Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Liedermacherin in Berlin: Von Kugelkörpern und Tierliebe
> Gegen soviel Freundlichkeit kann man sich kaum wehren. Fee Badenius tritt
> am Freitag und Samstag in Friedrichshain im Zebrano-Theater auf.
Bild: Der „Hauptgewinn“ sitzt an der Theke. Die Sängerin versprüht auch i…
„Wäre eigentlich nett, mit so’n paar Akkorden Lieder begleiten zu können�…
dachte sich Felicitas Badenius als Jugendliche. Mit 18 bekam sie eine
Gitarre zu Weihnachten und brachte sich das Spielen mit dem Buch „Gitarre
lernen ohne Noten“ bei. Zunächst vertonte die Lübeckerin eigene Gedichte in
„einer Art musikalischem Tagebuch“. 2009 ermutigte sie ihr damaliger Freund
und heutiger Mann, der Kabarettist Rene Sydow, ihre Demoaufnahmen beim
Stuttgarter Liedwettbewerb Troubadour einzureichen. Sie gewann prompt den
Nachwuchsförderpreis.
Gitarrenunterricht zu nehmen, probierte sie später doch einmalig – und
bekam die Ansage, dass sie sich „schon so viel falsch angewöhnt habe, dass
es schwer sei, es nochmal klassisch zu lernen“.
Geschadet hat das der Sängerin offensichtlich nicht. Mittlerweile tritt sie
als Fee Badenius auf diversen Kabarettbühnen auf. Seit ein paar Jahren
steht sie dabei nicht mehr alleine vor ihrem Publikum, sondern wird von den
Musikern Johannes Still am Klavier und Akkordeon, Jochen Reichert am
Kontrabass und Christoph Helm an Schlagzeug und Percussion begleitet. Ihr
drittes, im Dezember erschienenes Album „Feederleicht“ ist das erste mit
Band.
## Singende Lehrerin
Nach dem Abitur im hohen Norden verschlug es Badenius 2006 nach Witten im
Ruhrgebiet, wo sie bis heute lebt. Spricht sie von ihrer Musik, hört man
ihre Begeisterung und Leidenschaft. Trotzdem fährt die Sängerin beruflich
zweigleisig – ebenfalls aus Überzeugung. In einer Art „Parallelleben“
arbeitet sie als Lehrerin an einer Waldorfschule.
Anfangs war die Anstellung in der Schule auch eine finanzielle
Grundsicherung, die es Badenius erlaubte an ihren Liedern zu arbeiten.
Mittlerweile hat sie genügend Auftritte und müsste aus finanziellen Gründen
nicht mehr unterrichten: „Ich bin mittlerweile nur noch Lehrerin, weil ich
es gerne mache und mir die Schüler ans Herz gewachsen sind.“
Wenn sie ihre eigene Klasse in anderthalb Jahren abgibt, möchte Badenius
erstmals ausprobieren, wie es ist, nur Musik zu machen. Denn stets beide
Leben unter einen Hut zu bekommen, klappe nur durch die Unterstützung ihrer
Schule. Für attraktive Auftritte bekomme sie auch mal frei: „Die finden
das, glaube ich, ganz gut, dass ich mich auch noch anderweitig austoben
kann“, sagt Badenius mit bestechender Fröhlichkeit. Trotzdem vermische sie
ihre beiden Lebensmittelpunkte nicht: „Ich singe auch mit meinen Schülern.
Aber nicht meine eigene Lieder.“ Indem sie die Musikerin von der Lehrerin
trennt, hätte sie, so Badenius, „wohl zwei Persönlichkeiten“.
## Liebe geht durch den Magen
In ihrem Lied „Wäre besser“ hinterfragt Badenius dann die eigene
Persönlichkeit. „Es wäre besser, wenn ich manchmal etwas heller wär, wenn
ich schöner wär“, heißt es da. Doch spricht man mit der Sängerin, hat man
das Gefühl, dass sie mit ihrer eigenen Fehlbarkeit nicht hadert, sondern
sie auch begrüßt. Ironisch setzt sie sich in ihren Liedern mit den eigenen
Schwächen auseinander. In ihrem Lied „Körperformen“ thematisiert sie Diä…
und den Wunsch nach einer schlanken Taille, kommt schließlich zum Schluss
„der perfekte geometrische Körper ist die Kugel“.
Dabei finden die vielen Bezüge zum Essen nicht zufällig in die Lieder der
Sängerin. Sie findet, dass es „im Bereich des kulinarischen viele
Möglichkeiten gibt, um Zweideutigkeiten an- und auszusprechen“. Außerdem,
lacht Badenius, esse sie einfach gerne und sei „ein Genussmensch“.
Doch die Frau mit dem strahlenden Lächeln und den langen braunen Haaren
formuliert auch Zeilen wie „Ich bin dein Hauptgewinn und du meine Niete“.
Zugegeben, dabei wirkt sie so freundlich, dass man der Sängerin ohne
Kränkung sofort ein neues Los kaufen würde. Mit einer stimmlich fast
kitschigen Einfühlsamkeit schafft sie es, wortgewandt über Verflossene zu
spotten. Ihre implizierte Gesellschaftskritik formuliert sie humorvoll und
erhebt sich nicht über ihre Zuhörer. Vielleicht ist das ein Grund, warum
ihre Lieder zwar zum Nachdenken anregen, aber keine anhaltende Schwere
erzeugen.
Ähnlich wie die Sängerin ihren Charakter beschreibt, ist auch ihre neue CD
„Feederleicht“ mal fröhlich und sprunghaft, mal melancholisch und
nachdenklich. Ihre Lieder entstünden häufig durch Themen, die sie länger
beschäftigten und sich dann „einen Kanal durch ein Lied suchen“, erklärt
die 30-Jährige. So thematisiert „Durchreise“ mitfühlend die Situation von
ankommenden Flüchtlingen, die nirgendwo bleiben können. Badenius stellt
sich die Frage, wonach man sich in solch einer Situation sehnt, was ein
Zuhause ausmache. Dieses Lied auf die CD zu bringen, war ihr wichtig.
Doch ihre humorvollen Stücke gehören ebenfalls unzertrennlich zu Fee
Badenius. Denn Moral und guter Wille werden im Alltag immer wieder
herausgefordert: „Ich wär so gerne lieb zu allen Tieren. Nur warum hat Gott
sie so lecker gemacht?“ fragt sie mit unschuldiger Stimme in „Fleisch ess
Lust“. Ob die Wahl-Ruhrpottlerin mit ihrem lockeren Auftreten auch die
Zuhörer in Berlin überzeugt, bleibt abzuwarten. Mit Themen von Ex über
Engagement bis hin zum Essen hat sie vermutlich eine gute Trefferquote.
27 Jan 2017
## AUTOREN
Linda Gerner
## TAGS
Liedermacher
Berlin Kultur
Friedrichshain
Gitarre
Elektro
Datenschutz
DDR
## ARTIKEL ZUM THEMA
The xx mit neuem Album: Intimität als Show
Am Freitag erscheint „I See You“, das neue Album von The xx. Und
tatsächlich hat sich die britische Band damit neu erfunden.
Geschäfte, die nach der Postleitzahl fragen: Die 25541 gegen's Datensammeln
Der Liedermacher Christoph Weiherer ruft zu zivilem Ungehorsam auf. Er will
die großen Konzerne mit Verwirrung ärgern.
Wolf Biermann zum 80. Geburtstag: Die Weltgeschichte im Blick
Er war wunderbar. Bis er sich an sich selbst berauschte. Drei Würdigungen
zum 80. Geburtstag von Wolf Biermann.
Montagsinterview mit Sebastian Nitsch: "Der alltägliche Wahnsinn"
Im Friedrichshainer Zebrano-Theater steigt im April die Premiere von
Sebastian Nitschs erstem Soloprogramm "Unsterblichkeitsbatzen". Beworben
wird es als "Komik zwischen Feingeist und grober Leberwurst".
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.