| # taz.de -- Kolumne Nach Geburt: Rollentausch! | |
| > Bis jetzt hat sich unsere Autorin um die Kinder gekümmert. Jetzt muss sie | |
| > arbeiten – und übernimmt die Kolumne von Papa Jürn Kruse. | |
| Bild: Papa kann es genauso gut. Und jetzt iss! | |
| Herr Kruse hat Elternzeit und kümmert sich um seine Töchter. | |
| Konsequenterweise gibt’s die Kolumne in dieser Zeit von mir, der Mutter. | |
| Tochter zwei ist zehn Monate alt und ich gehe wieder arbeiten, in Vollzeit. | |
| Das haben wir bei Tochter eins schon so gemacht und sind uns einig, dass | |
| wir alle davon profitieren. | |
| Dennoch stehen wir mit diesem Modell in unserem Umfeld ziemlich alleine da. | |
| Ja, viele Väter machen Elternzeit, aber maximal zwei Monate und die dann | |
| noch mit der Partnerin zusammen. Meist fährt man gemeinsam schön in den | |
| Urlaub. | |
| Was dabei verloren geht, ist der Perspektivwechsel, der komplette | |
| Rollentausch. Da ist der Hausmann auch mal beleidigt, wenn die Putzleistung | |
| nicht umgehend gebührend gelobt wird. „Nun stell dich nicht so an“, rutscht | |
| es mir raus. Das Ganze schaukelt sich hoch – und gipfelt in: „Boah, was | |
| bist du für ein mieser Chauvi.“ Von ihm. An mich gerichtet. | |
| ## Der andere sein | |
| Dann müssen wir lachen. Weil wir beide genau wissen, wie es ist, der andere | |
| zu sein. Denn der, der mit dem Baby zu Hause ist, denkt doch immer | |
| insgeheim, der andere hat es im Büro doch ganz schön: nette Kollegen, | |
| Verabredungen zum Mittagessen, Raucherpausen. Und der andere, der im Büro | |
| sitzt und die Kinder vermisst, denkt sich: „Hach, die kuscheln zu Hause | |
| bestimmt gerade und essen Waffeln mit Puderzucker.“ | |
| Aber zurück zu meiner Blase, in der mich erstaunlich viele Leute fragen, | |
| wie ich das denn eigentlich mache, mit zwei so kleinen Kindern und einer | |
| 40-Stunden-Woche. Ob die Kleine schon so früh in der Kita sei? Viele finden | |
| es wahrscheinlicher, dass wir auf vier Monate Elterngeld verzichten, als | |
| dass der Vater sich alleinverantwortlich um Baby und Haushalt kümmert. | |
| Warum ist es eigentlich selbstverständlich, dass der Mann Vollzeit | |
| arbeitet, solange die Frau in Elternzeit ist, aber umgekehrt ist das was | |
| Besonderes? Mein Freund wollte nicht unter meiner Aufsicht Elternzeit | |
| machen. Das kann ich gut verstehen. | |
| Natürlich würde ich gerne weniger arbeiten und mehr Zeit mit den Kindern | |
| haben, aber ich kann nicht Gleichberechtigung fordern und ihn dann nur | |
| gerade so viel ranlassen, wie es mir in den Kram passt. Außerdem will die | |
| neue Wohnung bezahlt werden. | |
| ## Papa kann's | |
| Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass das alles ganz einfach ist. | |
| Plötzlich schläft Tochter zwei nicht mehr durch und will auch nachts wieder | |
| gestillt werden. Das hält Tochter eins natürlich nicht davon ab, pünktlich | |
| um 5.40 Uhr mit mir Memory spielen zu wollen. Da muss ich dann die Zähne | |
| zusammenbeißen und mir einen sehr starken taz.presso kochen (immerhin zum | |
| Mitarbeiterpreis). | |
| Zum Glück weiß ich, dass ich von dieser Situation auf lange Sicht enorm | |
| profitieren werde und sie mir viele Freiheiten ermöglicht, weil ich nicht | |
| unersetzbar bin. Papa kann’s genauso gut. | |
| Auch Tochter eins beschäftigt das Thema Arbeit derzeit sehr. „Wir müssen | |
| jetzt alle zur Arbeit“, sagt sie, stöhnt und stellt ihren Mini-Stuhl an den | |
| Couchtisch: „Ich arbeite hier in meinem Büro bei meiner Arbeit“. „Und was | |
| machst du so im Büro?“ frage ich. „Ich schreibe Einkaufszettel.“ | |
| 4 Dec 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Imke Ankersen | |
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