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# taz.de -- Fünf Jahre Lampedusa in Hamburg: „Meine Zukunft ist ein schwarze…
> Fünf Jahre nach der Gründung der Gruppe, ist ihre Zukunft immer noch
> ungewiss. Krismani, ein 18-Jähriger aus Ghana erzählt.
Bild: Will nicht erkannt werden: Der Hamburger Lampedusa-Flüchtling Krismani
Ich verstehe das nicht. Warum kann ich nicht selbst über mein Leben
bestimmen? Ich bin erst 18 und wenn ich an meine Zukunft denke, ist da nur
ein schwarzes Loch. Ich habe nichts, keine Familie, keine Freunde, keinen
Job.
Schon immer haben andere für mich entschieden. Ich bin in einem Waisenhaus
in Ghana aufgewachsen, meine Eltern starben, als ich klein war. Ich wurde
von einer Familie aufgenommen, die mich allerdings nicht gut behandelt hat.
Dort fühlte ich mich allein, und so habe ich schnell Hoffnung geschöpft,
als ein Bekannter versprach, mir einen Job in Libyen zu verschaffen. Ich
könnte dort ein selbstständiges Leben führen und gutes Geld verdienen, hieß
es.
Ich habe ihm geglaubt und so bin ich 2016 abgehauen, da war ich 15 Jahre
alt. Doch als ich in Libyen ankam, konnte ich den Mann, der mir eigentlich
helfen wollte, nicht mehr erreichen. Ich vermute, dass er von Milizen
getötet wurde. Und so war ich wieder allein in einem fremden Land, bin
durch die Straßen geirrt.
Doch schon bald haben mich ein paar arabische Männer angesprochen und mich
zu der Reise nach Italien überredet. Vielleicht ist „überredet“ nicht das
richtige Wort, denn was sie erzählten, klang wirklich gut: Sie sagten, ich
hätte in Italien ein sicheres Leben, es gäbe dort Menschen, die sich um
Leute wie mich kümmern. Die Überfahrt mit dem Boot hat drei Tage gedauert.
Ich denke nicht gern daran zurück. In Italien angekommen, wurde ich nach
Mailand gebracht, wo ich anderthalb Jahre in einem Flüchtlingsheim gelebt
und eine Schule besucht habe.
Ich bin ein ruhiger Typ, ich habe immer genau das getan, was von mir
verlangt wurde. Doch Ende 2017 warf man mich aus der Unterkunft, ohne mir
zu erklären, warum. Die wollten mich einfach loswerden. Ich habe dann ein
paar Monate auf der Straße gelebt, bis ich mir von zusammengespartem Geld
ein Zugticket nach Deutschland gekauft habe. Ich wusste einfach nicht, wo
ich sonst noch hin sollte. Und andere Flüchtlinge haben immer so positiv
von Deutschland gesprochen. Nach Hamburg bin ich gefahren, weil ich von der
Lampedusa-Gruppe wusste.
Am Steindamm sind viele Leute unterwegs, die Twi sprechen, meine
Muttersprache. Hier bekomme ich Infos, hier finde ich einen Schlafplatz für
die Nacht. Doch was ist das für ein Leben? Ich bin noch immer auf der
Straße, weiß nicht, wie es weitergehen soll. Aber ich habe zu große Angst
davor, mich zu melden. Ich will nicht zurück nach Italien. Da ging es mir
noch schlechter als hier. Jetzt bin ich voller Wut, auf die italienischen
Behörden und auf das Asylsystem in Europa. Das alles ergibt keinen Sinn für
mich.
29 Jun 2018
## AUTOREN
Annika Lasarzik
## TAGS
Lampedusa in Hamburg
Hamburg
Unterbringung von Geflüchteten
SPD Hamburg
Flüchtlinge
Kirchenasyl
G20-Gipfel
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
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