# taz.de -- Historiker über Dortmund – Schalke: „Es ist eine besondere Atm… | |
> Ein „Hassduell“ ist das Derby erst seit den achtziger Jahren. Seit die | |
> Tickets über 100 Euro kosten, geht auch der Hass zurück, sagt Paul | |
> Nierhaus. | |
Bild: Im September 2001 stand das Derby im Zeichen der Trauer um die Toten von … | |
taz: Herr Nierhaus, am Samstag spielt Dortmund wieder gegen Schalke. | |
„Hassduell“, „Medienhype“, was ist das Derby? | |
Paul Nierhaus: Ein Hassduell ist es nicht mehr. Das war es zeitweise, aber | |
das ist vorbei. Medial werden diese Spiele natürlich aufgegriffen, wobei | |
die mediale Behandlung immer auch etwas Folkloristisches hat. | |
Wann wurde es ein Hassduell? | |
Ab den achtziger Jahren wurde es emotionaler wahrgenommen als vorher. Das | |
hängt mit den sozialen Veränderungen im Ruhrgebiet zusammen, dem Niedergang | |
der Kohle- und Stahlindustrie. Bis dahin haben viele Menschen hier ihr | |
Selbstbewusstsein daraus gezogen, sich als Antrieb des Fortschritts zu | |
verstehen: Mag sein, dass man seinen Fuß nicht in alle hiesigen Flüsse | |
halten konnte, aber man wusste doch, dass man wichtig ist. Als das | |
wegbrach, wurden der Fußball und seine Vereine noch bedeutender. | |
Repräsentieren Dortmund und Gelsenkirchen verschiedene Ergebnisse des | |
Strukturwandels: Bei den einen hat ’s geklappt, bei den anderen nicht? | |
So weit würde ich nicht gehen. Der Fußball hat eine größere Bedeutung | |
bekommen, und das sind ja die sportlich stärksten Klubs in der Region. | |
Oft sind es ja Konflikte zwischen Vereinen mit proletarischen und | |
bürgerlichen Wurzeln: 1860 vs. Bayern, St. Pauli vs. HSV und so weiter. | |
Findet sich hier eine Erklärung für die Rivalität von Schalke und Dortmund? | |
Nein, gar nicht. Beide waren Arbeitervereine, und das bietet ja eine | |
mögliche Erklärung: dass es darum geht, wer der führende Arbeiterverein | |
ist. Schalke 04 war in den dreißiger Jahren dominant und konnte zeigen, | |
dass Arbeiter besser kickten als Bürger. In den fünfziger Jahren kam dann | |
der BVB als Konkurrent hinzu. | |
Sie sagten, die Sache mit dem Hassduell sei aber jetzt vorbei. | |
Der Fußball hat sich ja in den vergangenen Jahren immer stärker | |
professionell vermarktet, für das Revierderby merkt man das ab etwa | |
2000/2001. Das drückt sich in den steigenden Preisen aus. | |
Also sozialer Wandel? | |
Es gibt Fans in beiden Lagern, die nicht hassen, sondern die Spaß daran | |
haben, dass es einen Gegenpol gibt, eine sportlich ähnlich starke | |
Mannschaft, gegen die man regelmäßig spielt und manchmal gewinnt. Aber | |
natürlich sind das eher Fans, die sich ein Ticket für 150 Euro leisten | |
können und mit dem Mercedes zum Stadion fahren. | |
Wie weit geht die Konkurrenz zurück? | |
Bis in die fünfziger Jahre. Da wurde Schalke noch mal Deutscher Meister, | |
Dortmund aber auch zweimal. Bis dahin waren Schalker Fans es gewohnt, die | |
führende Kraft im westfälischen Fußball zu sein. Dann aber kam der BVB, es | |
begann eine sportliche Konkurrenz auf sehr hohem Niveau. | |
In den fünfziger Jahren war aber auch Rot-Weiß Essen eine Macht im Revier. | |
Warum hat sich die spezielle Konkurrenz von BVB und S04 entwickelt? Und | |
nicht eine gegen RWE? | |
Im Ruhrgebiet selbst haben Spiele zwischen Revierteams – wenn sie in der | |
gleichen Liga spielen oder im Pokal – immer eine gewisse Brisanz. Das gilt | |
etwa für den VfL Bochum und den MSV Duisburg. Die Bedeutung von Rot-Weiß | |
Essen nahm ab, bei Schalke und Dortmund aber bekam die Konkurrenz immer | |
neues Futter. | |
Es gibt immer wieder Spieler- und Traineräußerungen, wie wichtig das Derby | |
sei. Ist das ernst gemeint? | |
Die Spieler kriegen das mit. Wenn bei Schalke etwa zu einem öffentlichen | |
Training bis zu 5.000 Fans kommen, wird den Spielern schon vermittelt, | |
welchen Gegner man unbedingt schlagen muss. Auch im Derby selbst, in | |
Spielsituationen, da herrscht eine besondere Atmosphäre im Stadion, auf die | |
die Spieler reagieren. Aber natürlich sind manche öffentliche Äußerungen | |
auch einer professionellen Medienarbeit geschuldet. | |
Zu Ihnen persönlich: Sie haben lange zum Revierderby geforscht, sind Sie | |
schwarz-gelb oder königsblau? | |
Weder noch. Ich unterstütze den MSV Duisburg, auch wenn es nicht immer | |
leicht ist. Aber ich als Mensch aus dem Ruhrgebiet freue mich auch über | |
Erfolge von Dortmund und von Schalke. Die repräsentieren ja beide die | |
Region. | |
29 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
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