# taz.de -- Nachhaltigkeitsstrategie der Regierung: Erfolg durch schwache Krite… | |
> Die Nachhaltigkeitsziele der Bundesregierung halten Umweltverbände für | |
> wenig ambitioniert. In manchen Punkten gibt es sogar Rückschritte. | |
Bild: Bei der Fischerei ist Nachhaltigkeit besonders wichtig | |
Berlin taz | Nachhaltigkeit ist ein Thema, das viele Lebensbereiche | |
betrifft – das zeigt sich auch in der neuen Nachhaltigkeitsstrategie, die | |
das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen hat. Auf über 250 Seiten werden | |
63 Kriterien aus 15 Bereichen dargestellt. Mit ihnen soll überprüft werden, | |
inwieweit Deutschland zur Umsetzung der „Nachhaltigen Entwicklungsziele“ | |
beiträgt, die die Vereinten Nationen im Jahr 2015 beschlossen haben. | |
Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU), der in der Bundesregierung für | |
die Nachhaltigkeitsstrategie zuständig ist, zeigte sich am Mittwoch sehr | |
zufrieden. Mit der Strategie könne Deutschland „international bei der | |
Umsetzung der beschlossenen Ziele für 2030 helfen“, sagte er. In allen | |
Ministerien gebe es nun verantwortliche KoordinatorInnen für | |
Nachhaltigkeit, so Altmaier. Und die Indikatoren zeigten, dass Deutschland | |
in vielen Bereichen auf einem guten Weg sei, in anderen aber noch Defizite | |
hat. | |
Tatsächlich bescheinigt sich die Bundesregierung in fast der Hälfte aller | |
Ziele einen vollständigen oder weitgehenden Erfolg – etwa bei erneuerbaren | |
Energien, beim Staatsdefizit, bei der Raucherquote oder beim Feinstaub. In | |
einigen Bereichen werden die positiven Ergebnisse allerdings durch eine | |
Änderung der Kriterien erreicht: So wurde das Ziel, den Flächenverbrauch | |
auf 30 Hektar pro Tag zu reduzieren, im Vergleich zur vorherigen | |
Nachhaltigkeitsstrategie einfach von 2020 auf 2030 verschoben. | |
Auch die Messung von menschenwürdiger Arbeit in globalen Lieferketten | |
erfolgt über ein fragwürdiges Kriterium: Als Indikator dient die Anzahl der | |
Mitglieder des von der Bundesregierung initiierten Textilbündnisses – und | |
nicht etwa der deutlich aussagefährigere Marktanteil, den die Mitglieder | |
erreichen. Als Ziel dient zudem ein nicht näher definierte „signifikante | |
Steigerung“ der Zahl bis 2030. „Ich bin nicht sicher, dass wir schon | |
überall die richtigen Indikatoren haben“, sagte Altmaier ein. | |
## Kritik kommt von den Umweltverbänden | |
Bei neun Zielen räumt die Regierung ein, dass die Entwicklung nicht nur zu | |
langsam ist, sondern sogar in die falsche Richtung geht, etwa beim Nitrat | |
im Grundwasser, beim Energieverbrauch im Verkehr oder bei der | |
Artenvielfalt. Unmittelbare Konsequenzen hat das nicht. | |
Umwelt- und Entwicklungsverbände bewerteten die Strategie sehr | |
unterschiedlich: Das Hilfswerk Brot für die Welt sprach von einem | |
„erfreulichen Fortschritt“ und lobte, dass „viele Anregungen aus der | |
Zivilgesellschaft berücksichtigt“ worden seien. Auch der | |
Entwicklungsdachverband Venro sieht in der Strategie eine „gute Grundlage, | |
um die deutsche Politik nachhaltiger zu gestalten“. Der Bund für Umwelt und | |
Naturschutz bezeichnete die Strategie hingegen als „ungenügend“. Auch der | |
WWF kritisierte, die Ziele seien „viel zu schwach“ und, im Gegensatz zu den | |
Indikatoren, „ohne Beteiligung der Zivilgesellschaft“ beschlossen worden. | |
Die Verbände hoffen nun auf eine schnelle Verschärfung. Die könnte | |
tatsächlich kommen, sagte auch Kanzleramtschef Altmaier: Schon 2018 sollen | |
die Ziele und Indikatoren überprüft werden. | |
11 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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