# taz.de -- Zweite Bremer Armutskonferenz: Ratschlag gegen Jugendarmut | |
> Fast jeder dritte Bremer Jugendliche findet keinen Ausbildungsplatz – | |
> unter ihnen sind jetzt auch Geflüchtete. | |
Bild: Ihre Aussichten auf einen Ausbildungsplatz sind nicht gerade rosig: Kinde… | |
BREMEN taz | Heute findet die zweite Bremer Armutskonferenz nun wirklich | |
statt. Vergangenen November war der erste Anlauf gescheitert, weil in | |
Zelten untergebrachte Geflüchtete nach einer Unwetterwarnung am geplanten | |
Veranstaltungsort unterkommen mussten. | |
Unter dem Titel „Alle Jugendlichen befähigen“ hat ein Bündnis aus 15 | |
Organisationen eingeladen – darunter der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) | |
und die Arbeitnehmerkammer. Die Konferenz im Bürgerzentrum Neue Vahr | |
befasst sich mit dem Weg in den Beruf und mit der Suche nach | |
Ausbildungsplätzen. Über 200 TeilnehmerInnen aus Politik und | |
Sozialverbänden sowie weitere Interessierte haben sich für den Kongress mit | |
Workshops, Diskussionen und Vorträgen angemeldet. | |
Auf der nun nachgeholten Konferenz wird es neben den knappen | |
Ausbildungsplätzen schwerpunktmäßig auch um die vielen jungen Geflüchteten | |
gehen, die in Bremen leben und hier ebenfalls nach einem Ausbildungsplatz | |
suchen. Die Hälfte der Flüchtlinge sei unter 25 und wolle arbeiten, um | |
ihren eigenen Lebensunterhalt zu verdienen, sagt René Böhme, | |
wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Arbeit und Wirtschaft an der | |
Universität Bremen. | |
Und dafür brauchen die Jugendlichen eine Ausbildung., sagt Thomas Schwarzer | |
von der Arbeitnehmerkammer – sonst seien sie besonders armutsgefährdet. | |
Dass es in Bremen und Bremerhaven dafür aber nun gar nicht genug Plätze | |
gibt, räumt auch Schwarzer ein: Im Jahr 2015 hätte es nur 7.150 | |
Ausbildungsmöglichkeiten gegeben. „Die Zahl der Plätze“, so Schwarzer, �… | |
gegenüber dem Jahr 2011 sogar rückläufig.“ Die Nachfrage sei groß. „Seit | |
vielen Jahren übersteigt das Interesse von ausbildungsinteressierten | |
Jugendlichen das Angebot deutlich“, so der Experte von der | |
Arbeitnehmerkammer. | |
DGB-Sprecherin Daniela Teppich sieht jetzt die Bremer Unternehmen am Zug. | |
Sie fordert die Wirtschaft auf, mehr Ausbildungsplätze zu schaffen. „Drei | |
Viertel der Betriebe im Land Bremen bilden nicht aus“, sagt Teppich. | |
Schon heute zeigen sich die verheerenden Folgen des | |
Ausbildungsplatzmangels: Rund 7.000 junge Menschen zwischen 18 und 24 | |
Jahren hätten derzeit gar keinen Berufsabschluss und viele starteten mit | |
Hartz IV ins Berufsleben, so der Hauptvorsitzende der Paritätischen, Gerd | |
Wenzel. 12.000 Jugendliche sind nach Angabe der Paritätischen bereits auf | |
Hartz IV angewiesen. | |
Und selbst wenn sie Ausbildungen machten, sagt Teppich, würden sie wenig | |
verdienen. Denn die Ausbildungsvergütung würden bei Jugendlichen, die | |
notgedrungen noch bei Ihren Eltern lebten, vom Jobcenter direkt wieder | |
eingefordert. So bliebe den Jugendlichen nur die Grundsicherung und sie | |
seien zudem sogar gezwungen, bis 25 bei ihren Eltern wohnen. So schreibt es | |
die sogenannte „Stallpflicht“ des Jobcenters vor. | |
Als „soziale Ausgrenzung“ bezeichnet Elisabeth Mahlberg-Wilson vom | |
Deutschen Roten Kreuz diese Regelung. Selbstbestimmtes Wohnen ist heute | |
eine Grundvoraussetzung zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. | |
Diese und viele andere Regelungen stehen heute in der Kritik der | |
Armutskonferenz, auf der das Problem der Bremer Jugendarmut diskutiert | |
wird. Über Austausch und Vernetzung hinaus würden die TeilnehmerInnen | |
Forderungen und Lösungen erarbeiten, sagt Mitorganisatorin Anke Teebken von | |
der Paritätischen. Den fertigen Forderungskatalog sollen dann die Bremer | |
PolitikerInnen erhalten – die tatsächlich etwas an der Jugendarmut ändern | |
könnten. | |
8 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Eva Przybyla | |
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