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# taz.de -- Onlinepetition in Bayern: Die Mücke im Raum
> Was wollen sie? Die bayerische Provinz wird von einer Mückenplage
> überzogen. Jetzt wehren sich die Bürger*innen – mit einer Petition.
Bild: Mücken können schon zur Plage werden wie hier in Regensburg, Bayern. In…
„Falls du glaubst, dass du zu klein bist, um etwas zu bewirken, dann
versuche mal zu schlafen, wenn eine Mücke im Raum ist“, soll der Dalai Lama
einmal gesagt haben. Das klingt wie eine Ermutigung zum beherzten
Aktivismus. Aber es kann gut sein, dass der Dalai Lama ausnahmsweise keinen
motivierenden Sinnspruch, sondern einfach nur Dampf ablassen wollte. Der
Dalai Lama hasst Mücken.
Bürger aus dem bayerischen Rennertshofen an der Donau kombinieren
Mückenhass und Aktivismus und sammeln seit Juli Unterschriften gegen die
Schnaken, wie sie in der Region genannt werden. Nun sind schriftliche
Beschwerden für gewöhnlich nicht das Mittel der Wahl gegen Stechviecher.
Aber die Kampagne ist durchaus ernst gemeint.
Die Mückenplage in der Region hat biblische Ausmaße. Im Jahr 2016 war es –
gefühlt – so schlimm wie nie. Viele Eltern ließen ihre Kinder nicht mehr in
den Garten. Andere ließen ihre Kinder frei laufen und filmten sie dabei.
„Man konnte sehen, wie die Kinder von dunklen Wolken verfolgt werden:
Mückenschwärme“, sagt der Rennertshofener Bürgermeister Georg Hirschbeck,
der die Videos in seinem Postfach wiederfand.
Wenn die Donauanrainer eines nicht haben, dann sind es Zweifel an ihrer
Fähigkeit, etwas zu bewirken: Demo vor dem Rathaus, [1][Schnakenlied auf
Youtube], Petition an Horst Seehofer – you name it. Die Mücken sollen weg.
## 3.000 Unterstützer gefunden
Die Aktivisten fordern, dass die Gemeinde das Insektizid BTI einsetzt, um
Mückenlarven zu töten.
Zur Brutzeit könnte das Mittel mit Sprühgeräten oder Helikoptern
großflächig über Tümpeln und Pfützen verteilt werden. Der Eiweißstoff wird
aus Bakterien gewonnen und ist angeblich unschädlich für alles, was nicht
Mückenlarve ist. Die Petition richtet sich an den bayrischen
Ministerpräsidenten, ist aber hauptsächlich ein weiteres Druckmittel für
den Stadtrat. Etwa 3.000 Unterstützer haben schon unterschrieben, ein
Drittel davon [2][auf dem Online-Portal Openpetition.de], das die
Weitergabe an Horst Seehofer verspricht, sobald 36.000 Menschen erreicht
sind.
Für Michael Simon, den Initiator der Petition, ist dieses Ziel aber
zweitrangig. Wichtiger ist die erhöhte Aufmerksamkeit. „Wir wollen auch
Menschen in Nachbargemeinden erreichen, ihnen sagen: Man kann etwas tun
gegen die Mücken“, sagt Simon. Je mehr Gemeinden sich den Rennertshofenern
anschließen, desto besser sind die Chancen in der Politik – und im Feld.
Mücken respektieren keine Gemeindegrenzen.
## Die Lizenz zum Mückentöten
Naturschützer bezweifeln, dass die BTI-Methode harmlos ist. Es könne nicht
ausgeschlossen werden, dass der Stoff nicht auch schädlich für andere
Insekten sei, schreibt etwa der BUND Naturschutz auf seiner Webseite. Auch
der Einfluss der Mückenbeseitigung auf die Ökosysteme ist umstritten. Es
gibt Vogelarten, die auf Mücken angewiesen sind – ob es in und um
Rennertshofen Vogelarten gibt, die von den Maßnahmen gefährdet sein
könnten, muss geprüft werden. Wie bei jedem Eingriff des Menschen in die
Natur sind die Folgen schwer zu berechnen. Hinzu kommt, dass der Donauraum
von der EU geschützt wird. Der Bund Naturschutz drängt auf ein Treffen mit
dem Bürgermeister. Doch die Lizenz zum Mückentöten ist in einigen Orten am
Rhein und an der Donau bereits erteilt. Undenkbar ist der BTI-Einsatz also
nicht.
Die Idee der Massenausrottung findet weltweit Anhänger – sogar vereinzelte
Ökologen äußern, dass sie die Bekämpfung von Mücken für grundsätzlich
unbedenklich halten. So schreibt etwa der englische Süßwasserforscher
Michael Jeffries in Geo: „Es gibt, soweit ich sehe, keinen guten Grund,
Moskitos gegen Ausrottungspläne zu verteidigen.“
Zur religiösen Autorität des Dalai Lama gesellt sich also noch eine
wissenschaftliche. Es fehlt allein die Politik. Doch die ist jetzt,
zumindest in Rennertshofen, auf den Plan gerufen. Stadtrat, Landratsamt und
Naturschutzbehörde prüfen den Fall. Bürgermeister Hirschbeck ist in Kontakt
mit Vorbildgemeinden und Nachbarlandkreisen. Auslöser, das bestätigt der
Bürgermeister, war Michael Simons Petition. Was wiederum beweist: Ein
einzelner Störer kann schon lästig sein. Aber wirklich Druck macht: der
Schwarm.
1 Oct 2016
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=MVHciLf1Ako
[2] https://www.openpetition.de/petition/online/massnahmen-gegen-die-stechmueck…
## AUTOREN
Marie Kilg
## TAGS
Bayern
Petition
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Zika-Virus
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