# taz.de -- ARD-Themenabend Rüstungshandel: Planet der Waffen | |
> Mit dem Spielfilm „Meister des Todes 2“ liefert Regisseur Daniel Harrich | |
> hochrelevantes Fernsehen. Es geht um illegale Deals deutscher | |
> Rüstungsfirmen. | |
Bild: Szene aus „Meister des Todes 2“: Miguel (Kristyan Ferrer) kommt an ei… | |
Die Geschichte, [1][die Regisseur Daniel Harrich] und Drehbuchautor Gert | |
Heidenreich in ihrem Spielfilm „Meister des Todes 2“ erzählen, endet wie | |
ein schlechter Krimi: In einem Gerichtsverfahren wegen illegaler | |
Waffenexporte eines Konzerns wird die Sekretärin verurteilt. Die | |
Strippenzieher aus der Firmenspitze hingegen kommen davon. | |
Harrich und Heidenreich können nichts dafür, dass die Geschichte so | |
ausgeht. Ihr Gerichtsdrama beruht auf einem realen Prozess am Landgericht | |
Stuttgart gegen Mitarbeiter der Firma Heckler & Koch (H&K). Es ging um den | |
verbotenen [2][Export von G36-Gewehren nach Mexiko]. Für den Konzern lief | |
es gut – abgesehen davon, dass der Erlös aus dem illegalen Verkauf der | |
Waffen (3,7 Millionen Euro) eingezogen wurde. Beim Freispruch für einen der | |
Beschuldigten aus der Führungsebene – einem Ex-Präsidenten des | |
Landgerichts Rottweil, der zu H&K gewechselt war – berücksichtigte das | |
Gericht „seine besondere Lebensleistung als Jurist“. | |
Es sei „der Skandal schlechthin, dass die Geschäftsführung frei aus diesem | |
Saal herausläuft“, sagte der Rüstungskritiker Jürgen Grässlin [3][nach dem | |
Urteil im Februar 2019]. Zu hören ist dieser Satz nun in der Doku „Tödliche | |
Exporte: Rüstungsmanager vor Gericht“, die mit dem Spielfilm zu einem | |
Themenabend gekoppelt ist. Der erste „Meister des Todes“-Film war 2015 | |
ebenfalls Teil eines Themenabends gewesen. | |
Im September 2014 überfielen Polizisten im mexikanischen Bundesstaat | |
Guerrero einen Bus und ermordeten sechs Studenten. 43 Studenten gelten bis | |
heute als vermisst. Verwendet worden waren auch G36-Gewehre von H&K. Das | |
zeigten unter anderem 13 Schmauchspuren am Tatort, sagt Daniel Harrich. | |
## Wenn Polizei und OG kooperieren | |
Guerrero gehört zu den nicht genehmigungsfähigen Gebieten Mexikos, weil | |
hier Polizei und Organisierte Kriminalität kooperieren. Die Doku | |
rekonstruiert, wie das Bundeswirtschaftsministerium H&K empfahl, jene | |
Bundesstaaten im Exportgenehmigungsantrag einfach wegzulassen. In den | |
Harrich vorliegenden Verträgen, die die Firma mit dem mexikanischen | |
Verteidigungsministerium abgeschlossen hat, sind die „verbotenen“ | |
Bundesstaaten freilich als Lieferort vermerkt. SWR-Redakteur Thomas | |
Reutter, verantwortlich für die Doku und seit zehn Jahren mit dem Fall | |
befasst, sagt, er sei „immer noch überrascht über die Symbiose zwischen | |
Rüstungsexportkontrolle und Rüstungsindustrie“. | |
Harrich verschafft seinen Filme oft Aufmerksamkeit im Politikbetrieb – | |
„Meister des Todes 1“ lief im Bundestag. Zur Fortsetzung sagt der | |
CDU-Politiker Frank Heinrich, Mitglied im Bundestagsausschuss für | |
Menschenrechte und humanitäre Hilfe: „‚Meister des Todes 2‘ wie auch die | |
Dokumentation zeigen eindrücklich, dass es immer noch zu leicht ist, die | |
deutschen Gesetze und Regelungen zu umgehen.“ | |
Warum ist das so? Die Recherchen legen als Erklärung nahe: | |
Wirtschaftsminister kommen und gehen, aber der Stab bleibt bestehen. Ein | |
Ministerialdirigent, der 15 Jahre lang eine zentrale Kontrollfunktion | |
bekleidete, begründete im Stuttgarter Prozess seine Kooperation mit H&K mit | |
den Worten, er arbeite schließlich beim Bundesminsterium für Wirtschaft. | |
Der SPD-MdB Frank Schwabe, auch Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte | |
und humanitäre Hilfe, betont nach Sichtung der neuen Harrich-Filme, es | |
seien „längst nicht alle Fragen an der Mitschuld der Firma Heckler & Koch“ | |
beantwortet. Das Gerichtsurteil aus dem Februar 2019 sei „vor allem für die | |
Familien der Opfer unbefriedigend“. Er könne sich „vorstellen, dass die | |
Strafzahlungen der Firma von 3,7 Millionen Euro in einen Opferfonds für die | |
Angehörigen in Mexiko fließen“. | |
Zur Qualität des Urteils passt, dass das Landgericht Stuttgart auch mehr | |
als ein Jahr nach Ende des Prozesses noch keine schriftliche Begründung | |
vorgelegt hat. „Ein Schelm, wer Böses dabei denkt“, sagt Daniel Harrich. | |
1 Apr 2020 | |
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[1] /Klage-gegen-Filmemacher-bei-Waffendoku/!5362313 | |
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## AUTOREN | |
René Martens | |
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