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# taz.de -- Racial Profiling in Köln: Zu früh für einen Schlussstrich
> Die Politik möchte die Debatte um Racial Profiling beenden. Doch sie
> beginnt erst, denn die Behauptungen der Polizei sind fragwürdig.
Bild: Schweigsame Polizei: Bisher gibt es keine Details zu den Festgehaltenen a…
BERLIN taz | Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD)
und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) haben am Montag das Vorgehen der
Kölner Polizei in der Silvesternacht verteidigt. „Ich will ausdrücklich
sagen, dass es richtig war, wie die Polizei aufgetreten ist – in Köln und
anderswo“, sagte Merkel am Montag [1][bei der Jahrestagung des
Beamtenbundes dbb in Köln]. Auch Kraft dankte dort der Polizei. Über die
anschließende Rassismusdebatte sei sie „wahnsinnig wütend“, fügte Kraft
hinzu.
Nach der jüngsten Silvesternacht hatten massenhafte Kontrollen von
mutmaßlichen „Nordafrikanern“ durch die Polizei eine Debatte um Racial
Profiling ausgelöst. Insgesamt 1.700 Polizisten waren in Köln im Einsatz
gewesen, um Vorfälle wie im Jahr zuvor zu verhindern. Silvester 2015 hatte
es in Köln zahlreiche sexuelle Übergriffe auf Frauen und massenhafte
Diebstähle gegeben. Die Verdächtigen und – wenigen – Verurteilten waren
überwiegend Nordafrikaner. Ein überwiegender Teil von ihnen war erst seit
wenigen Monaten in Deutschland und besaß einen Asylbewerberstatus oder
überhaupt keinen gültigen Aufenthaltstitel.
Insbesondere der Polizeikessel vor dem Hauptbahnhof zum Jahreswechsel 16/17
war auf Kritik gestoßen, weil dort Hunderte von Menschen nur aufgrund ihrer
Hautfarbe festgehalten und überprüft wurden. „Ab 22.00 Uhr befanden sich in
und um den Kölner Hauptbahnhof bis zu ca. 1.000 Personen mit
nordafrikanischem Hintergrund. Alle Personen, die dem nordafrikanischen
Spektrum zugeordnet werden konnten, wurden außerhalb des Bahnhofs im Rahmen
der rechtlichen Möglichkeiten einer Identitätsfeststellung unterzogen“,
heißt es in einem vertraulichen Polizeibericht, [2][aus dem Spiegel
Onlinezitierte]. Das widerspricht der Aussage der Polizei, es habe dort
kein Racial Profiling gegeben.
Nachträglich behauptete die Kölner Polizei, sie habe die Menschen nicht nur
aufgrund ihres Aussehens, sondern auch aufgrund ihres Verhaltens
festgehalten, was rechtmäßig gewesen wäre. Die Betroffenen seien aggressiv,
alkoholisiert und in Gruppen aufgetreten, so die Polizei. Betroffene und
Augenzeugen widersprechen dieser Darstellung. Dem steht auch die Tatsache
entgegen, dass die Polizei an dieser Stelle lediglich 48 Platzverweise
gegen einzelne Personen aussprach und die Menge kurz nach Mitternacht ohne
weitere Kontrollen laufen ließ.
Bis heute verweigert die Kölner Polizei eine Auskunft darüber, welcher
Nationalität die 650 Menschen waren, die sie vor dem Hauptbahnhof einer
intensiven Überprüfung unterzog. Dass auch nur ein Intensivtäter darunter
war, oder dass überwiegend potentielle Troublemaker nordafrikanischer
Herkunft festgehalten wurden, dafür gibt es bislang keinen Beweis.
Unklar ist auch, worauf sich die Aussage des Kölner Polizeipräsidenten
gründet, es seinen in dieser Nacht „überraschend viele junge Männer
nordafrikanischer Herkunft“ nach Köln unterwegs gewesen. Denn von den 170
Personen, deren Personalien die Bundespolizei auf dem Weg nach Köln gezielt
überprüfte, waren 56 mit deutscher, 23 mit syrischer, aber nur 22 mit
algerischer und 17 mit marokkanischer Nationalität.
„Personenkontrollen aufgrund der Hautfarbe sind verboten. Sie verstoßen
gegen das Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes“, sagte die Leiterin der
Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, der taz. „Wer sich
diskriminiert fühlt, kann sich direkt an die Bundespolizei, aber auch an
die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wenden.“
10 Jan 2017
## LINKS
[1] http://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/silvestereinsatz-polizei-koeln-mer…
[2] http://www.spiegel.de/panorama/justiz/silvester-in-koeln-was-wir-ueber-den-…
## AUTOREN
Daniel Bax
## TAGS
Köln
Silvester
Racial Profiling
Polizei
Hannelore Kraft
Schwerpunkt Angela Merkel
Lesestück Interview
Schwerpunkt Rassismus
Köln
Sexuelle Übergriffe
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