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# taz.de -- Ausbildungszahlen in Bremen: Transparenz sieht anders aus
> Nur 207 Schulabgänger sind dieses Jahr in Bremen angeblich ohne
> Ausbildungsvertrag. Was wirklich hinter den Zahlen steckt, haben Schüler
> aufgedeckt.
Bild: „Eingemündete“ oder bloß „versorgte“ Schulabgänger? Für die A…
BREMEN taz | Diese Statistik ist nichts für Anfänger: Die Agentur für
Arbeit, die Handels- und die Handwerkskammer veröffentlichten Anfang des
Monats die Zahlen zum Stand der Ausbildungsverträge im Land Bremen. Demnach
gibt es in diesem Jahr in Bremen 207 Jugendliche ohne einen
Ausbildungsvertrag –eine erfreulich niedrige Zahl. Das Problem ist nur: Sie
stimmt nicht.
Die Statistik der Agentur für Arbeit verzeichnet für das Ausbildungsjahr
2015/16 4789 Bewerber. 96 Prozent von ihnen, so geht aus der Statistik
hervor, sind „versorgt“. Wer jetzt denkt, „versorgt“ bedeute so viel wie
„versorgt mit einem Ausbildungsvertrag“, liegt jedoch falsch: Das ist nur
das Zauberwort, mit dem die wahren Zahlen kaschiert werden sollen. Wer
einen wirklichen, echten Vertrag in der Tasche hat, ist laut
Statistik-Deutsch nämlich nicht nur „versorgt“, sondern „eingemündet“.
Diese Zahl findet sich jedoch nicht in der Pressemitteilung von Anfang
November, in der lediglich von den „Versorgten“ die Rede ist. Denn diese
Zahl zeigt: Nur 1786 Jugendliche haben einen regulären Ausbildungsplatz.
Das sind 37 Prozent und damit nur knapp mehr als ein Drittel der Bewerber.
Die anderen, also fast zwei Drittel der als „Bewerber“ bei der Agentur für
Arbeit geführten Jugendlichen haben demnach keinen regulären
Ausbildungsplatz. Sie gehen weiter zur Schule, nehmen an
berufsvorbereitenden Maßnahmen teil oder absolvieren ein Praktikum, kurz:
Sie befinden sich in der Warteschleife.
Schon seit 2014 beschäftigen sich Schüler der Gesamtschule Ost (GSO) in
einem Projekt mit den Zahlen der Arbeitsagentur. Sie wälzten Statistiken,
fragten nach, ihre Forderungen wurden sogar in die Ergebnisliste der
Armutskonferenz aufgenommen. Sie fordern seit Jahren eine transparentere
Statistik, in der die wahren Zustände nicht durch Worthülsen wie „versorgt�…
oder „eingemündet“ verbrämt werden, sondern in der klar gesagt wird, was
Sache ist: Wieviele Bewerber haben einen Ausbildungsvertrag? Und wieviele
nicht?
Seit Mai 2016 gibt es sogar einen Bürgerschaftsbeschluss, wonach der Senat
aufgefordert ist, „Entwicklungen auf dem regionalen Arbeitsmarkt
transparent darzustellen“. Passiert ist seitdem allerdings nichts.
Die GSO-Schüler haben außer der niedrigen Einmündungsquote noch etwas
herausgefunden: In der Statistik berücksichtigt sind lediglich die als
„Bewerber“ klassifizierten Jugendlichen. Völlig aus dem Blick geraten so
die Jugendlichen, die von der Arbeitsagentur als „nicht ausbildungsfähig“
oder „nicht ausbildungsreif“ eingestuft wurden.
Auch diese Jugendlichen suchen einen Ausbildungsplatz, fallen aber nach
unklaren Kriterien aus dem Bewerberstatus heraus und erhalten in der Folge
auch keine Angebote. Wieviele Jugendliche davon betroffen sind, weiß jedoch
niemand so genau, denn sie werden nicht erfasst.
Transparenz sieht anders aus, und wie unter diesen Bedingungen die
„Ausbildungsgarantie“ gewährleistet sein soll, die der Bremer Senat allen
Jugendlichen unter 25 verspricht, fragen sich nicht nur die Schüler der
GSO. Hans-Wolfram Stein, der das Schülerprojekt begleitet hat, sagt: „Man
will sich die Zahlen schönreden, und deshalb wird die wahre Zahl der
sogenannten ‚eingemündeten‘ Jugendlichen verschwiegen.“
Die Schüler, die auf der „Nacht der Jugend“ ihre Ergebnisse mit Björn
Tschöpe (SPD) Mathias Güldner (Grüne), Birgit Bergmann (CDU) und Mirjam
Strunge (Linke) diskutiert haben, hoffen jetzt auf eine vage ins Spiel
gebrachte Bundesratsinitiative, mit der die bundesweite Statistik geändert
werden könnte, hin zu mehr Transparenz. Die Ergebnisse ihrer Recherchen
zeigen sie ab Mittwoch in einer Ausstellung in der Gesamtschule Bremen Ost.
20 Nov 2016
## AUTOREN
Karolina Meyer-Schilf
## TAGS
Bremen
Agentur für Arbeit
Handelskammer
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