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# taz.de -- Abschiebungen nach Afghanistan: Ins Ungewisse geführt
> Die abgelehnten Asylbewerber sind am Donnerstag in Kabul gelandet. Am
> Vorabend hatten Hunderte gegen das Vorgehen am Frankfurter Flughafen
> demonstriert.
Bild: Die Maschine nach Kabul
Kabul dpa | Die ersten 34 abgelehnten afghanischen Asylbewerber sind nach
einem Nachtflug aus Frankfurt am Main in der afghanischen Hauptstadt Kabul
angekommen. Ihr Flugzeug landete am frühen Donnerstagmorgen um kurz nach
5.00 Uhr am Hamid-Karsai-Flughafen. Dort wurden sie erwartet von viel
Polizei, darunter dem Kommandeur der Flughafenpolizei, sowie Vertretern der
Internationalen Organisation für Migration (IOM) und des afghanischen
Flüchtlingsministeriums. Die Ankunft verlief ruhig.
Die Stimmung war gedrückt. Viele der Flüchtlinge waren traurig oder wütend.
Babur Sedik (22) sagte, er habe vier Jahre in Deutschland verbracht, sei
aber nie über Flüchtlingsheime oder Lager hinausgekommen. Er wisse nicht,
wie es jetzt weitergehe. Er stammt aus der Provinz Kabul. Die ist noch
vergleichsweise sicher. „Aber wenn die Sicherheitslage sich nicht
verbessert und ich keine Arbeit finde, habe ich keine andere Wahl – dann
muss ich wieder versuchen, zu fliehen. Oder ich muss nach Pakistan oder ein
anderes Land gehen.“
Der 22-jährige Rahmat Khan, der aus der umkämpften ostafghanischen Provinz
Paktia geflohen war, sagte, dorthin könne er nicht wieder zurück. Überall
seien dort die Taliban. Er habe fünf Jahre in Deutschland verbracht,
zuletzt als Kellner gearbeitet, habe die Sprache gelernt. „In Deutschland
wollte ich an einer besseren Zukunft für meine Familie arbeiten“, sagte er.
Was jetzt komme oder wohin er gehe, wisse er nicht.
Abschiebungen nach Afghanistan sind umstritten, weil es in weiten Teilen
des Landes Kämpfe zwischen Regierungstruppen und radikalislamischen
Talibanrebellen gibt und immer wieder zu Anschlägen kommt.
Acht der jungen Männer waren aus Bayern abgeschoben worden, wie Bayerns
Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in einer Mitteilung am Mittwochabend
bestätigte. CSU-Chef Horst Seehofer begrüßte die Maßnahme. „Und ich hoffe,
dass es keine einmalige Aktion ist“, sagte er in der ARD-Sondersendung
„Farbe bekennen“, die am Mittwochnachmittag aufgezeichnet wurde.
Weitere Passagiere des Abschiebeflugs kamen aus Baden-Württemberg,
Nordrhein-Westfalen, Hessen, Hamburg und dem Saarland.
## „Unbarmherziges Spiel“
In Deutschland hatte die Abschiebung der Asylbewerber Proteste ausgelöst.
Die nordrhein-westfälische Grünen-Politikerin Monika Düker will aus Protest
ihre Funktion als flüchtlingspolitische Sprecherin der NRW-Landtagsfraktion
aufgeben, wie ein Sprecher sagte.
Am Frankfurter Flughafen protestierten mehrere Hundert Demonstranten gegen
die Abschiebung. Kritik kam auch von der Opposition und
Nichtregierungsorganisationen wie Pro Asyl. Grünen-Fraktionschef Anton
Hofreiter sprach von einem „unbarmherzigen Spiel“ von Bundesinnenminister
Thomas de Maizière (CDU). Die Ärzteorganisation IPPNW hält die Maßnahme für
unvereinbar mit der Achtung der Menschenrechte.
Das Bundesverfassungsgericht stoppte kurz vor dem Start der Chartermaschine
in Frankfurt die Abschiebung eines abgelehnten Asylbewerbers nach
Afghanistan. Dabei sei die Frage, ob angesichts der Lage in Afghanistan
Abschiebungen verfassungsrechtlich vertretbar sind, offen gelassen worden,
teilte das Gericht mit. Die Entscheidung beruhe allein auf einer
Folgenabwägung. Der 29-Jährige könne auch zu einem späteren Termin
abgeschoben werden, sein Asylverfahren könne er nach einer Abschiebung aber
kaum noch fortführen. (Az. 2 BvR 2557/16)
15 Dec 2016
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