sondern um Schutzlaute, die gemurmelt werden, um | |
eine lautmalerische Darstellung eines Kraftfeldes, eine „Laut-Ikone“ könnte | |
man sagen. Das „mani padme“ steht für „Mitgefühl“. Das klingt geheimn… | |
und das soll es auch, Menschen brauchen gute Geister und geheimnisvolle | |
Zeremonien – das weiß doch jedes Kind. | |
Und hat die Idee, eventuell als Schmetterling wiedergeboren zu werden, | |
nicht etwas Verzaubernd-Erleichterndes? Gerade im Kontrast zur | |
Sündentheologie, mit der die augustinisch-lutherische Tradition die | |
Christenmenschen ihrem Gott unterwürfig macht? Aber auch der Buddhismus | |
verliert, wenn er in der säkularen Welt wie eine pragmatische | |
Entspannungs-Technik wahrgenommen wird und bloß als Kontrastfolie zum | |
Alltag dient, seinen mystischen Ernst. Das soll dem Friedens-Buddha nicht | |
passieren. | |
6 Feb 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.friedens-buddha.de | |
## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
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