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# taz.de -- WDR-Dokumentation über Heckler & Koch: Überleben in der Waffenfab…
> Ein Dokumentarfilmer kehrt nach 32 Jahren zurück nach Oberndorf. Der Ort
> am Neckar ist die kleine Hauptstadt der deutschen Rüstungsindustrie.
Bild: Die Waffengegner von Oberndorf
In blau-weiß-roten Uniformen paradieren sie durch die schmalen Gassen und
blasen den Marsch, zusammen mit den Kollegen von der Waffen-SS und den
Milizionären irgendeines damals gerade amtierenden oder marodierenden
afrikanischen Diktators – Bokassa kann es 1984 nicht mehr gewesen sein.
Zu sehen ist der „Umzug der Stadtkapelle bei der 1.200-Jahr-Feier in
Oberndorf, in die wir einige fremde Teilnehmer einmontiert hatten“, so
beschreibt es Wolfgang Landgraeber in „Vom Töten leben“, seinem neuen Film,
für den er nach 32 Jahren an den Ort des Umzugs zurückgekehrt ist: „Von
hier aus geht der Tod in die Welt. Oberndorf am Neckar. Hier wohnen
Menschen, die stolz darauf sind, Kriegsgerät zu bauen.“
Denn hier produzieren die Firmen Mauser, inzwischen Rheinmetall, und
Heckler & Koch – deren allzu hitzesensibles Sturmgewehr G36 das Unglück der
Verteidigungsministerin ist. Damit und mit dem Vorgänger G3 legen derzeit
im Irak und in Syrien Kurden und IS-Kämpfer aufeinander an.
„Damals kämpfte ich hier gegen ein Kartell des Schweigens. Keine
Dreherlaubnis, keine Interviews.“ Daran hat sich für Landgraeber nichts
geändert. Die Rüstungsarbeiter und ihr Bürgermeister unterstellen dem
Filmemacher (zu Recht) Voreingenommenheit. Da kommt ein bisschen
Klassentreffen-Atmosphäre auf, wenn Landgraeber nun wieder auf die
Waffengegner trifft, mit denen er schon vor drei Jahrzehnten gesprochen
hat, für seinen Film „Fern vom Krieg“.
## Wie kann man hier leben?
Die Menschen sahen damals anders aus, die Dokumentarfilme auch. „Frieden
schaffen ohne Waffen“, forderten die Friedensbewegten und fragen sich noch
heute, „wie man hier leben kann“. Das fragt sich auch der Zuschauer und ist
deshalb gespannt auf die Argumente der Gegenseite.
Ein Ex-Betriebsratsvorsitzender von Heckler & Koch bricht das Schweigen,
denn er hat „keine größeren“ Gewissensbisse: „Weil meine Philosophie die
ist: Seit es den Homo sapiens gibt, gibt es Waffen und Kriege.“
Ein Passant auf dem Weihnachtsmarkt hängt einer pragmatischeren Richtung
an: „Isch egal, wo man schafft, Hauptsache, man kann überlebe. Und in
Oberndorf gibt’s halt keine andere Möglichkeit.“ „Überleben“ ist nat�…
eine bemerkenswerte Wortwahl. Und: In Oberndorf, lernt der Zuschauer,
heißen Waffen „Geräte“ und Menschen „Weichziele“.
„Vom Töten leben“ ist auch ein Film über Zwangsarbeiter im Krieg, die den
Waffen hier bereits im Stadium ihrer Herstellung zum Opfer gefallen sind.
Über Flüchtlinge aus Bosnien und einen Chirurgen aus Kenia, die sich nun an
dem Ort eingefunden haben, aus dem die Waffen stammen, derentwegen das
Überleben in ihrer Heimat zum Problem wurde.
Über den Niedergang eines Ortes. Der Krieg boomt, aber seinen Lieferanten
geht es nicht gut. Vor 32 Jahren fanden bei den Waffenschmieden noch ein
paar Tausend Oberndorfer Arbeit, heute sind es noch ein paar Hundert.
Vielleicht werden, wenn Wolfgang Landgraeber im Jahr 2048 zurückkehrt, um
seine Doku fortzusetzen, die einzigen Waffen hier die sein, die das
Waffenmuseum ausstellt. Denn natürlich ist das Heimatmuseum ein
Waffenmuseum.
23 Nov 2016
## AUTOREN
Jens Müller
## TAGS
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