# taz.de -- Oslo plant unterirdische CO2-Speicherung: Neuer Anlauf in Norwegen | |
> In Europa setzt niemand mehr auf die Speicherung von Kohlendioxid unter | |
> der Erde. Ausgerechnet Norwegen hat nun neue Versuche angekündigt. | |
Bild: Hier könnte die CO2-Abscheidung Sinn ergeben: bei der Produktion von Zem… | |
Stockholm taz | CCS ist tot. Oder? Laut der EU-Umweltbehörde EEA ist | |
jedenfalls in Europa keines der Projekte zur Abscheidung und Speicherung | |
von CO2 (Carbon Capture and Storage), die bis spätestens 2015 in Betrieb | |
sein sollten, bislang verwirklicht worden. Zu teuer, zu gefährlich, | |
unerprobt. Auch Norwegen hatte seine Pläne vor drei Jahren endgültig ad | |
acta gelegt, obwohl die Regierung einst von „unserer Mondlandung“ | |
schwadroniert hatte. Oslo hatte dabei von einer Zukunft als Lieferant von | |
Strom aus einer Kette von Gaskraftwerken geträumt, deren Klimagase in leer | |
gepumpte Öllagerstätten unter dem Nordseegrund verpresst werden sollten. | |
Doch jetzt hat die konservativ-rechtspopulistische Regierung neue Versuche | |
mit der CCS-Technik angekündigt. Diesmal geht es nicht mehr darum, | |
Fossilkraftwerken über das Versprechen einer angeblich „dauerhaften | |
Unschädlichmachung“ von CO2 einen grünen Anstrich zu verpassen. Stattdessen | |
sollen bei drei bestehenden Industrieanlagen die dort entstehenden und | |
bislang in die Atmosphäre freigesetzten CO2-Emissionen abgeschieden und | |
unterirdisch gespeichert werden. | |
Konkret will man die Technik an einer Zementfabrik und einer Anlage zur | |
Produktion von Ammoniak sowie am Kraftwärmewerk der größten norwegischen | |
Müllverbrennungsanlage in Klemserud testen. Hier wird der Restmüll der | |
Region Oslo verbrannt. Das abgeschiedene Kohlendioxid soll dann per Schiff | |
zu einer Nordseelagerstätte etwa 50 Kilometer von der Westküste entfernt | |
transportiert werden. | |
Eine solche Anlage soll bis 2020, spätestens 2022, entstehen. Für | |
Machbarkeitsstudien hat Oslo umgerechnet 40 Millionen Euro an staatlichen | |
Geldern reserviert. Vor allem soll damit die kosteneffektivste technische | |
Lösung gefunden werden. Für eine einzelne Anlage kalkuliert man die | |
Baukosten auf zwischen 1 und 1,4 Milliarden Euro. Würden alle drei Projekte | |
verwirklicht, könnten jährlich bis zu 1,5 Millionen Tonnen CO2 eingelagert | |
werden. | |
Die rot-rot-grüne Osloer Stadtregierung begrüßt das Projekt. Die Hauptstadt | |
will bis 2030 „klimaneutral“ sein. Auch die Umweltschutzorganisation | |
„Bellona“, Befürworterin der CCS-Technologie, unterstützt den neuen Anlauf | |
Oslos als „historischen Meilenstein“. Jonas Helseth, Direktor des | |
„Bellona“-Büros in Brüssel, hofft, „dass damit der Teufelskreis, der | |
Fortschritte bei der Kommerzialisierung der CCS-Technologie in der EU | |
bisher verhindert hat, durchbrochen werden kann“. | |
Diese Einschätzung teilt Filip Johnsson, Professor für Energiesysteme an | |
der schwedischen Chalmers-TU Göteborg: „Wird hier demonstriert, dass die | |
Technik in der industriellen Praxis funktioniert, könnte das ein Vorbild | |
für weitere Anwendungsbereiche werden.“ | |
Greenpeace Norwegen hatte CCS bislang abgelehnt. Die Anwendung bei der | |
Zementherstellung scheint jedoch diskutabel. „Für ein Land, das die | |
CCS-Technik entwickeln will, könnte dieses Konzept jedenfalls | |
vielversprechender sein als die bisherigen Ansätze mit ihrem Ausgangspunkt | |
auf fossiler Energieproduktion“, sagt Greenpeace-Chef Truls Gulowsen. Er | |
betont aber auch: „Das ändert nichts an den großen Bedenken, die wir | |
bezüglich CO2-Transport und langfristiger -Lagerung haben.“ | |
17 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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