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# taz.de -- Faktencheck zur Silvesternacht: Die Phantom-Banden der Rechten
> Die AfD spricht von „nordafrikanischen Flashmobs“ in Dortmund, Hagen und
> Frankfurt. Andere Rechte steigen mit ein, aber die Polizei widerspricht.
Bild: Die Frankfurter Polizei fuhr schweres Gerät auf, dementiert aber Bericht…
Berlin taz | Nicht nur in Köln hätten sich zu Silvester Gruppen von
Hunderten Nordafrikanern getroffen – das behauptet die AfD im Internet.
„Köln, Dortmund, Hagen, Frankfurt u.v.m: Tausende Nordafrikaner
versammelten sich in der Silvesternacht in Flashmobs. Nur der Polizei ist
es zu verdanken, dass es nicht zu übergriffen kam“, behauptete die Partei
an Neujahr [1][in einem Facebook-Eintrag], der innerhalb von 24 Stunden
knapp 10.000 Likes sammelte. Auch etliche andere Rechtsextreme und
Rechtspopulisten schrieben von „Zusammenrottungen“ und „Nafri-Banden“ in
den drei weiteren Städten. Allerdings: Was an den Behauptungen dran ist,
ist offen.
Grundlage für den AfD-Post könnte [2][ein Artikel der Welt] vom
Neujahrsmorgen sein. Darin heißt es, dass nicht nur in Köln „große Gruppen
mit nordafrikanischem Hintergrund geschlossen in Knotenpunkten der Stadt
auftauchten“. Als Beleg dient ein Zitat eines Polizeisprechers, mit dem der
Reporter nach eigenen Angaben in der Nacht in Köln gesprochen hatte: „So
erreichten uns aus Frankfurt erste Berichte über 1.200 entsprechende
Personen, auch aus Hagen gab es Meldungen. Der Dialog mit diesen Gruppen
zeigt sich jedoch oft als sehr schwierig.“
Die Polizei in Hagen dementiert allerdings. „Keiner hier weiß von
marodierenden nordafrikanischen Banden“, sagte ein Sprecher am Montag der
taz. Als er den Welt-Artikel am Neujahrsmorgen las, habe er sofort die
örtliche Leitstelle angerufen. Die Beamten dort hätten ihm versichert: „Wir
hatte in Hagen ein stinknormales Silvester.“
Auch in Frankfurt beobachtete die Polizei keine großen Gruppen von
Nordafrikanern. Einem Sprecher der Bundespolizei zufolge zählten die
Beamten am Hauptbahnhof lediglich alle Passagiere mit „augenscheinlichem
Migrationshintergrund“ – eine interne Erhebung für den Lageüberblick als
Reaktion auf die Kölner Silvesternacht 2015/2016.
Auf insgesamt 1.900 Personen seien die Polizisten dabei im Laufe des Abends
gekommen. Die Zahl beziehe sich aber nicht spezifisch auf Nordafrikaner und
die 1.900 seien auch keine geschlossene Gruppe gewesen. Sondern:
Passagiere, die nicht urdeutsch aussehen und einzeln oder in Kleingruppen
in die Stadt kamen. Silvester eben.
## Stille Post?
Wie kam nun aber die Zahl von 1.200 Nordafrikanern in Frankfurt zu einem
Polizeisprecher in Köln? Gegen 22 Uhr tauschten sich am Silvesterabend die
Lagezentren der Bundespolizei in einer Telefonkonferenz aus, auch Beamte in
Nordrhein-Westfalen waren zugeschaltet. Möglicherweise wurde dabei ein
Zwischenstand der Frankfurter Migrantenzählung durchgegeben und am anderen
Ende der Leitung falsch interpretiert.
Allerdings: Sowohl Bundes- als auch Landespolizei in Köln schließen aus,
diese Zahl oder andere Angaben zu Nordafrikanern in Frankfurt und Hagen an
die Presse gegeben zu haben. Ob das wahr ist, lässt sich im Nachhinein
nicht mehr nachvollziehen. Klar ist aber: Für die Behauptung der AfD,
Nordafrikaner hätten sich in beiden Städten zu Flashmobs versammelt, liegen
keine Belege vor.
Bleibt nur noch Dortmund. Dort verstärkte die Polizei im Laufe des
Silvesterabends die Zahl der Einsatzkräfte, Grund war eine Menschenmenge am
Platz von Leeds in der Innenstadt. [3][Zunächst] sprach die Polizei von
mehreren Hundert Männern in Klein- und Großgruppen, [4][später] von rund
Tausend Menschen, darunter auch Familien. Laut einem Polizeisprecher hatten
augenscheinlich viele von ihnen einen Migrationshintergrund. Vereinzelt
wurden Straftaten begangen. Zahlen zu den Nationalitäten von Verdächtigen
konnte die Polizei am Montag nicht nennen.
2 Jan 2017
## LINKS
[1] https://www.facebook.com/alternativefuerde/photos/a.542889462408064.1073741…
[2] https://www.welt.de/politik/deutschland/article160749025/Grosse-Gruppen-von…
[3] http://www.presseportal.de/blaulicht/pm/4971/3524298
[4] http://www.presseportal.de/blaulicht/pm/4971/3524317
## AUTOREN
Tobias Schulze
## TAGS
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