# taz.de -- AfD in den Bezirken: Unbedarft und ungepflegt | |
> Wer sind die Neuen von der AfD, und was bedeutet ihr Einzug in die | |
> Bezirksparlamente und Rathäuser? Eine Spurensuche in Treptow-Köpenick | |
Bild: Die AfD zieht in alle Bezirksparlamente ein – für Initiativen gegen Re… | |
Klemens Riebe ist Unternehmensberater und hat seinen Firmensitz in einer | |
der idyllischsten Gegenden von Köpenick. Um das Jahr 1970 herum ist er in | |
Lichtenberg zur Schule gegangen. Das sind die Ergebnisse, wenn man Riebe | |
googelt. Seine eigene Website ist offline. | |
Riebe zieht heute als Verordneter der AfD in die | |
Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Treptow-Köpenick ein. Unter seinen | |
Fraktionskollegen gehört er zu den wenigen, die im Internet überhaupt | |
Spuren hinterlassen haben. Ziehen da für die Rechtspopulisten nur | |
unbedarfte, farblose Verordnete ein? | |
Den Eindruck gewinnt man, wenn man mit Bezirkspolitikern spricht. „Im | |
Wahlkampf bin ich keinem einzigen Kandidaten der AfD begegnet“, sagen etwa | |
die Fraktionsvorsitzenden von SPD und Linken, Alexander Freier und Philipp | |
Wohlfeil. | |
Ähnlich unbedarft beschreiben sie den Kandidaten der AfD fürs Bezirksamt, | |
der sich ihren Fraktionen in den letzten Tagen vorgestellt hat: Bernd | |
Geschanowski. Der Mittfünfziger hätte sich in der SPD als Lampenverkäufer | |
und bei den Linken als Schiffbauer vorgestellt, der gerade im | |
Elektronikgeschäft tätig sei. Er sei „ungepflegt“ aufgetreten, er habe von | |
Politik und Verwaltung keine Ahnung, so der Linke Wohlfeil. „Die einzige | |
politische Aussage, die wir ihm entlocken konnten, war, dass er gegen | |
Geschlechterquoten ist,“ so Wohlfeil. „Ansonsten erscheint er wie das | |
Abziehbild eines unbedarften AfDlers.“ | |
Der SPD-Mann Freier sagt: „Er kennt das Wahlprogramm seiner eigenen Partei | |
nicht. Er weiß nicht, was ein Stadtrat zu tun hat. Ich traue ihm nicht zu, | |
eine Verwaltung zu leiten.“ | |
SPD und Linke, die in der BVV gemeinsam eine Mehrheit haben, werden | |
Geschanowski unter keinen Umständen wählen. Wohlfeil: „Ob wir im zweiten | |
oder dritten Wahlgang durch Enthaltung oder Nichtteilnahme seine Wahl | |
möglich machen, werden wir vor Ort sehen. Ich weiß nicht, ob die AfD | |
jemanden nominieren würde, der weniger schlimm ist.“ | |
Das Wahlprogramm der AfD im Südostbezirk liest sich zu großen Teilen wie | |
ein Beschaffungsprogramm für die Immobilienwirtschaft. Die Partei sieht die | |
Lösung der Wohnungsfrage darin, mehr privates Wohneigentum zu schaffen. Das | |
soll über allerlei detailreich ausgeführte Förderprogramme und Änderungen | |
im Steuerrecht erfolgen. Die AfD hat übersehen, dass der Bezirk keine | |
Steuergesetze erlässt, aber ihr Detailwissen spricht dafür, dass in ihren | |
Reihen Vertreter der Immobilienwirtschaft sind. | |
Richtig konkret wird es beim Zentrum für Demokratie in Schöneweide, das | |
sich im Kampf gegen rechts einen Namen gemacht hat – es ist ihnen ein Dorn | |
im Auge. Aus AfD-Sicht hat es sich „zu einem Tummelplatz für linksradikale | |
und zum Teil verfassungsfeindliche Propaganda entwickelt“ und soll seine | |
„einseitige Orientierung auf linke Projekte“ beenden. | |
Stein des Anstoßes war eine Veranstaltung im Zentrum im Frühjahr zum Umgang | |
der demokratischen Parteien mit der AfD im Wahlkampf. Das Bezirksamt, das | |
das Zentrum finanziell fördert, hatte auf seiner Website auf die | |
Veranstaltung hingewiesen. Dagegen hatte die AfD erfolgreich vor dem | |
Verwaltungsgericht geklagt. Das Gericht sah darin einen Eingriff in das | |
Recht auf Chancengleichheit der Parteien. Der Gerichtssieg war eine | |
Sternstunde für die AfD – für zivilgesellschaftliche Initiativen könnten | |
mit ihrem Einzug ins Bezirksamt und die BVV harte Zeiten anbrechen. | |
27 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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Kay Nerstheimer | |
Berliner Bezirke | |
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