# taz.de -- Behörden und der Terrorfall Al-Bakr: Nicht völlig versagt | |
> Die Expertenkommission zum Fall al-Bakr legt ihren Bericht vor: Behörden | |
> hätten keine Regeln verletzt, aber „grobe Fehleinschätzungen“ getroffen. | |
Bild: Dumm gelaufen: Am Ende war der Verdächtige tot | |
DRESDEN taz | Im Fall des im Oktober 2016 in Sachsen festgenommenen | |
Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr hat eine Expertenkommission die | |
Geheimdienste gelobt, die Verfolgungsbehörden aber kritisiert. | |
Das von der sächsischen Staatsregierung eingesetzte fünfköpfige | |
Untersuchungsgremium bescheinigt in seinem am Dienstag vorgestellten | |
Bericht den Verfassungsschützern und dem Gemeinsamen | |
Terrorismusabwehrzentrum GTAZ gute Ermittlungsarbeit. Das Bundeskriminalamt | |
und der Generalbundesanwalt aber hätten den Fall an sich ziehen müssen, | |
bemängelte der ehemalige Bundesverfassungsrichter Herbert Landau. | |
Nach Hinweisen des Bundesverfassungsschutzes war der 22-jährige Syrer | |
Dschaber al-Bakr am 7. Oktober in einer Chemnitzer Wohnung aufgespürt | |
worden, konnte aber fliehen. In der Wohnung wurde Sprengstoff gefunden. | |
Al-Bakr soll einen Anschlag auf einen Berliner Flughafen geplant haben. | |
Erst durch syrische Landsleute, bei denen al-Bakr in Leipzig Unterschlupf | |
suchte, konnte ihn die Polizei festnehmen. Zwei Tage danach erhängte sich | |
der Verdächtige in der Leipziger JVA mit einem T-Shirt. | |
Der 200 Seiten umfassende Bericht bescheinigt den kritisierten Behörden | |
keine Regelverletzungen „wider besseres Wissen“. Für den gescheiterten | |
Zugriff in Chemnitz macht der frühere Polizeiinspekteur Jürgen Jakobs aber | |
„grobe Fehleinschätzungen“ und den Mangel eines funktionsfähigen | |
Führungsstabes bei der sächsischen Polizei verantwortlich. Man habe eine | |
gewohnheitsmäßige Festnahme und nicht die Gefahr eines terroristischen | |
Anschlags angenommen. Auch sei die JVA mangelhaft über den potenziellen | |
Attentäter informiert worden. Entlastet wird hingegen die | |
Gefängnispsychologin, die al-Bakr wegen möglicher Suizidgefahr untersucht | |
hatte. | |
Dem BKA werfen die fünf Experten vor, zwar nicht rechtswidrig, aber auch | |
nicht zweckmäßig gehandelt zu haben, als es den Fall der überforderten | |
sächsischen Polizei überließ. Eine andere Entscheidung wäre | |
„erfolgversprechender“ gewesen. | |
Landau kritisierte auch, dass Generalbundesanwalt Peter Frank den Fall | |
zunächst nicht übernahm. Al-Bakr sei kein Routinefall gewesen, sondern der | |
erste seiner Art in der Bundesrepublik. Die Kommission regt deshalb an, den | |
Paragrafen 89a im Strafgesetzbuch zu überprüfen und die Bundesanwaltschaft | |
verpflichtend einzubinden. | |
Mit Blick auf Pläne des Bundesinnenministers, den Verfassungsschutz zu | |
zentralisieren, sprechen sich die Kommissionsmitglieder für die | |
Beibehaltung föderaler Strukturen aus. Allerdings seien die Vernetzung und | |
der Datenaustausch untereinander verbesserungswürdig. Ihr Vorschlag: In den | |
Polizeidirektionen der Bundesländer sollten für vergleichbare Gefahrenlagen | |
künftig „Ständige Stäbe“ eingerichtet werden und die Ausrüstung von | |
Einsatzkommandos verbessert werden. | |
24 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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