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# taz.de -- Spur zur Natur: Zeitspiel im Science-Dschungel
> Das„Entdeckerzentrum“ im „Science Center“ Botanika ist umgestaltet
> worden. Es verspricht tolle Einblicke – für alle, die sich auf die
> „Pflanzen-Zeit“ einlassen.
Bild: Alles so schön grün hier.
BREMEN taz | Kaum erkennbar sitzt das braun gemusterte Panther-Chamäleon
auf einem braunen Ast, unbeweglich nach dem Maßstab der Zeit der Menschen.
„Er muss sich noch an die neue Umgebung gewöhnen, Vertrauen finden, dann
wird er aktiver“, sagt der Besucher-Führer. Auf einer Schautafel neben ihm
ist das holzfarbene Chamäleon kunterbunt abgebildet, als wäre es mit einem
selbst gestrickten Pullover bekleidet. Das Panther-Chamäleon tarnt sich
nicht nur, es kommuniziert auch: Mit der Farbe signalisiert es Artgenossen,
in welcher Stimmung es ist. Bunt bedeutet sexfreudig.
Dieses Panther-Chamäleon ist also gerade nicht in Stimmung. Es versteckt
sich inmitten der Pflanzen im neuen „Entdeckerzentrum“ der Botanika in
Bremen. Als tierischer Verbündeter hat es sich – wie viele Tiere – an die
„Zeit der Pflanzen“ angepasst, woran sich der Mensch erst noch gewöhnen
muss: Zwar gibt es faszinierende Kurzfilme über die Geheimnisse der Natur,
aber die „Zeit der Pflanzen“ ist eine andere als die der hektischen
Multimedia-Welt. Wer sie verstehen will, muss genau hinschauen und sich
Zeit nehmen – und dazu lädt das grüne Science-Center mit seiner neuen
Dauerausstellung ein.
Auf 1.000 Quadratmetern gibt die Botanika neue Einblicke in die Vielfalt
der Natur: mitten im Rhododendronpark und mitten in den großen
Gewächshäusern, in denen die tropische Vegetation Borneos hautnah und
sinnenreich nachempfunden werden kann – mit buddhistischen Gebetsmühlen,
einem Teehaus und der größten liegenden Buddha-Statue, die außerhalb Asiens
zu bewundern ist.
Ob Bienen Sex mit Blumen haben, Bananen Leuchtreklame machen oder wie
Pflanzen erwachsen werden – wer sich von solchen Fragen antörnen lässt, ist
im „Entdeckerzentrum“ genau richtig. „Hier kann ich lernen, dass Pflanzen
Lebewesen sind“, schwärmt der Chef der Bremer Tourismus-Werbung, Peter
Siemering.
Die meisten Pflanzen etwa wetteifern um den besten Platz an der Sonne und
entwickeln dafür intelligente Techniken: als Baumaterial dienen stabile
Stängel, in denen Wasser und Nährstoffe aus dem Boden in die höchsten
Wipfel transportiert werden müssen. Zucker kann auch in der umgekehrten
Richtung transportiert werden. Den Kletter-Rekord der Pflanzen hält
übrigens nicht der Hopfen (bis 30 Zentimeter am Tag) oder der Bambus (bis
70 Zentimeter), sondern der wilde Wein – er schafft es auf einige Meter am
Tag.
Welche Transport-Hilfen die Pflanzen für ihre Samen nutzen, zeigt eine zwei
mal vier Meter große interaktive Plexiglas-Scheibe: Je nachdem, welche
Pflanze per Druck-Knopf „aktiviert“ wird, stößt etwa das Springkraut seine
Samen wie ein Katapult aus, lassen Pflanzen ihre Samen mit einer Art
Hubschrauber-Propeller umherfliegen oder „bestellen“ sich eine Maus, die
die Samen verbreiten.
Das Science-Center bietet solche Mitmach-Stationen für Kinder und auch für
Studierende, die hier an besonderen Mikroskopen arbeiten können. Mehrere
Video-Stationen liefern Erklärungen, aber wie so oft in solchen
Science-Centern sieht man umso mehr, je mehr man an Wissen und an Fragen
mitbringt. Insbesondere für Schulklassen bietet ein Entdecker-Labor daher
Möglichkeiten der Vorbereitung.
Schon vor der Eröffnung am vergangenen Samstag war der Umweltbiologe
Dietmar Zacharias von der Hochschule Bremen mit seinen Studierenden da.
„Ich mag Pflanzen“, bekennt er. Und dann ist klar: „Man muss hier öfter
herkommen.“ Der Mikrobiologe Matthias Ullrich von der Bremer Jacobs
University ist auch öfter da. Die Rhododendren locken ihn, der Bremer Park
hat die zweitgrößte Sammlung unterschiedlicher Rhododendren der Welt. In
Asien wird Rhododendron in der Naturheilkunde eingesetzt. Ullrich versucht
Substanzen zu identifizieren, die das Bakterienwachstum hemmen und aus
denen eventuell neue Antibiotika entwickelt werden können. Im neuen
Entdeckerzentrum erklärt er per Video seinen Arbeitsansatz.
Zwei Millionen Euro hat der Umbau des Entdeckerzentrums gekostet, bei
70.000 BesucherInnen, die in der Botanika jährlich erwartet werden, lassen
sich solche Investitionen nicht refinanzieren. Das Stadtmarketing tut
alles, um die Einnahmen zu erhöhen – sogar heiraten kann man in dem
idyllischen Setting inzwischen. Die Stadt weiß, dass so ein Science-Center
auf Zuschüsse angewiesen ist. Marketing-Chef Siemering liebt es dennoch –
weil es eines der „Alleinstellungsmerkmale“ Bremens ist im Städtetourismus.
##
23 Mar 2015
## AUTOREN
Klaus Wolschner
## TAGS
Bremen
Botanika
Buddha
Schifffahrt
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