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# taz.de -- Fehlende NSU-Tatortspuren: „Schon etwas ungewöhnlich“
> An keinem Tatort fanden sich Spuren des Trios um Beate Zschäpe. Für das
> BKA bleibt das ein Rätsel – erklärbar nur durch die Vorsicht der
> Terroristen.
Bild: NSU-Tatort in Heilbronn: Polizisten erschossen, Waffen und Handschellen g…
BERLIN taz | Clemens Binninger sorgte gerade für Wirbel. Das NSU-Trio müsse
[1][Mittäter gehabt haben], ist sich der Vorsitzende des
NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag sicher. An keinem der 27 Tatorte
hätten sich DNA-Spuren von Beate Zschäpe, Uwe Mundlos oder Uwe Böhnhardt
gefunden – nicht bei den zehn Morden, nicht bei den zwei
Sprengstoffanschlägen, nicht bei den 15 Raubüberfällen. Es müsse Helfer vor
Ort gegeben haben, Ausspäher oder direkte Mittäter. Davon, so Binninger,
sei er „zutiefst überzeugt“.
Nicht zum ersten Mal äußerte der CDU-Mann diesen Verdacht, er hegt ihn
schon länger. Nur: Von den rund 100 bekannten Unterstützern des NSU haben
die Ermittler bis heute nur von 19 die DNA. Vom Großteil erfolgte also kein
Abgleich mit den Tatortspuren – auch weil dies ohne konkreten Verdacht
nicht erzwungen werden kann.
Am Donnerstag war es nun Carsten Proff, ein DNA-Experte beim
Bundeskriminalamt (BKA), der im Bundestags-Ausschuss über bisherige
Ermittlungen sprach. „Viele tausend Spuren DNA“ seien in den
NSU-Ermittlungen untersucht worden, „und das sehr intensiv“. Dass sich an
keinem einzigen Tatort Spuren des Trios fanden, sei aber „schon etwas
ungewöhnlich“, gestand Proff. „Gerade in dieser Summe.“
## „Sehr planerisch unterwegs“
Der BKA-Experte erinnerte aber auch, dass die NSU-Terroristen bei ihren
Taten „offensichtlich sehr planerisch unterwegs waren“. Tatsächlich fanden
sich in der letzten Wohnung des Trios in Zwickau Skizzen und Notizen zu den
Tatorte, auf denen etwa Fluchtwege eingezeichnet waren. Womöglich hätten
sich die NSU-Täter auch für die Tatausführung gut gewappnet, sich etwa
Handschuhe und Sturmhauben übergezogen, mutmaßte Proff. Dies reiche
vielfach schon, um DNA-Spuren zu vermeiden.
Binninger hielt dem BKA-Mann den Mord Heilbronn dagegen. Dort wurde auf
zwei Polizisten geschossen, die Beamtin Michèle Kiesewetter starb. Die
Täter entrissen den Polizisten noch ihre Dienstwaffen und Handschellen,
zerrten an deren Kleidung. Aber selbst hier: keine Spuren von Mundlos und
Böhnhardt. BKA-Experte Proff hielt es auch in diesem Fall für möglich, dass
sich die Täter mit ihre Bekleidung so geschützt haben könnten, dass sie
keine DNA hinterließen. Solche Tatkleidung, entgegnete Binninger, habe
allerdings kein einziger Zeuge gesehen.
Schon länger vermuten Opfer-Anwälte, Politiker und Experten, dass das
NSU-Trio mehr Helfer gehabt muss als bisher bekannt. Die Bundesanwaltschaft
hat bisher vier zentrale NSU-Unterstützer ausgemacht und neben Beate
Zschäpe im Münchner NSU-Prozess angeklagt: Die Männer sollen dem Trio
Waffen besorgt, Pässe überlassen oder Autos angemietet haben. Gegen neun
weitere mutmaßliche Helfer ermittelt die Bundesanwaltschaft noch. Zudem
läuft ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannt, in dem die Behörde nach
eigener Auskunft auch nach weiteren Unterstützern sucht.
## DNA nur von Hälfte der Beschuldigten
Das Problem nur: Selbst von den 14 bisher Beschuldigten liegen den
Ermittlern laut Binninger nur von sieben DNA-Spuren vor. Ein
aussagekräftiger Abgleich mit den NSU-Tatorten sei so überhaupt nicht
möglich, klagt nicht nur der CDU-Mann. Auch Yavuz Narin, Anwalt von
NSU-Opfern aus München, hält das für fragwürdig. „Die Opfer wurden damals
komplett unter Verdacht gestellt und von allen Angehörigen DNA-Proben
genommen“, kritisiert Narin. „Und bei den Neonazis kann man plötzlich
nichts mehr machen?“
8 Sep 2016
## LINKS
[1] /Drei-Taeter-These-zum-NSU/!5333397
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Schwerpunkt Rechter Terror
DNA-Test
BKA
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Clemens Binninger
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