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# taz.de -- Weniger asylfeindliche Proteste: Rechtsextreme dominieren Demos
> Harmlose Namen, rechtsextreme Inhalte: das Erfolgsrezept asylfeindlicher
> Kundgebungen. Die werden laut einer Studie zwar weniger, aber dafür
> radikaler.
Bild: Gegendemonstranten bieten Pogida im Februar 2016 die Stirn
Potsdam epd | In Brandenburg hat es in den vergangenen zwei Jahren so viele
asylfeindliche und rechtsextreme Aufmärsche gegeben wie nie zuvor. Das ist
das Ergebnis einer neuen Studie des Potsdamer Moses-Mendelssohn-Zentrums
(MMZ), die am Mittwoch vorgestellt wurde. 2015 wurden demnach 105 solcher
Aktionen mit mindestens 50 Teilnehmern gezählt, 2016 waren es 100. An
diesen Aufmärschen beteiligten sich 2015 insgesamt rund 23.300 Personen,
2016 waren es rund 17.300 Teilnehmer.
Damit sei ein Mobilisierungsniveau erreicht worden, „das es im heutigen
Land Brandenburg so noch nie gegeben hat“, sagte der Wissenschaftler
Christoph Schulze. Der weitaus größte Teil der Aufmärsche habe sich gegen
die Flüchtlingspolitik gerichtet, klassische rechtsextreme Themen wie die
Geschichtspolitik seien nur Randerscheinungen gewesen. In den Jahren 2000
bis 2014 wurden in Brandenburg pro Jahr vier bis elf einschlägige
Straßenaktionen mit mindestens 50 Personen erfasst.
Schwerpunkte der vergangenen beiden Jahre waren das Havelland und der
Landkreis Elbe-Elster mit jeweils 16 derartigen Aktionen und die
Landeshauptstadt Potsdam mit zwölf Aufmärschen. Die größten Demonstrationen
fanden im Januar 2016 mit rund 580 Teilnehmern in Rathenow und rund 600
Personen in Lübben sowie im Februar 2016 mit rund 675 Teilnehmern in
Oranienburg statt.
Den größten Zulauf hatten der Studie zufolge Veranstaltungen von
Gruppierungen, die sich als parteiübergreifende, prodemokratische und
nicht-extremistische Bürgerinitiativen darstellten, aber wesentlich von
rechtsextremen Akteuren und Positionen geprägt waren. Dazu zählen
verschiedene von der NPD beeinflusste sogenannte „Abendspaziergänge“ in
Oberhavel, die „Pogida“-Aktionen in Potsdam und die
„Bürgerbündnis“-Veranstaltungen in Rathenow.
## Kleinere, aber radikalere Kundgebungen
Rechtsextreme seien an der Initiierung der Proteste beteiligt und bei den
Demonstrationen und Kundgebungen „sehr stark präsent“ gewesen, betonte
[1][Gideon Botsch], Leiter der neuen Emil-Julius-Gumbel-Forschungsstelle
des MMZ über Antisemitismus und Rechtsextremismus. Sie hätten dabei die im
Zusammenhang mit der Zuwanderung von Flüchtlingen polarisierte Stimmung
ausgenutzt, um ihre Positionen zu verbreiten.
Neonazi-Organisationen wie die NPD und „Der III. Weg“ hätten eine Vielzahl
kleinerer Kundgebungen veranstaltet, von denen jedoch nur sechs mehr als 50
Teilnehmer erreichten, hieß es weiter. Die Zahl der Aufmärsche sei in den
vergangenen Monaten wieder zurückgegangen, zugleich sei jedoch eine
Radikalisierung festzustellen, sagte Schulze. In den letzten drei Monaten
des vergangenen Jahres seien fünf asylfeindliche und rechtsextreme
Aufmärsche mit mehr als 50 Teilnehmern erfasst worden.
Beim Rückgang der im Herbst 2015 begonnenen Demonstrationswelle ab Mai 2016
spielten vermutlich verschiedene Faktoren ein Rolle, darunter auch die
Schließung der von Flüchtlingen genutzten Balkanroute, sagte Schulze. Für
die Studie wurden den Angaben zufolge auch Mobilisierungsplattformen für
die Aufmärsche ausgewertet. Wichtigstes Medium sei dabei Facebook gewesen.
Mit der Studie wurden den Angaben zufolge die ersten Ergebnisse der neuen
Forschungsstelle vorgestellt. Der Mathematiker Emil Julius Gumbel
(1891-1966) hatte in den 20er Jahren mit wissenschaftlichen Methoden die
Netzwerke der extremen Rechten in der Weimarer Republik untersucht.
25 Jan 2017
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