| # taz.de -- Kolumne Nach Geburt: Oohoooh! Motorbiene! | |
| > Smartphone sei Dank war die Elternzeit weder unterfordernd noch | |
| > langweilig. Man sollte das Ding also auch mal loben. | |
| Bild: „… so schnell ich fahren kann. Oohoooh! Motorbiene!“ | |
| Ein Freund fragte mich am Ende der Elternzeit, ob ich nicht froh sei, | |
| endlich wieder unter Leute zu kommen. Die geistige Unterforderung der | |
| letzten Monate müsse einem kommunikativen Menschen wie mir doch sehr schwer | |
| gefallen sein. | |
| Das war nicht die einzige Nachfrage dieser Art. Auch in Zeitschriften las | |
| ich immer wieder von der Einsamkeit junger Mütter, von der vermeintlichen | |
| Isolation, von der Mischung aus Langeweile und Überforderung. Doch nichts | |
| davon kam mir bekannt vor. Mein Sozialleben war nie erfüllter. Das wird mir | |
| jetzt, da ich wieder arbeite, klar. Deshalb ein Loblied auf das Smartphone. | |
| Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie die Generationen vor uns die Babyjahre | |
| ohne Smartphone überstanden haben. Wenn meine Töchter im Milchkoma auf mir | |
| einschliefen, nutzte ich den Moment und schaute Netflix; während ich sie | |
| stundenlang in den Schlaf trug, hörte ich schwedische Podcasts. | |
| Durch Twitter war ich halbwegs auf dem neuesten Stand, was aktuelle | |
| Nachrichten anging, und hatte am Abend keine Probleme, mit meinem Freund | |
| über das Weltgeschehen zu diskutieren. Außer dass er eigentlich viel lieber | |
| über die Kinder reden wollte. | |
| ## Kurz was schicken | |
| Und während sich alles ums Stillen, Wickeln und Wäschewaschen drehte, | |
| konnte ich durch WhatsApp, iMessage und Co mühelos den Kontakt mit Freunden | |
| halten, auch wenn ich beim Feierabendbier nicht dabei war. Ich habe in | |
| dieser Zeit sogar alte Freunde wieder ausgegraben und chatte beinahe | |
| täglich mit Südafrika, Australien und Hollern-Twielenfleet. | |
| Das kann dann auch gerne mal morgens um fünf sein, während das Baby | |
| genüsslich eine Packung Wattepads auseinanderpflückt. So konnte ich in den | |
| letzten Jahren viele lustige Momente teilen und mich oft intensiver mit den | |
| Problemen meiner Freunde auseinandersetzen, als das bei persönlichen | |
| Treffen möglich gewesen wäre, wo die Kinder die ganze Zeit auf mir | |
| rumturnen. | |
| Auch die Omas und Opas sind ganz nah dran an der Entwicklung ihrer Enkel. | |
| „Ich muss Opa kurz noch was schicken“ sagt die 2-Jährige, drückt auf | |
| Sprachaufnahme und erzählt drauf los. Dann öffnet sie die Foto-App und geht | |
| alle Familienmitglieder durch. Sie erkennt jeden ihrer elf Cousins und | |
| Cousinen, egal wie weit weg die wohnen, und zählt stolz auf, wer zu wem | |
| gehört und welches Haustier besitzt. | |
| ## ZDF-Hitparade | |
| Natürlich sollte man nicht den ganzen Tag aufs Display starren und dadurch | |
| das Hier und Jetzt verpassen. Ich finde nur, das Hier und Jetzt wird durch | |
| Kontakt zu Freunden und Verwandten an anderen Orten mächtig aufgewertet. | |
| Und natürlich durch Musik. | |
| Nach dem Baden darf Tochter eins immer ein YouTube-Video gucken. Stilsicher | |
| wünscht sie sich Klassiker aus der ZDF-Hitparade, fängt an auf dem | |
| Wickeltisch zu tanzen und grölt dabei aus voller Kehle „Um Mitternacht | |
| werf' ich den Motor an, und bring dich heim, so schnell ich fahren kann. | |
| Oohoooh! Motorbiene!“ | |
| Rollentausch: Normalerweise schreibt an dieser Stelle Jürn Kruse. Der ist | |
| aber gerade in Elternzeit, also muss seine Freundin ran. | |
| 2 Feb 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Imke Ankersen | |
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