| # taz.de -- Klage gegen Filmemacher bei Waffendoku: Einschüchterung gescheitert | |
| > Der Dokumentarfilmer Daniel Harrich recherchierte zu illegalen | |
| > Waffenexporten nach Mexiko. Eine Anklage gegen ihn wurde nicht | |
| > zugelassen. | |
| Bild: Daniel Harrich posiert für den Film „Meister des Todes“ | |
| Ob und wie frei Filmemacher und Journalisten heutzutage arbeiten können? | |
| Das ist eine der Fragen, um die es am Dienstag bei zwei Podiumsdiskussionen | |
| im Bundestag gehen soll. | |
| Die „Bedeutung gesellschaftspolitischer Debatten im öffentlich-rechtlichen | |
| Fernsehen“ ist das Oberthema der Veranstaltung des Grimme-Instituts – ein | |
| Teil von deren Reihe „Grimme trifft die Branche“. Ausgangspunkt der | |
| Diskussion sind Recherchen, die der Filmemacher Daniel Harrich gemeinsam | |
| mit Kollegen zu illegalen Kriegswaffenexporten in Krisenregionen Mexikos | |
| angestellt hatte, die schließlich in dem faktengesättigten ARD-Spielfilm | |
| „[1][Meister des Todes]“ und der TV-Dokumentation „[2][Tödliche Exporte]… | |
| Wie das G36 nach Mexiko kam“ mündeten. | |
| Auf die eingangs zitierte Frage kann Harrich bei der Diskussion, an der | |
| auch Vertreter von ARD und Politik teilnehmen, zumindest eine frische | |
| positive Teilantwort präsentieren. Das Amtsgericht München hat gerade eine | |
| im Zusammenhang mit den Mexiko-Recherchen stehende Anklage der | |
| Staatsanwaltschaft München gegen ihn und weitere Kollegen nicht zugelassen. | |
| Weil die Staatsanwaltschaft sich in der vergangenen Woche entschied, keine | |
| Revision einzulegen, ist die Entscheidung nun rechtskräftig. Zumindest was | |
| die Abwehr von rechtlichen Einschüchterungsversuchen gegen investigative | |
| Journalisten angeht, „funktioniert das Justizsystem“, sagt Harrich. | |
| ## Ein fragwürdiger Paragraf | |
| Zunächst hatte die Staatsanwaltschaft Stuttgart im Zusammenhang mit den | |
| Lieferungen von G36-Gewehren nach Mexiko im September 2015 Anklage gegen | |
| Mitarbeiter der baden-württembergischen Firma Heckler & Koch erhoben. Kurz | |
| darauf erstattete der auch für die Mexiko-Sache zuständige Stuttgarter | |
| Staatsanwalt Peter Vobiller eine Strafanzeige gegen Harrich und seine | |
| Mitstreiter bei der Staatsanwaltschaft München. Dort sitzt der | |
| Heyne-Verlag, der das Buch zur Dokumentation veröffentlicht hatte. Die | |
| Journalisten hätten widerrechtlich Dokumente veröffentlicht, die Teil der | |
| Akten im Verfahren gegen Heckler & Koch seien, hieß es. Befremdlich an | |
| diesem Vorwurf ist, dass die Journalisten die Dokumente selbst beschafft | |
| und der Justiz zur Verfügung gestellt hatten. | |
| Die Anklage basierte unter anderem auf dem Paragrafen 353d des | |
| Strafgesetzbuchs, der es untersagt, „amtliche Schriftstücke eines | |
| Strafverfahrens“ zu veröffentlichen, „bevor sie in öffentlicher Verhandlu… | |
| erörtert worden sind oder das Verfahren abgeschlossen ist“. Dieser Paragraf | |
| wirkt etwas aus der Zeit gefallen. Harrichs Anwalt Holger Rothbauer | |
| zweifelte gegenüber der Staatsanwaltschaft und dem Amtsgericht München an, | |
| dass er überhaupt verfassungskonform ist. Wäre dieser Paragraf etwa bei den | |
| Panama Papers der Maßstab gewesen, wären die Journalisten, die sie enthüllt | |
| haben, allesamt Straftäter, sagte Rothbauer der taz. | |
| Zwischenzeitlich, sagt Harrich, hätte die Staatsanwaltschaft München | |
| angeboten, das Verfahren einzustellen, wenn die Journalisten im Gegenzug | |
| 5.000 Euro an die Kinderkrebshilfe überweisen. Auf den Deal wollten die | |
| sich aber nicht einlassen, hätte er doch ein Schuldeingeständnis | |
| impliziert. | |
| ## Mitverantwortung verjährt | |
| Rothbauer spricht nun von einer „schweren Schlappe für Staatsanwalt | |
| Vobiller“. Dieser hätte, „anstatt Aufklärer von menschenverachtenden | |
| Waffengeschäften zu inkriminieren“, seine Arbeitszeit besser für die | |
| „Strafermittlung gegen die Rüstungsexportkontrollbehörden aufwenden | |
| sollen“. Das bezieht sich darauf, dass Mitarbeiter des | |
| Bundeswirtschaftsministeriums und des Bundesausfuhramts, die nach den | |
| Recherchen des ARD-Teams mitverantwortlich sind für die illegalen | |
| Geschäfte, nichts mehr zu befürchten haben. Ihre Taten sind verjährt. | |
| Peter Vobiller, der die Ermittlungen gegen die Journalisten ins Rollen | |
| gebracht hat, wurde mittlerweile von Stuttgart zur Staatsanwaltschaft | |
| Ravensburg versetzt. Als Beförderung muss man das nicht unbedingt | |
| verstehen. | |
| 13 Dec 2016 | |
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| ## AUTOREN | |
| René Martens | |
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