| # taz.de -- Illegale Siedlungen im Westjordanland: Schlappe für Netanjahu | |
| > Israel will illegale Siedlungen im Westjordanland legalisieren. | |
| > Ministerpräsident Netanjahu wollte die Abstimmung hinauszögern. | |
| Bild: Das 1995 erbaute Amona ist eine der größten von rund 100 illegalen Sied… | |
| Jerusalem taz | Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte noch versucht, die | |
| Abstimmung zu verschieben. Er nannte Bildungsminister Naftali Bennett | |
| (Habayit Hajehudi) im Vorfeld „kindisch und unverantwortlich“, weil dieser | |
| unnachgiebig auf den Abstimmungstermin am Sonntag pochte. Doch der | |
| Hardliner Bennett setzte sich am Ende durch. | |
| Der Ministerausschuss für Gesetzgebung verabschiedete am Sonntagabend | |
| einstimmig einen Entwurf, der bereits gebaute illegale Siedlungen im | |
| Westjordanland legalisieren würde. Das betrifft israelische Siedlungen, die | |
| auf privatem palästinensischen Grund stehen und bisher nicht von Israel | |
| anerkannt wurden. Mit dem Gesetz sollen illegal geschaffene Tatsachen | |
| nachträglich legalisiert werden. | |
| Knapp die Hälfte der israelischen Siedlungen im Westjordanland sind bisher | |
| nicht von von der Regierung genehmigt. Es handelt sich oft um Außenposten, | |
| in denen einige Familien in Wohnwagen oder einfachen Fertighäusern wohnen, | |
| die über Nacht aufgestellt wurden. Manche dieser wilden Siedlungen sind | |
| aber mithilfe der Regierung entstanden. Für diese soll das neue Gesetz | |
| gelten. Siedler könnten dann argumentieren, in gutem Glauben gehandelt zu | |
| haben – weil die Regierung beim Bau geholfen hat. Palästinenser, die | |
| beweisen können, dass das Land ihnen gehört, sollen entschädigt werden. | |
| „Ihr hattet alle ein Jahr Zeit, euch darum zu kümmern, aber nichts ist | |
| passiert. Hunderttausende Israelis sind Bürger zweiter Klasse, und jetzt | |
| ist es an der Zeit, weiter zu machen“, kommentierte Bennett den Versuch | |
| Netanjahus, die Abstimmung zu verschieben. Zwar muss der Entwurf noch die | |
| Knesset, das israelische Parlament, passieren. Doch den Machtkampf gegen | |
| die rechten Hardliner in seinem Kabinett hat Netanjahu verloren – obwohl er | |
| zuvor die Mitglieder seiner Likud-Partei dazu aufgerufen hatten, gegen den | |
| Entwurf zu stimmen. | |
| ## Netanjahu wollte Gerichtsentscheid abwarten | |
| Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit sagte am Sonntag, das Gesetz | |
| verstoße gegen internationales Recht und ließe sich vor dem Obersten | |
| Gerichtshof nicht verteidigen. Sicherheitsminister Avigdor Lieberman | |
| (Yisrael Beitenu) warf Bennett vor, mit seinem Verhalten nur an | |
| Wählerstimmen zu denken und damit das gesamte Siedlungsprojekt zu | |
| gefährden. Bennett zeigt sich in den Tagen zuvor bei protestierenden | |
| Siedlern, die zu seiner Wählerschaft zählen, und versprach ihnen, den | |
| Entwurf durchzusetzen. | |
| Netanjahus Ablehnung der Abstimmung hatte taktische Gründe. Anlass ist der | |
| Fall der Siedlung Amona, die geräumt werden soll. Amona zählt zu einer der | |
| größten von rund 100 illegalen Siedlungen im Westjordanland. Sie wurde 1995 | |
| gegründet, heute leben mehr als 40 Familien dort. Zur Zeit der Abstimmung | |
| bearbeitete der Oberste Gerichtshof einen Antrag der Regierung, die Räumung | |
| von Amona um sieben Monate zu verschieben. | |
| Netanjahu wollte bis zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofes warten. Am | |
| Montag schließlich lehnte das Gericht den Aufschub ab – die Räumung soll | |
| demnach spätestens bis zum 25. Dezember diesen Jahres passieren. | |
| ## Gebetsruf als Lärmbelästigung | |
| Die Palästinensische Autonomiebehörde hat inzwischen Reaktionen angekündigt | |
| – auch wegen eines weiteren Gesetzentwurfes, der im Ministerausschuss | |
| verabschiedet wurde. Mit diesem soll Muezzinen in Israel verboten werden, | |
| über Lautsprecher Muslime zum Gebet aufzurufen, da dies eine | |
| Lärmbelästigung darstelle. | |
| Der Sprecher von Palästinenserpräsident Machmud Abbas, Nabil Abu Rudeineh, | |
| sagte laut Medienberichten, die palästinensische Führung werde sich nun an | |
| den UN-Sicherheitsrat und andere internationalen Organisationen wenden, um | |
| die Gesetzentwürfe zu verhindern. | |
| Netanjahu, der das Lautsprecher-Gesetz befürwortet, verglich den Entwurf | |
| mit ähnlichen Gesetzen in Europa und sprach vom Schutz der Gesellschaft vor | |
| exzessivem Lärm. Die arabische Knesset-Abgeordnete Hanin Zoabi hingegen | |
| sagte laut Medienberichten: „Das hier ist nicht Europa. Jeder, der sich wie | |
| in Europa fühlt und glaubt, dass das hier Europa ist, sollte darüber | |
| nachdenken, dorthin zu gehen.“ | |
| 14 Nov 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Lissy Kaufmann | |
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