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# taz.de -- Geert Wilders wegen Hetze verurteilt: Urteil soll Strafe genug sein
> Der niederländische Rechtspopulist Wilders ist wegen Volksverhetzung
> schuldiggesprochen worden. Doch er bleibt straffrei und Abgeordneter.
Bild: Verurteilter Beleidiger: Geert Wilders im Gericht
Amsterdam taz | Geert Wilders, Vorsitzender der niederländischen Partij
voor de Vrijheid (PVV), ist durch ein Den Haager Gericht für schuldig
befunden worden, [1][Marokkaner aufgrund ihrer Herkunft beleidigt und
diskriminiert zu haben]. Wilders hatte auf einer Wahlparty 2014 Anhängern
die Frage gestellt, ob sie „mehr oder weniger Marokkaner“ wollten. Die von
der Staatsanwaltschaft geforderten 5.000 Euro Strafe wird Wilders aber
nicht auferlegt. Das Gericht erachtet die Verurteilung als eine
ausreichende Strafe für Wilders, der bei der Urteilsverkündigung nicht
anwesend war.
In einem speziell gesicherten Gerichtsgebäude beim Flughafen Schiphol
begründete Richter Hendrik Steenhuis das Urteil damit, dass Wilders eine
gesamte Bevölkerungsgruppe ohne jegliche Unterscheidung aufgrund ihrer
Herkunft beleidigt und als minderwertig bezeichnet habe. Dies sei nicht
durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt. Grundlage der
Verurteilung sei allein das Gesetz, das Diskriminierung und Beleidigung
aufgrund von Abstammung verbiete. Diesem unterliege „auch ein demokratisch
gewählter Politiker.“
Den Anklagepunkt des Aufrufs zum Hass sah das Gericht dagegen nicht
erfüllt. Folglich endete das umstrittene Verfahren mit einem
Teil-Freispruch. Ungeachtet dessen ließ Wilders umgehend wissen, gegen das
Urteil in Berufung zu gehen. Bereits am Morgen hatte der Vorsitzende der
rechtspopulistischen Partj voor de Vrijheid (PVV) getwittert, „weder
Richter noch Politiker noch Terroristen“ könnten ihn davon abbringen, auch
zukünftig „die Wahrheit über das marokkanische Problem“ zu sagen.
In der Urteilsbegründung nahm das Gericht deutlich Bezug auf den
turbulenten Rahmen des Prozesses. Der Angeklagte hatte von Beginn an von
einem politischen Verfahren vor einem „Scheingericht“ gesprochen, in dem
das Urteil schon gefällt wäre. Auch brachte er das Gericht mit der
liberalen Partei D66 in Verbindung, deren Fraktionsvorsitzender Alexander
Pechtold zu seinen schärfsten Kritikern im Parlament zählt.
Richter Steenhuis nannte diese Äußerungen „unwürdig“ und verwies dabei a…
das Abschluss-Plädoyer von Wilders Ende November. In ihm hatte er dem
Gericht erneut unterstellt, das Urteil bereits gesprochen zu haben. „Wenn
Sie mich verurteilen, verurteilen Sie die halbe Niederlande“, spitzte er
damals dramatisch zu. „Selbst wenn Herr Wilders Millionen hinter sich
fühlt, bedeutet das nicht, das ihm nichts zur Last gelegt werden kann“, so
Steenhuis nun.
In den Niederlanden hat mit dem Urteil praktisch der Wahlkampf begonnen.
Die PVV gehört ohnehin zu den wenigen Parteien, die bereits ihr Programm
für die Parlamentswahl Mitte März veröffentlicht haben. Dass Identität,
Integration und Zuwanderung in der Konkurrenz um die Parlamentsmehrheit
eine Schlüsselrolle spielen werden, ist unbestritten. Die Meinungsfreiheit
und ihre vermeintliche Bedrohung werden nach dem Wilders-Prozess zweifellos
auch zur Debatte stehen.
Die Umfragen sehen Wilders' Partei PVV seit der heftig geführten
Flüchtlingsdebatte vom Herbst 2015 vorne. Erst in diesem Herbst hat die
marktliberale VVD von Premier Mark Rutte die PVV wieder überholen können.
Zuletzt lag die PVV jedoch mit rund 20 Prozent der Sitze erneut knapp in
Führung. Untersuchungen zufolge hat der jüngste Zuwachs der PVV direkt mit
dem Prozess gegen Wilders zu tun. Teilnehmer der Umfragen nannten es
ungerecht, dass sich der Parteichef vor Gericht verantworten müsse.
9 Dec 2016
## LINKS
[1] http://www.rechtspraak.nl/Uitspraken-en-nieuws/Bekende-rechtszaken/Strafzaa…
## AUTOREN
Tobias Müller
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Geert Wilders
Niederlande
Lesestück Recherche und Reportage
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