# taz.de -- Kommentar Russlands ICC-Rückzug: Der Makel von Den Haag | |
> Schwache werden verurteilt, Starke dürfen abhauen: Nach Russlands Abgang | |
> steht der Internationale Strafgerichtshof schlecht da. | |
Bild: Do swidanja, Den Haag: Dabei ist es dort doch ganz schön | |
Es ist zwar nur ein symbolischer Akt der russischen Regierung, ihre | |
[1][Unterschrift unter das Rom-Statut des Internationalen Strafgerichtshofs | |
zurückzuziehen.] Tatsächlich hatte Russland das Statut zwar mit | |
ausgehandelt und unterschrieben, aber nie ratifiziert, war also auch kein | |
Vertragsstaat geworden. Daran ändert der Rückzug der Unterschrift nichts. | |
Aber die Formulierung „nur symbolisch“ ist an dieser Stelle vermutlich | |
falsch. Denn der Strafgerichtshof ist in einer fulminanten Krise, nachdem | |
mit Gambia, Burundi und vor allem Südafrika gleich drei Staaten in den | |
letzten Monaten ihren Austritt aus dem Rom-Statut erklärt hatten. | |
Begründung: Der Gerichtshof sei voreingenommen und verhandele nur | |
afrikanische Fälle. | |
Der Makel der Einseitigkeit lastete von Beginn an über der Institution. | |
Tatsächlich waren mit Russland, China und den USA gleich drei der fünf | |
Vetomächte im UN-Sicherheitsrat dem Rom-Statut nie beigetreten. Dabei kann | |
der Sicherheitsrat auch gegen den Willen von Nichtmitgliedstaaten | |
Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die | |
Menschlichkeit an den Gerichtshof delegieren – jede Vetomacht allerdings | |
kann solche Ermittlungen gegen sich selbst jederzeit verhindern. | |
Menschenrechtsorganisationen und die Verfechter des Gerichtshofs hatten | |
dennoch stets die Hoffnung gehegt, das Gericht werde sich in der Praxis | |
bewähren und schließlich auch die Großen zur Mitarbeit bewegen können. | |
Russlands Rückzug in dem Moment, wo der Strafgerichtshof Ermittlungen wegen | |
des Südossetien-Krieges aufnimmt und sich kritisch zur Krim-Annexion | |
äußert, bestärkt da nur den Eindruck eines Gerichtshofs, der qua Konstrukt | |
die Schwachen verurteilt und die Starken laufen lässt. | |
Damit ist der große Traum der Gründer, mit dem Strafgerichtshof könne die | |
Straflosigkeit für schwerste Verbrechen tatsächlich der Vergangenheit | |
angehören, in noch weitere Ferne gerückt. | |
17 Nov 2016 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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