# taz.de -- Flüchtling wirft Polizei Misshandlung vor: „Ich schrie vor Schme… | |
> Der Sprecher der „Lampedusa“-Geflüchtetengruppe sieht sich als Opfer von | |
> Polizeigewalt. Die Behörde prüft nun die Vorwürfe. | |
Bild: Beschuldigt die Polizei: Abimbola Odugbesan | |
HAMBURG taz | Am Handgelenk trägt Abimbola Odugbesan einen Verband. Er hat | |
Schmerzen und immer wieder kommt die Erinnerung hoch. Er sei Opfer von | |
Polizeigewalt geworden, sagt er. Im Polizeikommissariat 11 in St. Georg | |
habe eine Beamtin ihm Handschellen so eng umgelegt, dass sie ihn ins | |
Fleisch geschnitten hätten. „Ich dachte, sie hätte mir mit den Handschellen | |
das Handgelenk gebrochen“, sagt der 29-Jährige. Die Polizei hat interne | |
Ermittlungen eingeleitet. | |
Odugbesan, ein Sprecher der Lampedusa-Gruppe, schildert die Geschehnisse | |
so: Am Nachmittag des 29. August habe er einen lautstarken Streit zwischen | |
zwei Männern am Info-Zelt der Gruppe nahe des Hauptbahnhofs schlichten | |
wollen. „Die wurden verbal immer aggressiver“, sagt Odugbesan. | |
Die Sirenen von Polizeifahrzeugen habe er schon von Weitem gehört. Vier | |
Wagen mit acht Beamten waren wegen eines Zeugenhinweises angerückt. Es | |
bestand der Verdacht eines Diebstahldelikts, heißt es in der Antwort des | |
Senates auf eine Kleine Anfrage der Linken in der Bürgerschaft. | |
Vor Ort hätten die Beamten Odugbesan angesprochen, um zu erfahren, was | |
passiert war. Da habe er geantwortet, dass „alles okay“ sei – und wollte | |
weiter gehen. Die Beamten hätten ihn jedoch daran gehindert und vor die | |
Wahl gestellt: Er solle entweder eine Aussage machen oder er würde | |
verhaftet werden, erinnert sich Odugbesan. | |
„Ich versuchte noch meinen Anwalt anzurufen, aber man nahm mir mein Handy | |
weg.“ Zudem hätten ihm die Polizisten Handschellen auf dem Rücken angelegt, | |
obwohl er sich friedlich verhalten habe. In der Antwort des Senats erklärt | |
die Polizei, dass die „Art der Tatbeteiligung“ Odugbesans für sie unklar | |
gewesen sei und „die Person“ sich geweigert habe, ihre Personalien | |
feststellen zu lassen. | |
## Von der Polizei direkt zum Arzt | |
Die Beamten brachten Odugbesan auf die Dienststelle am Steindamm. Dort | |
hätten die Polizisten seinen Aufenthaltsstatus geprüft und seine Tasche | |
durchsucht, sagt der Geflüchtete. Er sei so angespannt gewesen, dass er | |
befürchtet habe, einen Asthmaanfall zu bekommen. Daher habe er die Beamten | |
gebeten, ihn nach Hause zu bringen, wo sein Spray lag. Stattdessen habe er | |
rund 30 Minuten auf die Feststellung seiner Personalien warten müssen – mit | |
Handschellen. Die seien ihm trotz seiner Bitten nicht abgenommen worden. | |
„Sie zog sie aber immer fester an“, sagt Odugbesan über eine Polizistin. | |
„Ich schrie vor Schmerzen, ich dachte mein Handgelenk sei gebrochen.“ Er | |
habe geglaubt, dass das ein Versehen gewesen sei und auf eine | |
Entschuldigung gewartet. Aber die kam nicht. „Ab dem Zeitpunkt war ich mir | |
sicher, dass es Absicht war“, sagt er. | |
Von der Polizei aus ging er sogleich zum Arzt und ließ sein Handgelenk | |
röntgen. Gebrochen war nichts, aber die Haut stark beschädigt. In der | |
Antwort des Senats steht zu den Vorwürfen, dass eine „Befragung der | |
beteiligten Polizeivollzugsbeamten“ im Zeitrahmen einer Kleinen Anfrage | |
„nicht möglich war“. Das Dezernat Interne Ermittlungen (DIE) prüfe nun | |
aber, ob sich Beamte strafbar gemacht hätten. | |
Odugbesan erwägt trotzdem, Anzeige zu erstatten. „Auch für jene von uns, | |
die sich nicht trauen können“, sagt der Geflüchtete. | |
23 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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