# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Frankreich: Wettkampf der Verlierer | |
> Die Sozialisten wählen in einer Urabstimmung ihren Kandidaten für die | |
> Präsidentschaftswahl. Egal, wer gewinnt: Es sieht nicht gut aus für sie. | |
Bild: Sechs Männer, eine Frau: die Kandidaten bei den Vorwahlen der französis… | |
PARIS taz | Nur gerade 1,75 Millionen Zuschauer haben am Sonntagabend | |
wenigstens teilweise eine zweite Fernsehdebatte zu den Vorwahlen der | |
französischen Sozialisten und ihrer Verbündeten angeschaut. Das ist relativ | |
wenig, denn im November waren die „Primärwahlen“ der konservativen Rechten | |
ein echter Publikumserfolg mit Einschaltquoten von mehr als sechs Millionen | |
und einer Stimmbeteiligung von mehr als vier Millionen WählerInnen, die mit | |
einer klaren Mehrheit François Fillon zu ihrem Präsidentschaftskandidaten | |
erkoren haben. | |
In der Parteizentrale der regierenden Sozialisten wächst angesichts eines | |
mangelnden Interesses die Befürchtung, dass am kommenden Sonntag die | |
Vorwahlen zur Nominierung des sozialistischen Kandidaten aufgrund einer | |
geringen Beteiligung zu einem Fiasko werden. Bisher hatte die Parteiführung | |
auf eine Teilnahme von wenigstens zwei Millionen Interessierten gehofft. | |
Vielleicht liegt das am „Casting“? In zwei Fernsehdebatten ist es den | |
Bewerbern nicht gelungen, Interesse oder gar Begeisterung zu wecken. Im | |
Rennen sind sechs Männer und eine Frau, die sich je berufen fühlen, um die | |
Nachfolge von François Hollande zu streiten, der im Dezember seinen | |
Verzicht auf eine Kandidatur für eine höchst hypothetische Wiederwahl | |
erklärt hatte. | |
Von den sieben haben fünf in den letzten Jahren als Minister mit regiert. | |
Komplettiert wird die Gruppe durch zwei dissidente Grüne, François de Rugy | |
und Jean-Luc Bennahmias. Auch sie haben die Politik der Linksregierung | |
unterstützt. | |
## Abgrenzung von François Hollande | |
Dennoch haben alle versucht, sich mehr oder weniger deutlich vom noch | |
amtierenden Staatschef und seiner Bilanz abzugrenzen. Für Manuel Valls ist | |
das fast eine Gewissensfrage, denn er war noch bis vor Kurzem als | |
Premierminister für die Umsetzung dieser Politik zuständig. Als Einziger | |
traut er sich, als Kandidat der Kontinuität aufzutreten. In der | |
Fernsehdebatte wurde er deswegen von den übrigen Konkurrenten vor allem | |
wegen der restriktiven Flüchtlingsaufnahme attackiert. | |
Aber auch der frühere Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg, der ehemalige | |
Erziehungsminister Benoît Hamon und sein Amtsvorgänger Vincent Peillon | |
sowie die Exwohnungsministerin Sylvia Pinel vom Parti radical de gauche | |
(Radikale Linke) können sich nicht einfach aus ihrer | |
Regierungsverantwortung stehlen. | |
Niemand der sieben will indes den Kopf für eine Politik hinhalten, die die | |
Franzosen und Französinnen allen Umfragen zufolge sehr enttäuscht hat. | |
Umgekehrt gibt ihnen Hollandes Verzicht grundsätzlich die Möglichkeit, ein | |
anderes Programm vorzuschlagen und den Wählern zu versichern, dass sie im | |
Falle ihrer Wahl ihre Versprechen auch wirklich einhalten wollen. | |
Meinungsverschiedenheiten wurden in der Frage der Atomkraft oder auch der | |
Frage der Entkriminalisierung des Cannabiskonsums deutlich. | |
## Keine Chance auf das Präsidentenamt | |
Neue Akzente möchten in dieser Debatte vor allem Montebourg und Hamon | |
setzen, die beide zum linken Flügel der Sozialisten zählen. Beide lehnen | |
die neoliberale Sparpolitik und namentlich die umstrittene Reform des | |
Arbeitsrechts ab. | |
Hamon schlägt ein Grundeinkommen für alle als Ersatz oder Ergänzung der | |
bisherigen Sozialleistungen vor. Montebourg dagegen pocht auf die Vorzüge | |
des „Made in France“, er will eine Politik der Ankurbelung durch | |
öffentliche Investitionen und Kaufkraftförderung. | |
Die Vorwahlen finden am 22. und 29. Januar statt. Laut Umfragen haben | |
Valls, Montebourg und Hamon eine reelle Chance, diese Vorausscheidung zu | |
gewinnen. Wer immer am 29. Januar als Kandidat antritt, hat laut | |
Stimmungsbarometer kaum eine Chance, es in die zweite entscheidende Runde | |
der Präsidentschaftswahlen zu schaffen. | |
Jean-Luc Mélenchon von der Linkspartei und vor allem der linksliberale | |
Exwirtschaftsminister Emmanuel Macron boykottieren diese Vorwahlen, liegen | |
in den Prognosen aber klar vor den Kandidaten der Sozialisten. In der | |
Fernsehdebatte wurde darum schon die defätistische Frage gestellt, ob sich | |
dieser gegebenenfalls zugunsten von Macron oder Mélenchon zurückziehen | |
müsse. Eine klare Antwort gab keiner der sieben. | |
17 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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