# taz.de -- Parlamentswahl in Berlin: Worauf hofft der Nachbar? | |
> Brandenburg kann nicht ohne Berlin. Deshalb schaut man dort besonders | |
> gespannt auf die Abgeordnetenhauswahl. | |
Bild: Ein Zeichen für Berlin und Brandenburg: Brandenburger Tor in Berlin | |
POTSDAM/BERLIN (taz) | Ganz nah dran und doch nicht dabei: In Brandenburg | |
schaut man mit gemischte Gefühlen auf die Abgeordnetenhauswahl in Berlin am | |
kommenden Sonntag. Entsprechend ihrer jeweiligen Rolle haben die Parteien | |
so ihre eigenen Wünsche, was den Wahlausgang und den daraus hervorgehenden | |
Senat angeht. Eins ist dabei klar: Brandenburg wird mit jedem neuen Senat | |
in Berlin zusammen arbeiten müssen. | |
Dabei ging es bisher alles andere als konfliktfrei ab. So blockierte der | |
Berliner Senat das von Brandenburg nach einem erfolgreichen Volksbegehren | |
geforderte Nachtflugverbot für den BER. Umgekehrt setzt das Flächenland | |
weiter auf den Braunkohletagebau in der Lausitz, was das Trinkwasser in | |
Berlin belastet. Es gäbe also genug zu meckern. | |
Aus der Potsdamer Staatskanzlei kommen kurz vor der Wahl auf Nachfrage | |
dennoch staatstragende Töne: „Für den Erfolg dieser Zusammenarbeit kommt es | |
nicht darauf an, wie sich Koalitionen zusammensetzen, sondern darauf was | |
für beide Länder das Beste ist“, sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke | |
(SPD). Dem wahlkämpfenden SPD-Genossen Michael Müller will man ungern in | |
die Parade fahren. | |
Man arbeite eng und vertrauensvoll zusammen – unabhängig davon, wie sich | |
Koalitionen zusammensetzen. Dazu passt auch, dass Brandenburg erst vor | |
wenigen Tagen dem Umzug von 1.000 Flüchtlingen in eine leerstehende | |
Gemeinschaftsunterkunft in Wünsdorf zustimmte, die bisher in Berlin in | |
Turnhallen leben müssen. Monatelang hatte man über Details verhandelt. Zwei | |
Wochen vor der Wahl ging es dann doch. | |
In der Landtagsfraktion ist man verbal etwas forscher. Die Zusammenarbeit | |
habe sich bewährt, „auch wenn nicht immer eine gemeinsame Lösung gefunden | |
wird, so wie bei der Beschränkung von Nachtflügen in Schönefeld“, so der | |
Fraktionsvorsitzende Mike Bischoff. Koalitionsbildung wolle man nicht | |
kommentieren. Aber: Die SPD habe in den letzten Jahren dazu beigetragen, | |
dass Berlin gut dastehe. Künftig könne Verständnis auf Seiten der Berliner | |
Landespolitik für die Interessen und Bedürfnisse Brandenburgs als großes | |
Flächenland mit Metropole in der Mitte nur hilfreich sein. | |
Die in Brandenburg oppositionellen Grünen blicken kritischer auf die Bilanz | |
der Zusammenarbeit des rot-roten Brandenburg mit dem rot-schwarzen Berliner | |
Senat: Es laufe viel zu oft sehr schlecht. „Noch immer fehlen in vielen | |
Umlandgemeinden gute Anbindungen an den öffentlichen Nahverkehr“, so | |
Brandenburgs Grünen-Vorsitzende Petra Budke. Es gebe neue mit | |
EU-Fördermitteln gebaute Straßen, die einfach an der Stadtgrenze im | |
Wendehammer enden, wie der schon mal als „teuerste Sackgasse der Welt“ | |
bezeichnete Brunsbütteler Damm in Spandau. | |
Während Berlin keine neuen Tagebaue in der Lausitz verlange, stehe | |
Brandenburg für ein strengeres Nachtflugverbot am BER. „Statt sich im | |
Interesse der Menschen auf eben diese Dinge im Tausch zu einigen, darf | |
Brandenburg weiter die Lausitz umpflügen, damit die Flieger den Menschen um | |
den BER weiter den Schlaf rauben dürfen“, sagt Budke. | |
Bei den Brandenburger Grünen hofft man auf einen rot-grünen Senat. Sollte | |
das Wahlergebnis dies nicht hergeben, soll die Linkspartei mit ins Boot. In | |
diesen Konstellationen sei auch eine bessere Zusammenarbeit der Länder | |
denkbar. „Mit der Berliner CDU sehen wir wenig Schnittmengen, wir stehen | |
für eine weltoffene und tolerante Gesellschaft“, so Budke. | |
Bei der Linken rennen die Grünen damit offene Türen ein. Die in Brandenburg | |
mitregierende Partei setzt auf Rot-Grün-Rot in Berlin. Die Integration von | |
Flüchtlingen, sozialer Wohnungsbau und ein besserer öffentlicher Nahverkehr | |
gehören zu den Ansatzpunkten einer gemeinsamen politischen Agenda, erklärt | |
Fraktionssprecherin Alexa Lamberz. Konkrete Vorhaben sollen im gemeinsamen | |
Landesentwicklungsplan im Jahr 2019 verabschiedet werden. | |
Heikel ist die Berliner Wahl für die ohnehin schwächelnde Brandenburger | |
CDU. Eine Pleite im Nachbarland würde die Stimmung nicht gerade aufhellen. | |
Über Probleme, Erwartungen oder Chancen hält man sich offenbar lieber | |
bedeckt. Eine Anfrage der taz dazu blieb unbeantwortet. | |
16 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Marco Zschieck | |
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