# taz.de -- Syrien-Konferenz in Kasachstan: Hohe Hürden für Friedensgespräche | |
> Die Konferenz in Astana könnte zumindest eine Vertiefung der Waffenruhe | |
> erbringen. Aber die Widersprüche werden bleiben. | |
Bild: Die zentrale Straße in Salaheddin, einem der zerstörten Stadtviertel im… | |
Genf taz | Es wäre sehr zu hoffen, dass die Konferenz am Montag in der | |
kasachischen Hauptstadt Astana der geschundenen Zivilbevölkerung Syriens | |
nach fast sechs Jahren grausamem Bürgerkrieg endlich eine politische | |
Konfliktlösung bringt. | |
Doch die Aussichten sind gering. Die drei Schirmherrn der Konferenz, | |
Russland, Türkei und Iran, konnten sich im Vorfeld noch nicht einmal auf | |
konkrete Verhandlungsziele einigen. | |
Bei den von der UNO moderierten Genfer Gesprächen zwischen der Regierung | |
von Baschar al-Assad und dem Oppositionsbündnis „Hoher Verhandlungsrat“ | |
(HNC) im Frühjahr letzten Jahres lag immerhin ein vom Sicherheitsrat | |
einstimmig verabschiedeter Fahrplan bis Mitte 2017 vor. | |
Landesweiter Waffenstillstand, Einsetzung einer Übergangsregierung aus | |
Vertretern des Assad-Regimes und der Opposition, Ausarbeitung einer neuen | |
Verfassung und schließlich freie Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. | |
Dieser Verhandlungsansatz der UNO scheiterte aus Gründen, die sämtlich | |
weiterhin bestehen. | |
## Kurden bleiben außen vor | |
Auf dem syrischen Schlachtfeld gibt es derzeit mehr als 100 bewaffnete | |
Milizen. Doch wer darunter ist eine „legitime Oppositionsgruppe“, die zu | |
politischen Verhandlungen eingeladen und in Waffenstillstandsvereinbarungen | |
eingebunden werden soll? Und wer ist neben dem „Islamischen Staat“ und dem | |
syrischen Al-Qaida-Ableger Fatah al-Scham ebenfalls eine „Terrorgruppe“, | |
die weiterhin militärisch bekämpft werden soll? | |
In dieser zentralen Streitfrage konnten sich die USA und Russland im | |
letzten Jahr trotz neunmonatiger intensiver Verhandlungen nicht einigen. | |
Sie besteht weiter fort, heute zwischen der Türkei auf der einen sowie | |
Russland und Iran auf der anderen Seite. Bei der Konferenz in Astana sitzt | |
daher nur ein Teil der islamistischen Rebellengruppen am Tisch, andere – | |
darunter die beiden militärisch stärksten – sind nicht vertreten. | |
Zudem setzte die Türkei wie schon vor den letztjährigen UN-Gesprächen | |
erneut durch, dass die Kurden, die größte ethnische Minderheit Syriens, | |
nicht eingeladen sind. Sie werden von Ankara als Terroristen eingestuft und | |
militärisch bekämpft. | |
## Assad nicht unter Druck | |
Der zweite zentrale Streitpunkt, der die Genfer UN-Gespräche zwischen der | |
syrischen Regierung und Opposition völlig blockiert hatte, ist die Zukunft | |
von Präsident Assad. Hier sind die Widersprüche zwischen den drei | |
Schirmherrn der Astana-Konferenz zwar nicht mehr so groß, nachdem die | |
Türkei ihre Forderung nach dem Rücktritt Assads aufgegeben hat. | |
Aber nach dem mit massiver militärischer Unterstützung Russlands errungenen | |
Sieg der Streitkräfte des Regimes in Aleppo steht Assad noch weniger als | |
schon zuvor unter Druck, sich überhaupt auf irgendwelche Verhandlungen über | |
seine politische Zukunft einzulassen. | |
Die in Astana vertretenen Oppositionsgruppen haben aber bereits | |
angekündigt, sie wollten „die Gespräche sofort abbrechen, wenn es keine | |
ernsthaften Bemühungen zur Bildung einer Übergangsregierung und zur | |
Absetzung Assads“ gebe. Unter diesen Umständen dürfte die Konferenz in | |
Astana im besten Fall eine Vereinbarung zur verbesserten Umsetzung der | |
Waffenruhe erbringen, die offiziell bereits seit dem 30. Dezember in Kraft | |
ist, aber immer wieder verletzt wird. | |
Zudem werden nach Angaben der UNO weiterhin 15 syrische Orte mit insgesamt | |
500.000 Einwohnern belagert – 13 davon durch Regierungstruppen. Einige | |
dieser Ort sind bereits seit 2014 sind völlig von der Außenwelt und | |
jeglicher humanitärer Versorgung abgeschnitten. Weitere fünf Millionen | |
Menschen leben in Regionen, die wegen Behinderungen durch die eine oder | |
andere Konfliktpartei für die humanitären Organisationen der UNO „schwer | |
zugänglich“ sind. | |
22 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
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