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# taz.de -- Kommentar Brandanschläge: Wir müssen hinschauen
> Es brennt in deutschen Flüchtlingsunterkünften. Um zu verhindern, dass
> wir uns an das Grauen gewöhnen, ist die öffentliche Aufmerksamkeit
> wichtig.
Bild: 1. August 2016, Duisburg: Das Feuer sei mutwillig oder fahrlässig gelegt…
In Hirschau in Bayern wirft ein 25-Jähriger eine Flasche mit brennbarer
Flüssigkeit in eine Flüchtlingsunterkunft – der Molotowcocktail zündet
nicht. In Löbau in Sachsen geht ein Brandsatz wieder aus, der
Sicherheitsdienst löscht die Flammen des zweiten. Auch in Wilnsdorf in
Nordrhein-Westfalen misslingt einem 35-Jährigen der Versuch, eine
Unterkunft anzustecken, in der 14 Menschen wohnen, darunter zwei Familien
mit Kindern. Mindestens 125 Menschen wurden 2016 verletzt, als es in
Flüchtlingsheimen brannte. Dass niemand getötet wurde, war Glück.
So muss man es sehen angesichts der hohen Zahl von Bränden in
Flüchtlingsunterkünften. Ob das Haus schon bezogen war oder nicht; ob die
Täter dachten, das Feuer kontrollieren zu können, oder nicht – wer ein Haus
mit Feuer angreift, nimmt in Kauf, dass Menschen sterben. Die taz hat in
[1][ihre Dokumentation] auch Fälle aufgenommen, in denen die Polizei über
einen Verdacht nicht hinaus kam. So umfasst die Liste 142 Fälle. Es brennt
in Deutschland, häufiger als jeden dritten Tag.
Das Bundeskriminalamt meldet für 2016 eine niedrigere Zahl: 66
Brandstiftungen und vier Sprengstoffanschläge. Der Behörde Beschönigung
vorzuwerfen, wäre jedoch falsch. Das BKA hat 2014 eine Clearingstelle Asyl
eingerichtet, in der Beamte alle Straftaten gegen Asylbewerberunterkünfte
sammeln und so die Sensibilität erhöhen.
Es ist wichtig, dass Polizei und Justiz diesen niederträchtigen Taten mit
Härte begegnen. Trotzdem dürfen sie nicht vorschnell sein. Wenn die Polizei
nach einem Brand sagt, es lägen noch keine Hinweise auf einen
ausländerfeindlichen Hintergrund vor, regen sich viele darüber auf. Doch
die Vorsicht ist richtig. Wenn ein Feuer voreilig als Anschlag definiert
wird und sich hinterher das Gegenteil herausstellt, ist der Schaden groß.
Dann sinkt die Aufmerksamkeit beim nächsten Mal.
Egal, ob es sich um organisierte Serientäter oder aufgeputschte
Alltagsrassisten handelt: Wir müssen hinschauen. Denn Aufmerksamkeit
verhindert, dass wir uns an das Grauen gewöhnen. Aufmerksamkeit beeinflusst
den Aufwand bei Ermittlungen. Und führt vielleicht dazu, dass die
Öffentlichkeit Diskussionen über Flucht und Integration etwas nüchterner
führt. Vielleicht merken sogar manche Wutredner angesichts der Zahlen: Ihr
Furor führt ins Feuer.
Lesen Sie auch: [2][Liste der Brandanschläge auf Unterkünfte – Es brennt in
Deutschland]
3 Jan 2017
## LINKS
[1] /Anschlaege-auf-Unterkuenfte-2016/!5367296/
[2] /Brandanschlaege-2016/!5367296/
## AUTOREN
Georg Löwisch
## TAGS
Rechte Gewalt
Brandstiftung
Asylpolitik
Schwerpunkt Flucht
Lesestück Meinung und Analyse
Security
Brandanschlag
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Flucht
Brandanschlag
Flüchtlinge
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