# taz.de -- Deutsche Reaktion auf HDP-Festnahmen: Steinmeier bestellt Gesandten… | |
> Die Opposition fordert Konsequenzen. Der Außenminister verschärft seine | |
> Kritik. Die Kanzlerin bleibt „höchst alarmiert“. | |
Bild: Die kurdische Politikerin Sebahat Tuncel wird in Diyarbakir auf einer Dem… | |
BERLIN taz | Nach der Festnahme von Oppositionspolitikern verschärft die | |
Bundesregierung ihre Kritik an der Türkei. Genauer gesagt: Ein Teil der | |
Bundesregierung verschärft ihre Kritik. Außenminister Frank-Walter | |
Steinmeier (SPD) drohte am Freitag indirekt damit, dass die | |
Beitrittsverhandlungen zwischen der EU und der Türkei scheitern könnten. | |
„Meine Partei hat sich immer dafür eingesetzt, der Türkei den Weg nach | |
Europa zu ebnen. Es ist jetzt an den Verantwortlichen in der Türkei, sich | |
darüber klar zu werden, welchen Weg ihr Land gehen will und was das für die | |
Beziehungen zur Europäischen Union bedeutet“, sagte der SPD-Politiker nach | |
einem Gespräch mit seinem britischen Amtskollegen Boris Johnson in Berlin. | |
Schon am Vormittag hatte Steinmeier den Geschäftsträger der türkischen | |
Botschaft zu einem Gespräch ins Auswärtige Amt zitiert. Nach Angaben des | |
Ministeriums handelte es sich nicht um eine simple Einladung, sondern um | |
eine förmliche Einbestellung – einen seltenen und scharfen Ausdruck | |
diplomatischer Verstimmungen. Das Gespräch fand am Nachmittag statt. | |
Vorsichtiger als Steinmeier reagierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) | |
auf die Ereignisse in der Türkei. Ihr Sprecher Steffen Seibert vermied es | |
am Freitag, der Türkei konkrete Konsequenzen anzudrohen. Er sagte | |
lediglich: „Es bleibt dabei: Es ist höchst alarmierend, was in der Türkei | |
geschieht.“ Die Formulierung „höchst alarmierend“ hatte Merkel bereits am | |
Mittwoch verwendet, um gegen die Festnahme von Journalisten der | |
oppositionellen Tageszeitung Cumhuriyet zu protestieren. | |
Der türkischen Regierung ging schon dieser Protest der deutschen Kanzlerin | |
zu weit. Justizminister Bekir Bozdağsagte am Freitag, Merkel habe kein | |
Recht, der Türkei „Lektionen zu erteilen“. Rechtsstaat und Freiheit gebe es | |
in Deutschland schließlich nur auf dem Papier. „Wenn Sie ein Türke in | |
Deutschland sind, haben sie überhaupt keine Rechte.“ Staatspräsident Recep | |
Tayyip Erdoğan hatte der Bundesregierung bereits am Donnerstag vorgeworfen, | |
„den Schoß für Terroristen“ zu öffnen und Anhänger der kurdischen | |
Arbeiterpartei PKK und der Gülen-Bewegung zu unterstützen. | |
Ungeachtet dessen forderte die Opposition in Deutschland am Freitag, dass | |
die Bundesregierung mit konkreten Maßnahmen auf die Entwicklungen in der | |
Türkei reagiert. Die Linke-Bundestagsabgeordnete Sevim Dağdelen forderte | |
Sanktionen wie Einreiseverbote und Kontosperrungen für Erdoğanund dessen | |
Vertraute. „Die Festnahmen sind ein klares Signal Erdoğansfür einen | |
Bürgerkrieg in der Türkei. Alle Zugeständnisse an ihn wird er als | |
Ermutigung verstehen“, sagte sie. Grünen-Chef Cem Özdemir stellte die | |
Stationierung von Bundeswehrsoldaten in der Türkei infrage. „Spätestens | |
jetzt steht dieser Bundeswehreinsatz auf dem Prüfstand“, sagte Özdemir. | |
Die Kritik aus der Opposition an der Türkei ist bekannt. Neu ist dagegen, | |
dass sich am Freitag sogar Bundespräsident Joachim Gauck in die Debatte | |
einschaltete. „Was ich derzeit in der Türkei beobachte, bestürzt mich“, | |
sagt er dem Spiegel. Er befürchte „die endgültige Abkehr der Türkei vom Weg | |
in Richtung Europa“. Dass sich der Präsident so explizit in einen | |
außenpolitischen Konflikte einmischt, ist ungewöhnlich – noch | |
ungewöhnlicher als die Einbestellung des türkischen Gesandten ins | |
Auswärtige Amt. | |
4 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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