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# taz.de -- Zahl der Waffenscheinbesitzer: Auf Rekordhoch
> Im vergangen Jahr beantragten die Deutschen so viele Schreckschusswaffen
> wie noch nie. Die Mehrheit hat aber keine Angst vor Terror.
Bild: Boomt wie Bolle: der kleine Waffenschein für den Hausgebrauch
BERLIN taz | Die Gewalt des Jahres 2016 bleibt nicht ohne Folgen. In
Würzburg, Ansbach und Berlin gab es islamistische Anschläge. Und ein Teil
der Bevölkerung reagiert darauf offenbar auf eigene Weise: mit
Selbstbewaffnung.
Wie das Bundesinnenministerium auf taz-Anfrage mitteilte, wurden in
Deutschland bis zum Jahresende 2016 insgesamt 469.741 kleine Waffenscheine
registriert. Ein Jahr zuvor waren es noch 285.911 Waffenscheine. Das ist
ein Anstieg um 60 Prozent. In den Jahren zuvor betrug der Anstieg jeweils
rund fünf Prozent.
„Wir beobachten die auffällige Entwicklung sehr aufmerksam“, sagte ein
Sprecher von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Man sehe den
Zuwachs „mit gewisser Sorge“. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz
(IMK), Sachsen Innenminister Markus Ulbig (CDU), sprach von einem „Indiz
für ein sinkendes Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung“.
Halter eines kleinen Waffenscheins dürfen Schreckschuss-, Reizstoff- und
Signalwaffen verdeckt mit sich führen, sofern sie als zuverlässig
eingestuft werden. Der Erwerb ist frei möglich.
Bereits nach der vorvergangenen Silvesternacht in Köln, in der es am
dortigen Hauptbahnhof zu einer Reihe von sexuellen Übergriffen kam, war die
Nachfrage nach kleinen Waffenscheinen deutlich gestiegen. Im Februar 2016,
dem Folgemonat, wurden bundesweit 32.857 Scheine neu ausgegeben – die
höchste Monatszahl im vergangenen Jahr. Zum Vergleich: Ein Jahr zuvor, im
Februar 2015, wurden bundesweit lediglich 1.476 kleine Waffenscheine
erteilt.
Auch nach dem jüngsten LKW-Terroranschlag in Berlin, bei dem zwölf Menschen
getötet wurden, bemerkte die Polizei eine erhöhte Nachfrage nach den
Waffenscheine. 352 Anträge wurden seitdem in der Hauptstadt gestellt – mehr
als in den einigen Vormonaten insgesamt. Zum Jahresende zählte die Polizei
in Berlin rund 4.400 Besitzer von kleinen Waffenscheinen. Ein Jahr zuvor
waren es noch 816.
Einige Innenminister warnen vor der Selbstbewaffnung. Man rate dringend
davon ab, sagte eine Sprecherin von NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD).
Auch Schreckschusswaffen könnten lebensbedrohliche Verletzungen
verursachen, für die Polizei seien diese zudem nicht auf Anhieb von
scharfen Waffen zu unterscheiden. „Solche Waffen vermitteln nur eine
Scheinsicherheit.“ Verbote schloss IMK-Chef Ulbig gegenüber der taz aber
aus: Der Verunsicherung „wirkt man nicht entgegen, indem man es untersagt,
sich mit Schreckschusspistolen auszurüsten“.
Die meisten Deutschen reagieren indes gelassen auf die Terrorgefahr. Nach
einer aktuellen Umfrage der ARD fühlen sich 73 Prozent der Bürger derzeit
sicher. 57 Prozent erklärten, Deutschland sei gut gegen Terrorangriffe
geschützt. Einzig bei AfD-Anhängern überwiegt die Angst: Hier fühlen sich
zwei Drittel der Befragten unsicher.
6 Jan 2017
## AUTOREN
Konrad Litschko
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