# taz.de -- Islamistenangriff auf „Charlie Hebdo“: Gedenken an den Anschlag | |
> Frankreich gedenkt der islamistischen Attacke auf die Satirezeitschrift | |
> und einen jüdischen Supermarkt vor zwei Jahren: Anfang einer blutigen | |
> Anschlagswelle. | |
Bild: Einknicken? Geht bei Charlie Hebdo nicht, nicht mal angesichts der Trauer | |
Paris afp | Mit Kalaschnikow-Schüssen in der Pariser Rue Nicolas Appert | |
begann in Frankreich ein neues Zeitalter des Schreckens. Zwölf Menschen | |
wurden vor zwei Jahren [1][beim Anschlag] auf die bekannte Satirezeitung | |
[2][Charlie Hebdo] getötet, kaltblütig erschossen von fanatischen | |
Islamisten. Es war der Beginn einer beispiellosen Anschlagswelle, der in | |
Frankreich bislang 238 Menschen zum Opfer gefallen sind und die im | |
vergangenen Jahr auch Deutschland erfasste. Die Sorge vor neuen Attacken | |
ist allgegenwärtig geworden, der Kampf gegen den Terrorismus ein | |
beherrschendes Thema. | |
Mit schlichten Trauerzeremonien, ohne Pomp und Reden, wurde am Donnerstag | |
erneut der Anschläge auf Charlie Hebdo am 7. Januar 2015 und auf einen | |
jüdischen Supermarkt zwei Tage später erinnert. Die Bilder von den | |
Bluttaten haben sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt – auch wenn | |
später neue schockierende Bilder hinzukamen. | |
Bei [3][Attacken auf die Fußballarena Stade de France], die Konzerthalle | |
Bataclan und eine Reihe von Bars und Restaurants töteten islamistische | |
Kommandos am 13. November desselben Jahres in Paris 130 Menschen. Am 14. | |
Juli 2016 raste dann ein Mann in der südfranzösischen Stadt Nizza mit einem | |
Lastwagen in eine Menschenmenge und tötete 86 Menschen. | |
Ins Visier [4][der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat] (IS) geriet | |
zunehmend auch Deutschland. Am vergangenen 19. Dezember tötete der Islamist | |
Anis Amri bei [5][einer Lkw-Attacke] auf einen Berliner Weihnachtsmarkt | |
zwölf Menschen. | |
## Anschlaggefahr bleibt hoch | |
Im Anti-Terror-Kampf verschärften EU-Staaten ihre Gesetze und beschworen | |
immer wieder eine engere Zusammenarbeit – doch mit jedem Anschlag wurden | |
erneut die Grenzen dieser Bemühungen deutlich. So hatten die deutschen | |
Sicherheitsbehörden Amri schon lange als Gefährder auf dem Schirm. Doch | |
nach dem Anschlag von Berlin konnte der Tunesier mehrere Nachbarländer | |
durchqueren, bevor er schließlich in Italien erschossen wurde. | |
Experten sind sich einig: Die Anschlagsgefahr bleibt in diesem Jahr | |
unverändert hoch. Charlie Hebdo brachte es diese Woche mit schwarzem Humor | |
auf den Punkt: „2017 – Endlich Licht am Ende des Tunnels“ steht auf der | |
Titelseite einer Sonderausgabe. Doch auf der dazugehörigen Karikatur schaut | |
ein Mann in den Lauf einer Kalaschnikow, mit der ein grimmig | |
dreinblickender Bärtiger in langem Gewand auf ihn zielt. | |
Das Satireblatt selbst erlangte durch den Anschlag vor zwei Jahren | |
weltweite traurige Berühmtheit, bekam viel Unterstützung, konnte sich trotz | |
des Verlustes seiner bekanntesten Karikaturisten halten und startete vor | |
einem Monat [6][sogar eine deutsche Ausgabe]. Trotzdem sieht sich Charlie | |
Hebdo allein gelassen. „Wenn wir morgen eine Karikatur von Mohammed auf | |
unsere Titelseite setzen, wer wird uns dann verteidigen?“ fragt Herausgeber | |
Laurent Sourisseau alias Riss. „Merkwürdigerweise haben wir das Gefühl, | |
dass die Menschen noch intoleranter gegenüber ‚Charlie‘ geworden sind.“ | |
Zumal das Blatt mit seinen häufig derben Karikaturen inzwischen auch in | |
Ländern für Empörung sorgt, wo Charlie Hebdo vor dem Anschlag vollkommen | |
unbekannt war. „Früher hat man uns gesagt, wir sollten bei Islamisten | |
vorsichtig sein“, sagt Riss. „Heute müssen wir bei Islamisten, Russen, | |
Türken vorsichtig sein.“ Regelmäßig bekommt Charlie Hebdo Drohungen. Bis | |
heute stehen die bekanntesten Mitarbeiter unter Polizeischutz, die | |
Redaktion arbeitet an einem geheimen und drakonisch abgesicherten Ort. | |
Bis heute haben die Ermittlungen zu den Anschlägen vom Januar 2015 auch | |
nicht alle Fragen beantworten können. Wie sprachen sich die Charlie | |
Hebdo-Attentäter mit dem Islamisten ab, der den Anschlag auf den jüdischen | |
Supermarkt „Hyper Cacher“ verübte? Wie genau beschafften sich die später | |
von der Polizei erschossenen Männer ihre Waffen? Welche Komplizen hatten | |
sie? Und immer noch sind die Geheimdienste auf der Suche nach einem | |
möglichen Auftraggeber aus Syrien. | |
5 Jan 2017 | |
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