# taz.de -- Streit um die VG Wort: Koalition will Verlage retten | |
> Wird der Streit um die VG Wort- und Gema-Erlöse beendet? Am | |
> Donnerstagabend soll ein Gesetz durchs Parlament gepeitscht werden. | |
Bild: Da steckt viel Geld drin – bald auch wieder für die Verlage | |
FREIBURG taz | Literatur- und Musikverlage sollen weiter an den Einnahmen | |
von Verwertungsgesellschaften wie der VG Wort oder der Gema beteiligt sein. | |
Hierzu hat die Große Koalition an Dienstag einen Vorschlag vorgelegt, der | |
schon am Donnerstagabend im Bundestag abschließend beschlossen werden soll. | |
Eine Verwertungsgesellschaft nimmt die Rechte der Urheber überall dort | |
wahr, wo die Kreativen mit dem Einzug ihrer Ansprüche überfordert wären. | |
Die VG Wort sammelt zum Beispiel Einnahmen bei Bibliotheken, den Erstellern | |
von Pressespiegeln sowie den Produzenten von Kopiergeräten. Die GEMA meldet | |
sich überall, wo öffentlich Musik gespielt wird, beim Supermarkt, beim | |
Stadtfest oder bei DJs. Verteilt werden die Gelder nach komplizierten | |
Verteilungsplänen, die von der jeweiligen Branche selbst beschlossen | |
werden. Bisher erhielten neben den Urhebern auch ihre Verlage jeweils einen | |
Anteil an den Erlösen der Verwertungsgesellschaften. | |
Das hat jedoch der Bundesgerichtshof (BGH) [1][im April für illegal | |
erklärt]. An den Einnahmen der VG Wort könnten nur die Autoren beteiligt | |
werden. Kläger war der Münchener Urheberrechtsexperte Martin Vogel. Die VG | |
Wort fordert von den Verlagen jetzt die in den Jahren 2012 bis 2015 zu | |
Unrecht erhaltenen Gelder zurück. [2][Viele kleine Verlage sehen sich | |
deshalb in ihrer Existenz bedroht]. Als Hilfe ermöglicht es die VG Wort, | |
[3][dass Autoren die ihnen zustehenden Gelder anonym bis Ende Februar an | |
die Verlage abtreten] (also ohne dass der Verlag erfährt, welcher Autor auf | |
seine Rechte verzichtet hat). | |
Eine ähnlich dramatische Entwicklung deutete sich in der Musikwirtschaft | |
an. Im November hatte das Berliner Kammergericht auf Klage von zwei | |
Musikautoren entschieden, dass auch bei den GEMA-Einkünften die Verlage in | |
der Regel nicht zu beteiligen sind. Dies war zwar noch kein | |
letztinstanzliches Urteil, aber die Berliner Richter beriefen sich | |
ausdrücklich auf den BGH und sein Urteil zur VG Wort. Auch die | |
Musikverleger waren geschockt. Die GEMA legt das Urteil nun aber so aus, | |
dass nur eine automatische Aufteilung der Erlöse verboten sei. Wenn Urheber | |
und Verleger ausdrücklich bestätigen, dass sie die Aufteilung wollen, könne | |
sie weiter praktiziert werden, so die GEMA. | |
## Das Problem: die Rechtssprechung | |
Tatsächlich handelt es sich nicht um einen klassischen Verteilungskonflikt. | |
Denn die meisten Urheber finden die ausgewogene Verteilung der Erlöse | |
richtig. Sie gönnen den Verlagen, mit denen sie ja meist eng | |
zusammenarbeiten, ihren Anteil vom VG-Wort und Gema-Kuchen. Auch die | |
deutsche Politik hätte das alte Modell gerne weitergeführt. Das Problem war | |
nur, dass die Aufteilung nicht der geltenden Rechtslage entsprach, weshalb | |
Jurist Martin Vogel mit seiner Klage ja auch Erfolg hatte. | |
Das Justizministerium hielt zunächst eine nationale Lösung des Problems für | |
problematisch, weil das Urheberrecht schon weitgehend EU-weit harmonisiert | |
ist. Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) ging in mehreren Urteil davon | |
aus, dass die fraglichen Einnahmen der Verwertungsgesellschaften | |
grundsätzlich den Urhebern zustehen. | |
Inzwischen erklärte das Justizministerium, eine deutsche Übergangslösung | |
sei doch möglich, was die Koalitionsfraktionen aufgriffen. Danach dürfen | |
die Urheber ihre Ansprüche künftig (teilweise) nachträglich an die Verleger | |
abtreten. Zumindest sollen die Urheber der nachträglichen Beteiligung der | |
Verleger an den Einnahmen zustimmen können. Die Gerichte hätten nur die | |
Abtretung im Voraus verboten, so die Interpretation. | |
Ein entsprechender Antrag, mit dem die Koalition das Gesetz über die | |
Verwertungsgesellschaften ändern will, wurde am Dienstag veröffentlicht und | |
liegt der taz vor. Noch am gleichen Tag haben die Koalitionsfraktionen | |
diesen Antrag im Rechtsausschuss beschlossen. Und am Donnerstag wird die | |
Regelung dann bereits im Bundestag abschließend beraten und verabschiedet. | |
Dieser Schnellgang war möglich, weil derzeit ohnehin eine Änderung des | |
Urheberrechts geplant ist und die Koalition nur einen Änderungsantrag zum | |
Regierungsentwurf einbringen musste. Grüne und Linke kritisierten zwar das | |
Verfahren. Union und SPD wiesen aber darauf hin, dass der Bundestag schon | |
seit Monaten über eine derartige nationale Lösung diskutiere. | |
Parallel dazu soll aber auch das EU-Recht bald geändert werden. Im | |
September hat die EU-Kommission einen Vorschlag für das „Urheberrecht im | |
digitalen Binnenmarkt“ vorgelegt. Neben vielen anderen Punkten ist dort | |
auch vorgesehen, dass Autoren die fraglichen Rechte künftig an Verlage | |
übertragen dürfen. Ob das Gesamtpaket der Kommission am Ende eine Mehrheit | |
im EU-Ministerrat und im Europäischen Parlament findet, ist derzeit | |
allerdings noch unklar, so dass für die Verlage zunächst die deutsche | |
Lösung am wichtigsten ist. | |
15 Dec 2016 | |
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Christian Rath | |
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